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26 East

Der trockene, große Wurf: 26°EAST in Wien

Im 26°EAST treffen sich Botswana und Wien in einem Bar-Konzept, das sich den 26. Längengrad entlang hantelt: Die Cocktails huldigen den Ländern, die an diesem zu finden sind. Aber auch darüber hinaus hat die wieder geöffnete Trinkstätte des Hotel Hansen-Kempinski spektakulär aufgerüstet: David Penker schöpft jetzt aus dem Vollen.
In einem Punkt blieb man in der Hotelbar am Schottenring konsequent: Der neue Name „26°EAST“ ist ebenso erklärungsbedürftig wie einst die „Henri Lou“. Mit ihr war das Palais-Hotel vor fünf Jahren zur Eröffnung gestartet, eine Reduktion auf das Wochenende und dann das Aus für externe Gäste hatten den stimmungsvollen Platz zum Private Dining-Raum werden lassen. Mit einem Kraftakt und eine einem seriösen Einkaufsbudget – man beachte etwa die The Dalmore-Sammlung, aber auch das Cognac-Angebot! – startet nun die neue Bar-Ära.

Der Hotelgast reist mit den Cocktails gleich weiter

David Penker ist der Mann, den man als Bar-Chef geholt hat, und seine Detailverliebtheit beginnt schon bei der Bar-Karte aus grauem Rindsleder, in denen edles Papier die Reiseroute skizziert: Die Ukraine, aber auch die Türkei (hier wird der „Turkish Honey“ nachgebaut) und Botswana liegen am 26. Grad östlicher Länge und diese Inspirationen flossen in die Signature Cocktails ein. Der nach Wien gereiste Hausgast darf dann gleich wieder eine Reise antreten, allerdings im weißen Lederfauteuil oder an der Bar sitzend.
Die Bar-Snacks folgen ebenfalls der Reiseroute: Es werden gefüllte Delikatessen aus aller Welt wie russische Wareniki, indische Samosas oder chinesische Dim Sums serviert. Holländer werden jubeln, auch die „Bitterbollen“ gibt es nun in Wien. Eine Seafood-Bar mit Hummer, Austern und Kaviar sorgt für die passende Begleitung zum Champagner. Der stellt – mit glasweisem Ausschank aus der Magnum – einen weiteren Schwerpunkt der mondänen Bar dar.

Die trockene Geworfenheit des Weins

Der 28-jährige, staatlich geprüfte Diplombarkeeper, für den man eigens eine der beiden Mixstationen für Linkshänder ausgelegt hat, kombiniert dann z. B. Chening Blanc und Roiboos für „Capetown’s Drunken Gardener“ – mit 18 Euro der teuerste Cocktail der neuen Karte. Rauke, Spinat und Ouzo wiederum kommen für den Griechenland-Drink „Chorta Mug“ (14 Euro) ins Glas. Von den sechs Längengrad-Drinks ist er einer der beiden mit klaren Spirituosen, bis hin zum Cocktail gewordenen „Borschtsch“ wird viel mit Whisky, Cognac und Tequila gemixt.
„Das Vorurteil, dass Hotel-Bars teuer sind, wollen wir widerlegen“, ist eines der Ziele. Bewusst startet man in der Karte bei zehn Euro für die günstigsten Cocktails: der Churchill ist als Manhattan-Twist dabei ein seriöser Short Drink, wie sie Penker liebt. Es wird viel Whisky und Rum getrunken, so viel ergaben die Feldforschungen am internationalen Gast in den ersten Wochen seit der Eröffnung. Und dem Single Malt-Fan Penker ist dieser vom Gast akzeptierte Bildungsauftrag nur recht!
Sechs weitere Drinks widmen sich der Cocktailhistorie und vermitteln den Gästen das „Dry Throwing“. Hier wird aber nicht mit dem Shaker, sondern wie zu Zeiten Jerry Thomas mit großen Zinnbechern „geworfen“, was nicht nur den Schauwert erhöht, sondern auch einige Übung erfordert. Wenn es passt, wird aus dem „Transatlantic Blazer“, in dem Tequila und Single Malt eine spannende Symbiose eingehen, auch der „Blue Blazer“. Da wird es dann – bis auf das Klicken der Handy-Kameras – recht still am Schottenring, denn Penker wirft gut und gerne.

N’Dole, der Leib- und Magencocktail

Bei allen mondänen Anflügen, die Penker seit seinen Tagen im „Aurelio“ (Lech) und bei Ausnahmegastronom Andreas Döllerer (Golling) vertraut sind, kommt immer auch ein Fokus auf Österreichs Spirituosenwelt durch. Der Mann aus dem steirischen Irdning kombiniert dann etwa Rye aus dem Waldviertel zum „Manhattan is not a district“ (13 Euro), der ebenfalls zu den ohne Eis geworfenen Drinks gehört. Das Mundgefühl ist in dieser auch bei Zimmertemperatur servierten Version für Kenner beachtlich und verleiht dem nicht gerade schwachen Drink eine seidige Textur.
Und natürlich darf der Rindermagen nicht fehlen. Die Experimente damit – eine archaische Metzgerei-Version des Barrel Ageings – erwiesen sich einst zwar als Beziehungskiller, gehören seither aber zum Anekdotenschatz um den Steirer.  „Sie zieht über Nacht unglaublich viel Aroma aus dieser „Hülle““, so Penker.

Spezielle „Reifung“ der Cocktails als Bocuse-Hommage

Der „N’dole“ zitiert dabei ein afrikanisches Gericht, doch die Inspiration für die ungewöhnliche Lagerung/Aromatisierung geht auf die Zeit Penkers im „Hangar 7“, dem Salzburger Welt-Restaurant von Red Bull, zurück. „Gibt’s etwas anderes auch?“, fragte der junge Mitarbeiter damals den großen Eckart Witzigmann, genervt von all den Barrel Aged-Versionen. Und die Kochlegende zitierte einen noch viel größeren, nämlich Paul Bocuse und seine Zubereitungsart „en vessie“. Garen im Rindermagen kam beim seligen Chef Paul nämlich ebenso zum Einsatz wie die Schweinsblase der berühmten „Poularde en vessie“.
Für Abwechslung soll durch das saisonale Tauschen der Cocktails entlang des 26. östlichen Längengrads gesorgt sein. Immerhin 20 Länder stehen hier als weitere „Reiseinspirationen“ für Penker und sein vierköpfiges Team zur Verfügung.
 

Credits

Foto: Credit: Palais Hansen Kempinski

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