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Techtelmechtel mit Ada in Mitte

Eine Bar als wilde Affäre, so jedenfalls stellt sich der Betreiber Michael Hanke die Realisierung seines Konzeptes vor. Da die meisten Affären immer wieder frische Impulse und Neugierde erregende Wendungen brauchen, wird sich auch die Ada Bar immer wieder verwandeln. Ein Vorbericht.

Adieu Croco Bleu, hi Ada. Hanke, Hanky Panky. Genug gekalauert. Michael Hanke, 29 Jahre alt, eröffnet am 21. Januar seine Ada Bar. Namenspatronin ist – eingefleischte Barflys ahnen es – Ada Coleman, die berühmte Bartenderin aus dem Londoner Savoy Hotel. Sie schuf vor über 100 Jahren den Cocktail Hanky Panky, eine würzige Mischung aus Gin, rotem Wermut und Fernet Branca – ein Aperitif mit einem „Punch“.

Ada Coleman hatte einen berühmten Nachfolger: Harry Craddock, dem die Mischerwelt das legendäre The Savoy Cocktail Book zu verdanken hat. Michael Hanke beerbt sich hingegen quasi selbst, indem er den ambitionierten Stil, den er als Barchef bereits im Le Croco Bleu gepflegt hat, weiter auflädt und versucht, den Wandel und die Dynamik Berlins in seiner Bar zu visualisieren und sensorisch erlebbar zu machen.

Straße im Umbruch

Hanky Panky – was man am besten mit „Techtelmechtel“ oder „Affäre“ übersetzen kann – ist auch die Vision von Hanke: „Nach dem Croco Bleu suchte ich neue Ziele. Schnell war klar, dass es eine eigene Bar werden würde. Das Konzept sollte spektakulär sein“, sagt er voller Euphorie. Dann beginnt die schwierige Suche nach noch nicht verloschenen Räumlichkeiten in Berlin-Mitte, Berlins ehemals pulsierendem Zentrum. Die Wahl fällt auf den ersten Blick seltsam aus. Oranienburger Straße, ehemalige Kreativmeile mit dem Kunst- und Kulturhaus Tacheles als Nukleus. Heute: Touristen, Prekariatshuren, Foodketten mit Koberern, sogenannte Cocktails für 3,50 Euro. Dazwischen und Drumherum immer wieder mutig und trotzig in das Einerlei gesetzte Inseln, gustatorische Preziosen. „Die Oranienburger Straße wird sich verändern, erste Anzeichen sind schon zu erkennen. Das Tacheles wird zu einem Einkaufszentrum umgebaut, das zahlungskräftiges Publikum anspricht. Eigentumswohnungen entstehen und Hotels, die Qualität versprechen, sind geplant. Ganz ohne Touristen wird es nicht gehen, aber hoffentlich dann nicht nur Billig-Tourismus“, orakelt Hanke. Zudem liegt die Bar im gleichen Gebäude wie das Arcotel Velvet, einem Boutique-Business-Hotel. Das könnte sich für die Ada Bar ebenfalls als Glücksfall erweisen.

Eine Bar im steten Wandel

Das Konzept der Bar fußt im Wesentlichen auf einer Inkonstante, die gleichzeitig das Alleinstellungsmerkmal ist. „Wir haben alles selbst entworfen, insbesondere den Tresen. In ihm wird kaum Edelstahl verarbeitet, fast alle Elemente bestehen aus Holz. Das Interieur und die Karte werden aber alle fünf bis sieben Monate thematisch neu aufgestellt. Wir starten mit einem Arrangement rund um das Phänomen Tiki und Piraten, wechseln dann zum Sommer hin in die Aromawelt des ‚High Tea‘, anschließend folgt eine Inszenierung über Kirchen und Klöster“, verrät Hanke.

Das Personal ist dabei aufgefordert, seine Ideen mit einzubringen. Die Ada Bar beginnt mit einem Team um Christian Lieberknecht und Nadine Gasde. Sie sorgen dann zusammen mit Gastgeber Hanke für die Gäste in dem 150m2 großen Raum, der im Sommer noch um eine 40 Plätze bietende Terrasse ergänzt wird. „Wir werden fünf Tage die Woche geöffnet haben. Los geht es um 18 Uhr, ab da halten wir bis 23 Uhr eine Vollküche vor und runden das Angebot mit Foodpairing-Kreationen ab. Im Moment entwickeln wir beispielsweise einen Drink, der „Bones“ heißt, in dem mit Knochenmarksirup und Rum gearbeitet wird“, so Hanke. Es existieren bereits auch Ideen, essbare Seifen mit diversen Aromen anzubieten, die die Systematik der Drinks unterstützen sollen.

Selbstverständlich kommen auch die Verfahren Barrel- und Bottle Aging, Cold Dripping und Sous Vide zum Einsatz. Seine Inspirationen bezieht Hanke aus eigenen kulinarischen Erfahrungen. „Ich versuche dann, die für gut befundenen Aromen in Drinks umzusetzen“, verrät er. Nach Küchenschluss wird es qualmiger, da sich die ADA Bar dann zu einer Raucherbar verwandelt. Musikalisch zeigt sich Hanke flexibel. „Es werden auch manchmal Bands spielen, ansonsten ergänzen wir unsere Themen mit Swing und Funk als Hintergrundsounds.“ Um sich des zu erwartenden Pub-Crawls auf der Oranienburger Straße zu erwehren, besteht die einzige Einlasshürde in einer Klingel, ansonsten ist jeder willkommen.

Hanke und seine Affäre

Michael Hanke hat trotz seines vergleichbaren jungen Alters bereits in wichtigen Institutionen der Barkultur gearbeitet und gelernt. Nach der Ausbildung zum Restaurantfachmann zieht es den Franken nach Zürich in die Widder Bar. Dann folgen in Berlin die prägenden Adressen Rum Trader, Amano Bar, Cookies, Victoria Bar und Le Croco Bleu. „Ich freue mich schon auf die Herausforderung mit der Ada Bar, wir werden sicherlich einen langen Atem brauchen, mindestens so lange, wie unser Signature Drink Hanky Panky, den wir immer im Fass gelagert vorrätig haben.“ Hanke, der sich mit Schwimmen und Reisen – gerne auch in Städte ohne Barkultur – fit und neugierig hält, lebt weiter in wilder Affäre mit seinem Beruf. Hanky Panky.

Nachtrag: Praktisch direkt nach ihrer Eröffnung hat die Ada Bar wieder geschlossen, der reguläre Betrieb war erst gar nicht aufgenommen worden. Nach vielen Monaten war eine Neueröffnung an anderer Stelle angekündigt worden, die allerdings ebenfalls ausblieb. MIXOLOGY hält selbstverständlich über die kommenden Entwicklungen des Bar auf dem Laufenden.

Credits

Foto: Michael Hanke via A. Celik. Bilderserie: Eröffnung der Ada Bar via Anto Jularic.

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