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Appesbeach, Rum-Trinken mit dem Pianisten

Bevor er in der Bretagne Boogie-Konzerte gibt, eröffnete Frank „Johnny“ Schütten noch eine Bar am Wolfgangsee. Der individuelle Stil des Hauses, in dem der entthronte Herzog von Windsor sein Exil antrat, spiegelt sich in der Architektur und dem Rum-Schwerpunkt der Beach Bar.
Das Wetter meinte es nicht gut mit dem Eröffnungscocktail am „Appesbeach“, nicht einmal der im Logo auftauchende Schwan zeigte sich bei der verregneten Premiere. Welcome to the Salzkammergut! Dafür griff Hausherr Johnny Schütten in die Tasten, wie er es auch an lauschigen Abenden für die Bargäste tun will. Gleich zwei Klaviere stehen im Landhaus Appesbach, das der Strandbar den Namen gab und das seine Familie seit 50 Jahren besitzt. Aktuell wechselt sich der der 48-jährige Pianist in der ehemaligen Villa des englischen Kurzzeitkönigs Eduard VIII mit seinem Bruder hinter der Bar ab, „im Herbst soll das dann ein Profi aus der Region übernehmen“.
Eine Bar, wo Helmut Kohl war
Den Umbau des ehemaligen Bootshauses ergänzen drei neue Anlegestellen, denn die Klientel soll vermehrt mit dem Boot auf einen Drink anlegen. „Wenn es mehrere Stationen am See gäbe, wäre das schön“, hofft Schütten, dass das Beispiel „Appesbeach“ Schule macht. Die Region – nicht von ungefähr jahrelang Urlaubsdomizil des Traditionalisten Helmut Kohl – bräuchte durchaus ein wenig frischen Wind. Platz hat beides. Die legere Holzbar am Seeufer würde auch niemand hinter der Efeu-umrankten Fassade des historischen Landhauses vermuten. Die Boule-Bahn daneben auch nicht.
Rum-Probieren am Steg

Piano-Man Schütten selbst leistet vor allem Überzeugungsarbeit in Sachen Rum, seiner Lieblingsspirituose: „Wenn man die Gäste dazu bekommt, das einmal pur, auch ohne fünf Eiswürfel, zu trinken, sind sie meist überrascht wie vielfältig der Geschmack ist“. Täglich treffen neue Flaschen ein, La Mauny, Havanna Clubs Grand Reserve, aber auch Haitis Rhum Barbancourt sind bereits einsortiert, gleich neben dem 15-jährigen Dalmore Whisky.
Für österreichische Verhältnisse fast versteckt findet sich die Eiskarte, „denn schließlich müssen wir den Spagat schaffen, allen Gästen am Strand etwas zu bieten“. Mit dem Fritz Kola-Sortiment, in der Alpenrepublik immer noch ein origineller Softdrink, werden auch die Teenies bedient, bis sie mit Papas Nicken einen Caipi oder Mojito, momentan die beliebtesten Drinks am Steg, konsumieren dürfen. Als Prosecco-Ersatz serviert man aber auch karbonisierten Verjus, den Saft unreifer Trauben.

Kyrills Opfer als Tresen

So neu diese Art der Gastronomie am See auch ist, die Bar selbst atmet die touristische Geschichte des Wolfgangsees. Die rötliche Steinverkleidung mit den Fossilien stammt aus dem längst abgerissenen „Hotel Tyrol“ in St. Wolfgang und ist aus demselben Material, das auch die Kirche des Ortes umgibt. Noch romantischer mutet die Herkunft des zweiten Materials an: „Das Holz stammt von einer immens hohen Fichte, die neben unserem Steg stand, meinem Kindheitsbaum“, erzählt Schütten die Geschichte des Tresens. Vom Sturm Kyrill gefällt, sollte das Holz eigentlich für ein Bett verarbeitet werden, „mit der Bar-Idee passte aber plötzlich alles“.
Bar Food vom Feinsten
Die „Hochsaison“ der Bar erwartet Schütten für September. Dann ist der abgekühlte See vielleicht nicht mehr jedermanns Badegewässer, aber die sommerliche Motorboot-Sperre endet. „Damit sind dann die Gäste am See, die mit der Frauscher-Jacht auf eine Flasche Belle Epoque-Champagner kommen.“ Bis dahin wird auch der Griller geliefert sein, mit dem Zwei-Hauben-Koch Maximilian Aichinger die Barbestellungen begleitet. Er vertrat Österreich bei der diesjährigen Bocuse d’or-Ausscheidung und verpasste den Cut als 13. unglücklich.
Aktuell kommt das Essen täglich ab 14 Uhr – um das hauseigene Delmor nicht zu konkurrenzieren – aus der eigenen Küche direkt am Strand. Täglich wechseln die Spezialitäten, die allesamt zum Beach-Feeling passen, wie Salat mit Scampi, Pasta und natürlich die Seefische Reinanke und Saibling. Denn ohne die geht auch in der modernen Variante des Strandkiosks nichts im Salzkammergut.
 
 
 

Credits

Foto: Fotos via Frank Johnny Schütten

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