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FÜNF! besondere, positive Features einer Bar

Eine gute Bar besteht aus mehr als nur guten Drinks und tollem Service. Oft sind es die kleinen Dinge, manchmal auch die abstrakten und mitunter auch die Reduktion. FÜNF! wieder vollkommen willkürlich versammelte Dinge, die aus einer sehr guten Bar eine großartige Bar machen.

Denkt man an die positiven Eigenschaften einer Bar, drängen sich natürlich erst einmal solche Dinge auf wie gute Drinks, beste Spirituosen, handwerklich versierte Bartender, zuvorkommender Service und ähnliche Aspekte. Tatsächlich handelt es sich dabei aber bei einer guten Bar nicht um wirklich hervorzuhebende Merkmale, sondern schlicht um eine Selbstverständlichkeit. Oder nicht? Auch den Wasserservice und die sauberen Toiletten haben wir letzte Woche schon – da aus negativer Sicht – besprochen. Natürlich sind saubere Waschbecken und ein Glas mit frischem, kühlen Wasser in einer guten Bar ebenfalls etwas, das einfach zum guten Ton gehört.

Und von diesen guten Bars gibt es viele. Sogar sehr viele sehr gute Bars gibt es heutzutage, höchstwahrscheinlich mehr als zu jedem anderen Zeitpunkt in der Geschichte. Da kommt es oft gerade auf genau jene Details an, die mit den oben beschriebenen Selbstverständlichkeiten gar nicht so viel zu tun haben, die aber den komplexen funktionalen Raum Bar dennoch beeinflussen, und das sogar häufig in einer zwar völlig randständigen, aber eminent wichtigen Weise. Denn auch kleinste Kleinigkeiten entscheiden am Ende darüber, ob sich das Erlebnis namens Barbesuch vollkommen rund und wohlig angefühlt hat. Diese Aspekte sind mitunter nicht wirklich leicht ausfindig zu machen. Viele sind abstrakt und komplex, weil menschlicher Natur. Und das macht es schwer, sie zu beschreiben. Daher bleiben wir heute bei FÜNF! Dingen oder Eigenschaften, die sich einigermaßen gut erfassen und darstellen lassen. Natürlich mit derselben, begrenzenden Willkür wie letzte Woche. Aber die Reduktion ist ja auch ein Spaß.

1) Ein offenes Buch – die Barkarte   

Dem Himmel sei Dank, dass das Abflauen des Speakeasy-Trends der zeitweise in Nerd-Kreisen arg verschrienen Karte wieder kräftigen Aufwind gegeben hat. Das ist wunderbar, denn die Zahl jener Barbesitzer und Bartender, die begreifen, dass eine Karte eben nicht nur eine Auflistung von Getränken ist, sondern ein Mittel der Kommunikation und Präsentation, steigt beständig (wie auch unsere Untersuchung aus dem letzten Monat zeigt).

Denn die Karte holt den Gast ab, sie gibt ihm – sogar, wenn er weiß, was er trinken möchte – die Gelegenheit, an- und runterzukommen, die Gedanken locker, aber in eine bestimmte Richtung schweifen zu lassen und vielleicht sogar schon eine Idee für den zweiten Drink zu finden. Und sie befeuert das Gespräch zwischen den Gästen untereinander sowie natürlich zwischen Personal und Gast. Sie ist ein Kommunikationskatalysator. Und eine liebevoll gestaltete Karte zeigt dem Gast, dass diese Kommunikation von der Bar auch jenseits der mündlichen Beratung ernstgenommen wird-

2) Chill ma? Es lebe die Lockerheit!

Es gibt Orte, da gehört sie einfach hin: Die klassisch-gediegene Form, die Strenge, der Berufsschulstandard der Hotelfachlehre, die „Stiff-Upper-Lip“. Vielleicht ins Londoner Savoy. Ins Hotel Bristol in Paris. Oder ins Waldorf Astoria nach New York. Die tut manchmal wohl, weil sie die Seiten klar definiert und in all ihrer sarkastischen Schnöselnoblesse in etwa das Oscar-Wilde-Dramolett unter den Gastronomie-Erfahrungen darstellt. Dafür gibt man dann auch gerne ein Vermögen aus.

