TOP

Dem “British Empire” auf der Spur – Teil I

Seit Jahren sind nun die Cocktails der Amerikanischen Cocktailblüte in aller Munde. Doch nicht alle traditionsreichen Drinks kommen aus Nordamerika. MIXOLOGY ONLINE checkt ein in die Gentlemen’s Clubs des “British Empire– auf der Suche nach literarischen und gastronomischen Wurzeln im kolonialen Orient.
Das Britische Imperium erstreckte sich in seiner maximalen Ausbreitung gegen Ende des 19. Jahrhunderts über eine den Mond an Größe übertreffende Fläche. Der Begriff “Weltreich” scheint in vollem Umfang angemessen für ein Herrschaftsgebiet, über dem die Sonne niemals unterging und auf dem rund ein Viertel der Erdbevölkerung lebte.
Reichtümer aus dem gesamten Orient flossen nach London und brachten unzählige exotische Einflüsse mit. Der Wirtschaftsmacht England hat auch unsere Profession einiges zu verdanken: Rum, Gin, Tonic Water, Port und Punch wären ohne sie wohl nie zu Weltruhm aufgestiegen.
Am Anfang steht die Medizin
Bekannt ist diesbezüglich zum Beispiel die Geburtsgeschichte des Gin & Tonic, der den britischen Truppen in Afrika und Indien das gleiche Nervenstärkungsmittel war, wie der Absinth dem französischen Nordafrikacorps.
Das Chinin im Tonikum fungierte als Präventivmaßnahme gegen die grassierende Malaria. Doch im Gegensatz zu den heute verkauften Produkten, wiesen damalige Tonic-Sodas einen rund 100fach höheren Chiningehalt auf. Diese Bitterbomben mussten abgemildert werden, und was bot sich dafür besser an, als der damals noch zumeist gesüßte Gin?
Wie auch beim Gimlet haben wir einen Klassiker der Bar einem ehemals medizinischen Umstand zu verdanken.
Der britische Lebensstil reist mit
Gleichzeitig exportierten die britischen Besatzer aber auch einen Eckpfeiler der besseren Londoner Gesellschaft in die hintersten Ecken der Welt: die Gentlemen’s Clubs. George Orwell bemerkte während seines Aufenthalts im damaligen Burma zynisch:
„Unbestritten sind die zivilisatorischen Errungenschaften, welche das Britische Empire in alle Welt trägt. Wo immer wir uns niederlassen, wird eine Post, ein Bahnhof, ein Gefängnis und ein Club gegründet.“
Clubs nur für Weiße
Und so konnte jede mittlere Mission einen eigenen Gentlemen’s Club vorweisen. Ausgestattet mit etwas westlichem Schnaps, mühsam heran gekarrtem Eis und einem versklavten Barkeeper wurde hier der sengenden Hitze getrotzt.
Von all diesen Clubs stechen im Osten vier aufgrund überdauernden Ruhmes heraus: The Royal Selangor in Kuala Lumpur, die Long Bar des Strand Hotels und der Pegu Club im damaligen Rangoon, sowie die Long Bar des Raffles Hotels in Singapur.
Während der Selangor Club zwar oft literarisch besungen wurde und inzwischen schon 130 Jahre alt ist, ist von seinen Bars nichts ausgegangen, was die mehrfach zerstörten Archive überlebt hätte.
Sling when you’re winning?
Ganz anders verhält es sich da zum Beispiel mit dem nur 300km weiter südlich gelegenen Raffles Hotel in Singapur. Die hier beheimatete Long Bar etablierte sich sehr schnell als Brennpunkt der noch jungen Kolonie Singapura.
Besonders nach der Umwandlung in eine Kronkolonie erlebte Singapur einen unvergleichlichen Aufschwung und die damit einhergehende Zuwanderung von durstiger, auf Unterhaltung erpichter Londonder Kehlen sorgte für rege Nachfrage nach guten Drinks.
Das erste Haus der Stadt, benannt nach dem umstrittenen Gründer der Kolonie, brüstet sich mit der Erfindung des Singapore Slings. Selbiger basiert auf dem Straits Sling, welcher wohl eher aus der deutlich älteren und unweit gelegenen Hafenstadt Melakka stammt. Der Singapore Sling ist heutzutage deutlich berühmter und wird weiterhin in der Long Bar gereicht.
Doch wie genau die Bars der ehemaligen Clubs sich präsentieren, wollen wir uns am Freitag ansehen. Bis dahin!

Credits

Foto: Weltkarte via Wikipedia

Kommentieren