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Annika Führer: Kommunikation ist alles

Wer sich in der Berliner Kantine Kohlmann an den Tresen begibt, kann sich auf drei Dinge verlassen: Es gibt Whiskey, jede Menge Erfahrung und keine Allüren. Dafür verantwortlich ist die neue Barchefin Annika Führer, die die Nachfolge von Roberto di Pasquali angetreten hat.

Das gibt es nicht besonders oft in der Barwelt, nein in überhaupt keiner Welt: Googelt man „Annika Führer“, so stößt man auf nicht besonders viel denn auf die falsche Version dieses Namens und einen Beitrag über die Teilnahme am Master of American Whiskey. Nun, das zweite Ergebnis führt auf die richtige Fährte. Und zwar auf eine viel richtigere, als man zunächst denkt, denn Annikas derzeitige Lieblingsspirituose ist in der Tat der Whiskey. Annika ist 29 Jahre, kommt gerade von einer China-Reise zurück und ist seit März diesen Jahres Barchefin der Kantine Kohlmann in Berlin.

Old Fashioned in allen Farben und Formen

Die gebürtige Hannoveranerin hat ihre Ausbildung zur Hotelfachfrau in ihrer Heimatstadt absolviert, ist dann nach Hamburg gegangen und hat innerhalb von vier Jahren zwei Bar-Eröffnungen mit erlebt, nämlich an den Marco-Polo-Terrassen und im schönen Clouds. Hamburg ist für sie nach wie vor die schönste Stadt Deutschlands, allerdings hatte sie keine Lust mehr auf Hotelbars: „Ich will eigene, kreative Dinge machen und nicht immer den Riegel vorgeschoben bekommen, wenn es mal ausgefallener wird“, so Annika.

Also kam sie nach Berlin, wo Menschen, die es gerne ausgefallen hätten, nun einmal hingehen. Zur Hälfte ihrer Zeit arbeitete sie im Neuköllner Thelonious, zur anderen Hälfte in der Kantine Kohlmann. „Das schöne daran war, dass beide Bars in Konzeption und Aufmachung so verschieden sind, das hat mir gefallen.“ Als es Roberto di Pasquali, damaliger Barchef der Kantine Kohlmann, allerdings in die Industrie zog, wechselte Annika vollständig.

Obwohl sich seither einiges in der Kantine Kohlmann verändert hat, behielt Annika vier von Robertos Drinks auf der Karte, dabei sind noch immer alle Drinks Eigenkreationen des Hauses. Hinterlassen hat Roberto außerdem seine Faszination am Mezcal. Beim Bartender sei der Mezcal zwar längst, beim Gast allerdings noch nicht vollständig angekommen, meint sie. Wohingegen Roberto die Kantine stark in Richtung Gin und Mezcal geprägt hat, setzt Annika auf Bourbon und Rye Whiskey, scheut sich aber auch vor den rauchigen Schotten nicht. „Am Old Fashioned lebe ich mich gerne aus, in allen Farben und Formen.“

Keine Star-Allüren in der Kantine Kohlmann

Jene Veränderung in der Kantine Kohlmann hat Annika bereits in ihrer eigenen Barlaufbahn erlebt. War für sie in Hamburger Zeiten Gin noch das absolute Non plus ultra – Annika hatte selbst Gin-Tastings gehalten – so schlägt ihr Herz zwischenzeitlich für das Malzdestillat. „Gin ist für mich einfach nicht mehr so spannend“, gibt sie zu.

Nicht nachzuvollziehen, leider aber immer wieder vorzufinden, sind für Annika Bartender, die ihren Gästen nicht zuhören. „Wenn der Drink, den ich in der Hand halte, nichts mit dem, was ich gesagt habe, zu tun hat, geht das einfach nicht“, findet sie. Beim Barbesuch ist das für sie das schlimmste, das passieren kann. Gut, und Star-Allüren. „Ich kann es nicht leiden, wenn ich sehe, dass man dem Gast das Gefühl gibt, er habe keine Ahnung.“

Darum serviert sie auch einen Aperol Spritz, wenn es denn gewünscht ist. Nun, immerhin hat sie auch nicht die Verantwortung eines Tätowierers und ein Herrengedeck ist schließlich kein Arschgeweih. Dafür fallen ihr etliche Bartender ein, deren Job sie bewundert, aus derer Hand sie blind einen Drink trinken würde. Sogar so viele, dass sie gar nicht weiß, wo anfangen. Da sind natürlich Größen wie Alex Kratena und Charles Schumann, oder auch Marian Beke oder Magdalena Karkosz.

Kantine Kohlmann an der Skalitzer Ecke Wrangel

Die häufige Frage, wo Menschen sich in fünf Jahren sehen, scheint in einer Branche, in der die meisten nicht wissen, was übermorgen passiert, zunächst aberwitzig. Annika allerdings weiß es genau: „In keiner eigenen Bar“. So sehr sie sich im Moment noch am Leben hinterm Tresen freut, sieht sie einem Job am Tage optimistisch entgegen. „Wie viele meiner Kollegen kann auch ich mir vorstellen, eines Tages den Schritt in die Industrie zu gehen.“ Als Brand Ambassador würde es ihr dann gut gefallen. Im Moment allerdings gefällt es ihr in der Bar noch zu gut.

„Das Schönste für mich ist, wenn ich einem Gast etwas Neues zeigen kann. Wenn ich merke, dass ich es geschafft habe, ihm das vorzusetzen, was er mag und ihn erreicht, vielleicht sogar weiter bringt.“ Die Skalitzer Straße an der Ecke zur Wrangelstraße jedenfalls ist mit der Kantine Kohlmann ein ganzes Stück weiter. Und mit Annika um ein Dutzend selbst kreierter Drinks reicher.

Credits

Foto: Foto via Thang Dai

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