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Bar 203 im Berliner Fernsehturm

Die Bar im Fernsehturm spielte im Punkto Qualität früher keine Rolle. Dann hat man investiert, renoviert und einen kompetenten Barchef engagiert.Siehe, da: Man sieht nun nicht nur, sondern trinkt auch gut. MIXOLOGY ONLINE ging in die Luft.
Happy Birthday, DDR. Das selbst gewählte Geschenk zum 20. Geburtstag des Arbeiter- und Bauernstaates im Oktober 1969 fiel spektakulär aus und beeindruckte die Berliner in Ost und West gleichermaßen. Das höchste Gebäude Deutschlands weist, von weiter Ferne bereits sichtbar, bis heute den Weg zum Alexanderplatz und somit hinein in eine spannende Mischung aus denkmalgeschützter Ostalgie, spektakulären Ausblicken auf die Spreemetropole und einen gastronomischen Mix, der zur Qualität des Aufenthalts erheblich beiträgt.
Über den Wolken
„Einen magischen Moment erlebe ich an jenen Tagen, wenn morgens um 9 Uhr, wenn wir öffnen, die Wolkendecke manchmal noch unter unserer Bar liegt und die Sonne einen Schatten unserer Kugel darauf wirft“, schildert Barchef Dariusz Rucki einen der zahlreichen ungewöhnlichen Momente rings um seinen Arbeitsplatz in einer der höchsten Bars Europas in 203 Meter Höhe.
Mit 368 Metern ragt der Turm als höchstes Gebäude Deutschlands in den Himmel. Die markante Kugel, die mit Aussichtsebene und der Cocktailbar den Berlinern und Touristen offen steht, ermöglicht einen Drink in 203 Metern Höhe. Die Gäste des drehenden Restaurantbereichs über der Bar, genießen sogar den Überblick aus 207 Metern.
Besucher, die den Eingangsbereich im Erdgeschoss betreten, erkennen über Bildschirme, welche aktuellen Sichtbedingungen sie im oberen Bereich erwartet. Egal, ob klarer Fernblick oder leichte Diesigkeit, der Eintritt von 13 Euro bleibt stets gleich. Auf Ermäßigung bei ungünstiger Sicht hofft man vergebens. Wer allerdings in freundlichem Ton nachfragt, erhält bei Nebel einen Coupon für einen kostenlosen Nachbesuch.
Frischer Look, frische Kräuter
Tatsächlich strömen etliche Gäste nicht nur wegen der Aussicht in den Turm, sondern freuen sich auf weitere Angebote, wie sie beispielsweise Restaurant oder Bar bereithalten. Barchef Rucki freut sich stets über die wiederkehrenden Gäste, für die ein Drink an seiner Bar zum festen Programm eines Fernsehturm-Besuchs zählt. Tatsächlich bietet das Cocktailangebot mehr, als nur die ewigen Standards, die man an einem touristisch relevanten Ort zuweilen befürchten muss. „Ich liebe den Duft von Kräutern und arbeite sehr gerne mit Thymian, Minze, Ingwer oder Essig. So variieren wir die Drinks je nach Jahreszeit“, berichtet der Gastronom, der 2003 von Krakau nach Deutschland kam und nach sechs Jahren in Düsseldorf nach Berlin kam. 2011 unterzeichnete er bei der TV Turm Alexanderplatz Gastronomiegesellschaft, die sich zu diesem Zeitpunkt auf einen fünfmonatigen Umbau mit Modernisierung der Gastronomiebereiche vorbereitete. 1,5 Millionen wurden damals in eine aufwendige Modernisierung investiert, die aktuelle Ansprüche und Bedürfnisse mit Denkmalschutzauflagen behutsam in Einklang bringen musste.



 
Mocktails und Tower Sour
Für den Barbereich verantwortete Dariusz Rucki das Konzept für die Wiedereröffnung der Bar mit zahlreichen Neuerungen. Er erweiterte die Öffnungszeiten der Bar, ergänzte die Barkarte um neue Signature Drinks, saisonale Cocktailkonzepte und entwarf eine sorgfältige Auswahl an alkoholfreien Cocktails, welche nicht nur die Kinder begeistern, die insbesondere tagsüber einen hohen Anteil der Bargäste ausmachen. In den Abendstunden machen Cocktails, dann auch gerne mit Alkohol, ungefähr 80 Prozent des Umsatzes aus. Gerne greifen die Gäste dann auf die Kreationen des Hauses – besser: des Turmes – zurück, wie den Tower Sour mit Orange, Bourbon und Zimt, oder den 360 Grad mit Gin, Triple Sec, Vanille Vodka und Cranberry. Die meisten Cocktails liegen preislich im Bereich von 9 bis 11 Euro. Barfood zwischen Currywurst, Salatteller und Brezel wird ebenfalls gereicht. Der Tresen folgt der Rundung der Kugel und über dem Rückbüffet ermöglicht ein spezieller Winkel der Spiegel den Blick auf die erleuchtete Stadt.
Mehr als nur eine Bar
„Unsere Bar 203 verfügt über etliche Besonderheiten und Anforderungen, die übliche Bars in dieser Form nicht kennen“, erläutert Rucki. So gelten für die Bar strenge Richtlinien, die dem hohen Sicherheitsanspruch geschuldet sind. „Brandschutz spielt eine große Rolle in den Abläufen. So dürfen wir nicht mehr als den Tagesbedarf an Spirituosen in der Bar lagern“, erläutert der Bartender. Weitere Vorräte lagern knapp 1.000 Treppenstufen tiefer. Zwei Tage im Jahr schließt der Turm, dann finden Sicherheitskurse und spezielle Trainings der Mitarbeiter statt.
Die Anforderungen an das Barteam gehen weit über das gewohnte Bartender-Profil hinaus. Neben der Zubereitung der Drinks müssen sie als Ansprechpartner für die verschiedensten Anliegen in unterschiedlichsten Sprachen herhalten. Alle wenden sich an die Bar, egal ob Junior sich den Kopf gestoßen hat, Opa den Regenschirm vermisst oder wenn es um die Sehenswürdigkeiten in der Tiefe und um touristische Kenntnisse zu Turm und Stadt geht.
Champagner in 203 Metern Höhe
Seine Freude am Umgang mit Menschen und seine Kreativität mit neuen Cocktailkreationen bringt Dariusz Rucki nicht nur im alltäglichen Barbetrieb zur Geltung, beispielsweise mit eleganten Gläsern und Dekorationen, sondern auch bei den zahlreichen Sonderveranstaltungen. Gerade die Bar wird gerne für spezielle Events gebucht und lässt sich dafür auch ideal ausstatten, beispielsweise mit eleganten Vorhängen, die als Raumteiler fungieren und die Privatsphäre und Exklusivität der Veranstaltung gewährleisten.
Der Barchef erfährt eine hohe Konstanz und wenig Fluktuation in seinem Team, was ihn sehr stolz macht. Für den Sommer bastelt die Barcrew bereits an passenden Getränken, wie Sours und Shooters. Die Verweildauer der Gäste hat sich nach dem Umbau jedenfalls bereits erhöht, was sicher auch an dem entspannten gastronomischen Angebot liegt.
Bartending auf hohem Niveau ist in der Panorama Bar in 203 Meter Höhe gleich doppelt zu verstehen, was in der Frage mündet: Schmeckt Champager in der Höhe eigentlich anders, als auf dem Boden? „Das muss ich demnächst tatsächlich einmal ausprobieren“, lacht Rucki.
 

Credits

Foto: Alexanderplatz via Shutterstock

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