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Von Bier und Bergen in Berlin

Hoch oben bei der Thomashöhe: Neukölln hat eine Brauerei mit einer Art angeschlossenem Tap Room und Biergarten. Hinter Berlins neuestem Craft Beer stehen Robin Weber und Richard Hodges. Man könnte auch wortwitzeln, der Prophet sei zum Berge gekommen. Ein Baustellenbericht.

Ein Brauer via Email und die Brauerei plus Tap Room via Ebay-Kleinanzeigen. Manchmal läuft das so im Leben. In diesem speziellen Fall hat es das auch bei der jüngsten Craft Beer-Marke aus der Hauptstadt getan, der Berliner Berg Brauerei in Neukölln. So weit, so gut. Aber wer steckt dahinter? MIXOLOGY ONLINE war zu Besuch auf der Thomashöhe und hat sich mit Richard Hodges und Robin Weber unterhalten.

Ein amerikanischer Brauer in Bayern

Richard „Richie“ Hodges dürfte vielen kein Unbekannter sein. So stand der gebürtige Amerikaner für einige Jahre bei Crew Republic in München an den Sudkesseln. Seine Ausbildung machte er im Freistaat zunächst an der TU in Weihenstephan, danach an der Doemens Akademie in München, bevor er einige Zeit in Italien braute, um dann nach München zurück zu kehren als die Crew-Jungs einen Brauer suchten. Diese Beziehung hielt auch ein paar Jahre, bis sich die Wege der Craft-Pioniere und von Richard im letzten Jahr trennten — und das hatte sich bis Berlin herumgesprochen.

Der richtige Zeitpunkt für Robin Weber, eigentlich studierter Soziologe und davor im Kulturbereich tätig, gemeinsam mit zwei weiteren Bier-begeisterten Weggefährten dem amerikanischen Braumeister die Pläne von einem Berliner Craft Beer zu unterbreiten. Die Ideen gefielen, und so war der Weg in die Hauptstadt geebnet. „Was hier momentan mit Bier passiert, ist wirklich eine geile Sache. Ich freue mich, hier zu sein“, gibt Richie zufrieden an.

Vom Freistaat in die Hauptstadt

Und jetzt sitzen wir hier, über ein halbes Jahr später, in der Kopfstraße 59 in Neukölln. Das Bier heißt Berliner Berg, eine klingende Idee von Robins Mutter. Der Tap Room, oder die zugehörige Lokalität im Vorderhaus, heißt „Bergschloss“ — das passt. Im Bergschloss war früher eine typisch Berliner Eckkneipe namens Hopfenstübchen, aus den Zeiten stammt auch noch der „Dart & Billard“-Aufkleber auf dem Fenster, aber der kommt noch weg. Im Inneren wurde bereits umgebaut, rausgerissen und abgeschliffen. Man befindet sich noch im Umbau, offiziell eröffnet werden soll im September.

Auf ein Bier auf den Berg

Auch ein Biergarten im Innenhof schließt sich an, und im Hinterhaus wird momentan die Brauerei von Berliner Berg fertig gestellt. Recht kleine Sudkessel erlauben dem Brauer viel Kreativität, und die will Richie auch in den Tap Room bringen. Die einzigen drei festen Sorten, die es auch in den Kühlregalen des Einzelhandels geben wird, sind ein klassisches Pale Ale, ein Lager und — festhalten! — eine Berliner Weisse. Letzteres ist ein Herzensprojekt von Richie und Robin gleichermaßen: „Die Berliner Weisse steht bei uns im Vordergrund“, gibt Richard an, „das war auch der Grund, warum wir gleich eine eigene Brauerei wollten. Das macht leider keiner für uns, aufgrund der Bakterien, die wichtig für den Geschmack des Bieres sind. Die möchte keiner in seiner Brauerei.“

Dieses „Hauptstadtbier“ hatte im 19. Jahrhundert eine eigene Bierkultur mit Trachten und Bars und allem Drum und Dran. Der „Champagner des Nordens“ hat seine glorreichen Tage als Teil der Stadtkultur jedoch schon lange hinter sich. Jetzt ist es Zeit für ein spätes Comeback.

