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BIER, BARS & BRAUER #21

Das Oktoberfest ist vorbei, doch der Herbst bleibt hitzig: Bier, Bars & Brauer kehrt zurück mit der ProBier in Bamberg und den Winter Beer Days in Hamburg. Dazu gibt es neue Gastronomien von BrewDog, Störtebeker und Lemke, unbekömmliches Bier aus dem Allgäu und neuen Hopfen aus alten Anbaugebieten.

Es ist schon fast beängstigend, wie viele lange angekündigte Bierprojekte zum Erscheinen dieser Ausgabe plötzlich ihre Vollendung gefunden haben. Wo einst feste Zeitpunkte im Jahr und ebenso feste Pilgerstätten in den Städten die Eingeweihten versammelten, buhlen nun Feste, Messen, Spezialitätenläden, Pubs, Bars und und andere Biergastronomien um die Aufmerksamkeit des Biertrinkers, der vor die Qual der genussvollen Wahl gestellt wird. Na endlich!

Veranstaltungswelle: ProBier in Bamberg und Winter Beer Days in Hamburg

Schon in der letzten Ausgabe kündigten wir mit der Brau Beviale in Nürnberg, die soeben zu Ende geht, ein Biermesse-Highlight des Jahres an. Solcherlei Lorbeeren muss sich die ProBier zwar erst noch verdienen, doch mit Bamberg hat man auf jeden Fall eine Heimstatt gefunden, die sich in Sachen Biertradition vor niemandem verstecken muss. Am 18. und 19. November 2016 findet die Premierenveranstaltung in der Konzert- und Kongresshalle Bamberg statt. Die Veranstalter bezeichnen die ProBier als Biergenussmesse, und mit 38 Ausstellern geht man es zunächst vorsichtig an. Mit dabei sind sowohl größere Namen wie Barth-Haas, Maisel, Leikeim und Riedenburger, als auch Mikrobrauereien wie die Gebrüder Wiestner und Heldenblut.

Die zahlreichen Brauereien und Braugasthöfe aus Bamberg und Umgebung sind natürlich ebenfalls vertreten, entweder durch einen eigenen Stand oder durch den Stand der privaten Braugasthöfe. Wer also bisher keine Gelegenheit hatte, eine Frankenrundreise zum Thema Bier zu machen, dem bietet sich hier die Möglichkeit, sich gebündelt einen Eindruck zu verschaffen.

Erschwert wird die Entscheidung jedoch durch die ebenfalls am 19. November 2016 stattfindenden Winter Beer Days in den Hamburger Schanzenhöfen. Hier sind 18 Brauereien vertreten, der Fokus liegt einmal mehr auf winterlichen Gebräuen. Der geneigte Besucher darf sich also auf eine ungewöhnlich große Zahl an starkem, dunklem und gewürztem Bier freuen. Abgerundet wird das Fest, auf dem sich vor allem norddeutsche Craft-Prominenz präsentiert, durch Workshops, gewohnt gutes Essen und Musik.

Eröffnungswelle: Brauhaus Mitte und BrewDog in Berlin und Elbphilharmonie in Hamburg

Was dem Berliner sein Flughafen ist dem Hamburger seine “Elphi” – zumindest bisher, denn seit dem 4. November 2016 haben zumindest Plaza und Hotel des neuen, 110 Meter hohen Wahrzeichens auf der Elbinsel Grasbrook geöffnet. Die Philharmonie selbst soll im Januar 2017 folgen. Im Zuge der Eröffnung feierte auch die Störtebeker Gastronomie, die sich über drei Etagen erstreckt, ihren Einstand. Jede Etage verfolgt dabei einen anderen Ansatz: In der Fünften wird diniert, in der Sechsten verkostet und eingekauft, und in der Achten der Ausblick über die Hafenstadt bei Kaffee, Bier und Bistro-Naschereien genossen.
Die Störtebeker Elbphilharmonie ist ein Joint Venture der Störtebeker Braumanufaktur und der east Group, einem Hotel- und Gastronomieunternehmen.

Doch auch wenn der Flughafen weiter auf sich warten lässt, können sich Berliner zumindest über zwei Bier-Bauprojekte freuen, die endlich fertig sind: Das Brauhaus Mitte, jahrelang aufgrund des Umbaus des Berlin Carré-Einkaufszentrums am Alexanderplatz geschlossen, nutzte die Zwangspause, um sich ebenfalls neu zu erfinden. Im neuen Design des nun “Brauhaus Lemke am Alex” betitelten Restaurants erkennt man eindeutig den Einfluss von Craft Beer – weniger klassische Brauhausatmosphäre mit Hellem und Hax’n, mehr Integration der Rohstoffe als Deko-Elemente, mehr Zapfhähne, mehr Bierauswahl.