Dann gibt es aber noch eine andere Form der Verkniffenheit, die nicht guttut. Und das ist immer noch und immer wieder der Bartender, der seinen Job einerseits überernst nimmt und andererseits vergessen hat, dass er für Gäste arbeitet und nicht für Blogs, Magazine, Nerds und Social Media-Fame. Man muss da unterscheiden zwischen Ernsthaftigkeit und Hingabe oder aber übertriebener Verbissenheit. Es gibt keine falschen Bestellungen, es gibt nur falsche Reaktionen. Nicht jeder Gast, der eigentlich nur einen Whiskey Sour wünscht, möchte ein mehrstufiges Referat über die Bourbon-Auswahl hören. Wer um 17:13 in einer Hotelbar einen Kakao bestellt, der tut nichts Illegitimes (ein wahre Aussage vom ehemaligen Mixologen und Gastgeber des Jahres Mario Kappes). Wer den Job zum Selbstzweck werden lässt, der ist irgendwann nur noch mit selbst beschäftigt und verliert die Lockerheit und Gelassenheit. Aber die braucht es ganz dringend.

Und diese Lockerheit besteht nicht darin, jeden Gast mit „Digga“ anzusprechen und ihm erst einmal einen Chartreuse-Shot hinzustellen, sondern in dem Fingerspitzengefühl, bei allen Gästen erkennen zu können, wie weit man bei ihnen gehen und sie aus ihrem Alttag entführen darf. Viele wollen genau das. Auch viele, denen man es vielleicht nicht sofort ansieht. Denn auch dafür sind Bars da. Ganz im Gegensatz zum Restaurant nebenan, wo die Kollegen noch immer diesen dämlich-antiquierten Vorlegeservice machen müssen.

3) Es ist angerichtet: Gutes Barfood

Leider stehen gutes Essen und Bars oft auf Kriegsfuß. Diese Feststellung ist gar nicht böse gemeint, aber ehrlich. Und sie ist auch nicht die Konsequent daraus, dass Bars und Bartender nichts von gutem Essen verstehen, sondern eher ein Kind des Umstands, dass schlicht und einfach Zeit und Personal fehlen, um gutes Barfood anbieten zu können. Deshalb ist das Essen in vielen hervorragenden Bars allenfalls mäßig. Natürlich gibt es Ausnahmen, wie etwa die grandiosen Snacks im Berliner Lost In Grub Street. Und Hotelbars haben oft den Luxus, auf eine fußballmannschaftsgroße Küchenbrigade zurückgreifen zu können, wenn es um Barfood geht. Freie Bars haben diese Möglichkeit nicht.

Eine gute Bar sollte sich daher überlegen, ob sie sich und ihren Gästen wirklich die allabendlich Ernüchterung angesichts mittelwertiger Speisen oder gar vorbereiteter Sandwiches oder Käseplatten zumuten möchte (die überdies oft auch kalkulatorische Katastrophen sind), oder ob man nicht lieber auf Speisen im eigentlichen Sinne verzichtet. Es wird dann pro Jahr vielleicht drei Gäste geben, die ernsthaft beleidigt sind, dass es nichts „Richtiges“ zu essen gibt. Solange aber alle anderen zufrieden sind, weil sie merken, dass es zu den Drinks echt gute Nüsse oder Oliven gibt, sollte das auch nicht ins Gewicht fallen.

4) Captain Kleider-Hook

Wenn der Autor sich an all die Stunden, Tage und Jahre erinnert, die er hinter und vor diversen Bars verbracht hat, dann gab es keine Frage so oft wie die folgende: „Habt Ihr denn gar keine Haken unter dem Tresen?!“ Der Haken, der gute alte Kleiderhaken unter dem Thekenbrett – er gehört so sehr zur Bar, dass kaum ein Abend vergeht, ohne dass jemand seine Abwesenheit bemerkt. Trotzdem scheinen die Innenarchitekten speziell im 21. Jahrhundert zu denken, er sei nicht mehr angesagt. Blödsinn! Der Haken muss sein.

Denn nicht jeder, der sein Sakko ablegt, mag es an die elf Meter entfernte Garderobe hängen, wo es in Gesellschaft einparfümierter Kunstledermäntel und verschwitzter Jeansjacken einen Duft aufnimmt, den man die nächsten zwei Wochen mit sich rumschleppt. Ebensowenig mag man das Sakko unorthodox über den Barhocker stülpen um dann in den nächsten zwei Stunden mittels des Hinterteils irreversible Knitterfalten in den Jackenrücken zu plätten. Und die Damen haben außerdem das Problem, dass zu große Handtaschen auf dem Tresen stören, eine alte Großmutterregel aber gleichzeitig besagt, dass Handtaschen nicht auf den Boden gehören, weil dann das Geld rausläuft. Ja, die Großmütter. Denen wäre der Fehler mit dem Haken niemals passiert.

5) Mal was anderes

In einer guten Bar wird einfach nicht die ganze Zeit über die Bar gesprochen. Prost!

Credits

Foto: Bild via Wikipedia.

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