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Jazz im Glas. Die Duke Bar im Ellington Hotel in Berlin.

Ein ungewöhnliches Gebäude aus den späten 1920er Jahren unternimmt mit seiner Bar und dem Gast eine Zeitreise durch Jazz und Cocktailkultur.

Nicht selten tapern törichte Touristen rings um die abendliche Gedächtniskirche, den Kudamm hinab oder die Tauentzienstraße hinauf und suchen meist vergebens nach nächtlichem Amüsement. Heute kaum vorstellbar, aber in der Charleston-Ära der nicht immer goldenen 20er Jahre reihte sich Kaffeehaus an Restaurant, Cocktailbar an Tanzpalast und die Nacht wurde zum Tage beim Tanz auf dem Vulkan.

Kurt Tucholsky gab einen Schnaps aus, wenn jemand eines seiner Bücher erwarb, Albert Einstein frequentierte das Romanische Café und erhielt ob seiner Amouren den Beinamen „Der relative Ehemann“ und Josephine Baker bezauberte die Berliner mit ihrem Bananenröckchentanz und trug den Begriff „Sex-Appeal“ an die Spree. Noch bis 1993 klang Musik aus der Adresse Nürnberger Straße 50-55, als der legendäre Club „Dschungel“ Stammgäste, wie Iggy Pop, David Bowie und Blixa Bargeld empfing.

Heute scheint das Viertel nach Ladenschluss von Aussterben bedroht, denn es dominieren Peek & Cloppenburg, H&M, C&A, King & Donalds. Wer angenehme Unterhaltung, ordentliche Speisen und feine Getränke sucht, muss genau hinsehen. Glücklich, wer den Weg in die Nürnberger Straße findet, wo eines der wenigen verbliebenen und imposanten Gebäude jener 20er Jahre den Straßenzug dominiert: das Hotel Ellington.

Mit dem Duke am Tresen

Eine faszinierende Balance gelingt dem Hotel, das seine Historie als ehemaliges „Ballhaus Femina“ dezent betont und durch modernen Komfort besticht. Die Brücke bildet der Jazz und dieser spielt sich rings um den Bartresen ab. Die Bar dient als Schnittstelle der relevanten geselligen Bereiche des Hotels. Der L-förmige Tresen verbindet die Instrumentengruppen des Orchesters. Lobby, Lounge, Restaurant, Terrasse und ein kleines Live-Studio von Jazz Radio 106,8. Im Zentrum die Bar als Mittelpunkt mit einem Backboard, das die schönsten Noten einer flüssigen Tonleiter enthält.

Als Dirigentin wirkt Barchefin Constanze Geissler, die mit Charisma und mixologischem Können ein sympathisches Team anleitet und durch spannende Rezepturen in ihren Cocktails, die Bar zu mehr macht, als nur einer Hotelbar. Auch der Berliner Connaisseur ist willkommen und verspürt sogleich trotz des großen, lang gezogenen Raumes, eine warme und persönliche Atmosphäre.

Die Karte folgt dem Rhythmus der Musik, unterteilt in Kategorien wie Swing, Fusion oder Bebop. Free Jazz ist ohne Alkohol. Zahlreiche Klassiker erfahren einen modernen Twist und eigene Kompositionen überraschen und erfrischen zu Preisen um die 10 Euro.

Der Gin & Tonic ist hier natürlich ein Duke & Tonic und enthält die gleichnamige Ginmarke aus München. Bemerkenswert filigran und komplex betört „Parker´s Mood“ mit weißem und rotem Wermut, weißem und rotem Portwein, Orange Bitters, Lemon Bitters und frischem Muskat.

Aufmerksam wird nachgefragt, ob der Drink zur Zufriedenheit ausfiel und bei Bedarf wird dann auch ein Pisco Sour nach dem Wunsch des Gastes mit etwas mehr Süße versehen.

Die Shaker rasseln, die Eiswürfel klimpern. Ja, die Duke Bar trägt einen erfrischenden, ewig jungen Sound in die alte City West. Zugabe!

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