An selbiger dürfte es auch in der BrewDog-Bar in der Ackerstraße, Berlin-Mitte, nicht mangeln. 30 Hähne hat es hier, von denen rund die Hälfte mit Bieren der schottischen Crafties belegt sein werden, der Rest offen für Gastbiere sein wird. Rund fünf Jahre nach den ersten Gerüchten und ziemlich genau ein Jahr, nachdem Dean Pugh, seines Zeichens Bar Manager, die Eröffnung im Interview bei MIXOLOGY ankündigte , ist es am 11. November 2016 nun tatsächlich soweit: Berlin reiht sich in die lange Liste der Städte ein, in denen BrewDog mit einer modernen Bierbar vertreten ist.

Klagewelle – Unbekömmliches Bier aus dem Allgäu

Nein, “unbekömmlich” ist kein Adjektiv, dass man den Bieren der Clemens Härle KG anhängen kann, und so bewarb die Allgäuer Brauerei ihre Biere folgerichtig mit “bekömmlich” auf dem rückwärtigen Etikettentext. Was bei modernem Werbe-Denglisch fast etwas altmodisch anmutet, hatte aber gerichtliche Konsequenzen. Denn der Kläger, der Verband Sozialer Wettbewerb, sieht den Begriff nach EU-Recht als Aussage über die gesundheitliche Verträglichkeit, nicht die Bierqualität, und somit für Getränke über 1,2% Vol. unzulässig.

Nach der Bestätigung des Urteils des Ravensburger Landgerichts in zweiter Instanz steht offen, ob die Brauerei nochmals Berufung einlegen wird. Von dem Urteil könnten auch weitere Biere betroffen sein, z.B. verwenden die Allgäuer Kollegen von Meckatzer Löwenbräu sowie Augustiner das verhängnisvolle Adjektiv. Bleibt nur zu hoffen, dass der VSW nicht auf die Idee kommt, sich dem “Lebenselixier” auf den Schlenkerla-Flaschen oder gar den Stone-Produkten, deren Etikettentexte schon mal den potentiellen Käufer beleidigen, zuwenden. Sollten infolge dieses Artikels Klageschriften bei den entsprechenden Brauereien eintreffen, wäre dies der Gesundheit des Schreiberlings nicht … bekömmlich

Aromenwelle – Hallertauer Hopfenbauern setzen vermehrt auf neue Sorten

Die Holledauer haben’s nicht einfach. Erst die Katastrophenernte 2015, dann ging der Titel des größten Hopfenanbaugebietes der Welt ans Yakima Valley verloren, und dann verlieren die Hopfen, die jahrelang ein fester Pfeiler deutscher Bierkultur waren, plötzlich durch diesen Craft-Hype an Bedeutung!

Umdenken ist angesagt, und eben dieses beobachtet Nina Anika Klotz in ihrem Artikel im Merian Reisemagazin, veröffentlicht auf Zeit online. Doch Umdenken ist leichter als Umpflanzen, und Anbaufläche für die zwar profitträchtigen, aber teils auch empfindlicheren Aromahopfensorten à la Cascade, Simcoe, Citra oder Amarillo bedeutet gerade für kleine Hopfenbauern bei 15.000 bis 20.000 € pro Hektar kein unerhebliches Risiko.

Um die teuren US-Importe zu umgehen, sind die deutschen Hopfenköpfe fleißig am Forschen, und haben in jüngerer Vergangenheit zahlreiche Sorten wie Polaris, Hüll Melon, Hallertau Blanc, Callista oder Ariana auf den Markt gebracht. So richtig konkurrieren können diese allerdings mit ihren US-Kollegen noch nicht, deren Tropenfruchtigkeit und Zitrusnoten so vielen Flaggschiffbieren der Craft-Brauereien ihre kräftigen Aromen verleihen.

Dennoch brauen auch in der Hallertau immer mehr Brauereien ausgefallene Biere, manchmal im Auftrag, um dem sinkenden Bierkonsum entgegen zu wirken.

Credits

Foto: Bild via Shutterstock.

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