Kleines Brauhaus, große Vielfalt

Alle anderen Braukreationen wird es wechselnd und in kleinen Mengen auf der Thomashöhe im Bergschloss vom Hahn geben. „Es ist uns einfach wichtig, dass die Leute herkommen können und mit uns reden. Das ist üblich in den USA, aber hier einfach noch nicht“, so Richard.

Jetzt schon, und in Zukunft vermehrt, gibt es die Berliner Berg-Kreationen in ein paar Bars der Stadt, wie etwa dem Kreuzberger Hopfenreich und der Monterey Bar, zu probieren. Es sollen aber unbedingt noch mehr werden, auch Restaurants sollen Fässer bekommen.

Zur wichtigsten Frage: ab wann kann man die drei festen Sorten probieren? Ab September wird es als erstes das Lager geben, im Oktober folgt das Pale Ale und die Berliner Weiße wird es wiederum geben, sobald die Brauerei geöffnet ist, was für Ende September geplant ist.

Der Wanderbrauer kommt nach Hause

Aber halt! Es gibt jetzt auch schon Bier? Und das ohne fertige Brauerei? Ja, denn noch darf Richie bei seinen Freunden von Schoppe als Wanderbrauer unterkommen. Und was wird da derzeit gebraut? „Für den Anfang haben wir einfach gesagt, wir machen jetzt, was wir wollen“, so Robin über die Auswahl. Das schließt bei unserem Besuch ein Summer Ale und ein Irish Stout mit Namen „Schwarzfahrer“ ein.

Und wieder: So weit, so gut — aber Craft Beer gibt es in Berlin ja nun schon so einiges. Was macht Berliner Berg denn so besonders? „Wir wollten nicht einfach die nächste Craft Beer-Marke mit IPAs und so weiter werden, sondern die deutsche Bierkultur mehr in den Vordergrund stellen. Eben Bierstile, die ausgestorben sind.“, sagt Richard, „Die Idee der drei mit der Berliner Weißen hat mich sehr beeindruckt.“ Zusätzlich dazu schätzen die beiden die Schwelle zum Craft Beer für viele Gäste noch als zu hoch ein. Der durchschnittliche Biertrinker ist einfach aufgrund des tendenziell eher gewohnten leichten Biers nicht an die Aromenvielfalt der Craft-Welt gewöhnt. Diese Entwicklung braucht noch etwas Zeit, da stimmen beide zu. Es muss eine Brücke zwischen dem „Unaufregenden“ und „Craft“ geschlagen werden. Und diese Brücke will der Berg mit zugänglichem Bier schlagen.

Credits

Foto: via S. Liewehr

Comments (3)

  • Stefan

    Berliner Weisse hört sich sehr gut an, bleibt zu hoffen das sich diese Variante wieder etwas mehr durchsetzt.

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  • Randolf Jorberg

    Super Intro, die Lust auf mehr macht. Aber dann lese ich im Artikel nichts mehr zu einem “… Brauer via Email und die Brauerei plus Tap Room via Ebay-Kleinanzeigen”… 🙁

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    • Redaktion

      Hallo, Randolf!

      Danke für Deinen Kommentar – und wo Du recht hast, hast Du recht. Die Email oder Ebay-Kleinanzeigen tauchen im Text nicht nochmal auf, da fehlt tatsächlich der Übergang.
      Zur Abrundung: Richie wurde via Email kontaktiert und so zum Brauer von Berliner Berg und das Gelände in Neukölln für Brauerei/Tap Room hat Robin bei Ebay gefunden.

      Grüße an Dich aus der Redaktion und ich hoffe Du fandest den Text dennoch interessant,

      Sarah

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