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FÜNF! mal „Recht“ haben

Autoschlüssel abnehmen, Unruhestifter rauswerfen, nervende Betrunkene und ein Loch in der Abrechnung wegen der Zechpreller von Tisch 13 — nicht alles am Bartender-Dasein macht Freude. Oft geht es dabei auch um rechtliche Fragen. FÜNF! davon sehen wir uns heute einmal genauer an.

Bei juristischen Themen greift oft der Ausspruch „nicht alles, was gerecht ist, ist auch rechtens“. Auch für Bartender gibt es Situationen, in denen man sich spontan juristische Beratung wünscht. Da die Lage in der Rechtswissenschaft häufig sehr diffus ist und Fakten als verdrehte Halbwahrheiten in den Umlauf kommen, nutzen wir den freien Sonntag, um uns FÜNF! Paradebeispiele anzuschauen, mit denen viele Gastronomen schon einmal Kontakt gehabt haben dürften. Erheben Sie sich!

1) Ist Zechprellerei ein Verbrechen?

Jeder Bartender — überhaupt jeder Gastwirt — kennt leider den unschönen Tatbestand der Zechprellerei. Damit ist nichts anderes gemeint, als ein Gast, der am Ende des Besuches einer Bar seine Rechnung nicht begleicht, oder nicht begleichen kann. Doch ist Zechprellerei automatisch eine Straftat? Die klare Antwort lautet: Nein.

Das deutsche Recht kennt keinen definierten Begriff namens „Zechprellerei“. Wenn ein Gast seine Rechnung nicht zahlt, liegt zunächst die Nichterfüllung eines geschlossenen Vertrages vor. Die Umstände können sich jedoch erheblich unterscheiden: Womöglich ist der Gast wider sein Erwarten tatsächlich nicht in der Lage, zu bezahlen, weil er sich verschätzt oder verrechnet hat. In diesem Falle begeht er eine Handlung, die im ärgsten Fall zivilrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann: In diesem Szenario kann der Wirt seine Forderung gerichtlich geltend machen, sofern er sich durch die Polizei die Personalien beschaffen lässt. In jeden Falle ist der Wirt berechtigt, den Gast festzuhalten (nicht festzunehmen!), bis die Polizei eintrifft.

Zur Straftat wird Zechprellerei erst dann, wenn dem Gast ein vorsätzlich begangener Betrug nachgewiesen werden kann. Ein typisches Beispiel dafür wäre der Gast, der sich heimlich davon schleicht, um sich seiner Zahlungspflicht zu entziehen. Ansonsten sind die Rahmenbedingungen einer Betrugshandlung im Nachhinein aber häufig nur sehr schwierig aufzuzeigen.

2) Darf dem Trinker die Konzession entzogen werden?

Halb Klischee, halb Wahrheit: der saufende Wirt. Doch wie ist es mit der Konzession zum Betreiben einer Kneipe oder Bar bestellt, wenn der Inhaber offensichtlich ein Alkoholproblem hat? Das Gaststättengesetz ist hier eindeutig: wer „dem Trunke ergeben ist“ oder sich darüber hinaus dem Verdacht aussetzt, er könne betrügerisch handeln oder seine Sucht auch auf Gäste übertragen, dem darf die Genehmigung zum Führen eines gastronomischen Betriebs entzogen werden.

Insofern illustriert sich darin auch, dass der Staat mit der Gesetzgebung den Gast und das Personal eindeutig vor alkoholkranken und daher unberechenbaren Arbeitgebern und Wirten schützt — wer ein Alkoholproblem hat, der ist nicht berechtigt, eine Bar zu führen.

3) Der Bartender in der Pflicht — kein Alkohol für Betrunkene?

Darf der Bartender offensichtlich stark alkoholisierten Gästen auf deren Verlangen noch weiteren Alkohol ausschenken? Diese Frage wird häufig gestellt, während parallel Schlagworte wie „Fürsorgepflicht“ oder ähnliches in Stellung gebracht werden. Diese meint jedoch etwas anderes. Tatsächlich ist aber auch zur eigentlichen Frage eine klare Antwort im Gaststättengesetz zu finden, denn dem Wirt ist es untersagt, „in Ausübung eines Gewerbes Alkohol an erkennbar Betrunkene zu verabreichen“. So weit die graue Theorie. Aber die Unwägbarkeiten sind nahezu unüberschaubar.

Der Gastwirt hat das Recht, Alkohol auszuschenken. Gleichzeitig handelt er dadurch mit einem Gift und erhält durch die Vorschrift eine Verantwortung als Unternehmer, die auf der Tatsache fußt, dass übermäßiger Alkoholkonsum nicht nur den Konsumenten schädigen könnte, sondern auch auf jenem Umstand, dass viele Straftaten unter Alkoholeinfluss vonstatten gehen.

Tatsächlich ist es sehr unwahrscheinlich, dass ein Wirt rechtlich belangt wird, sei es, weil jemand durch Alkohol zu Schaden kommt, oder — und auch das wäre möglich — weil der Wirt einer mittelbaren Täterschaft an einer Straftat bezichtigt wird. Wichtig ist: diese Vorschrift betrifft den Betreiber (also den Wirt), nicht seine Angestellten. Generell sollte aber allein die Vernunft zum gelegentlichen „Nein-Sagen“ führen, auch wenn dies zu mitunter aufgebrachten Besoffenen führt.

4) Hausverbot

Im gleichen Maße, wie einige Gäste es für unnötig halten, zu bezahlen, gibt es auch immer wieder solche, die denken, dass Alkoholgenuss ein Freifahrtschein für unangebrachtes Verhalten sein kann. Für derartige Fälle (und viele andere) existiert für einen Gastronomen das Mittel des Hausverbots. Als Pächter oder Inhaber der Immobilie verfügt der Wirt über das Hausrecht. Er hat damit die Möglichkeit, Personen durch ein Hausverbot den Zutritt zu diesem öffentlichen Raum zu Verweigern, sofern er diese Verweigerung begründen kann. Gleichzeitig muss er der mit einem Verbot belegten Person gegenüber keine Rechenschaft über die Gründe ablegen. Übrigens kann der Wirt das Hausrecht auf alle Mitarbeiter wie Bartender, Kellner und natürlich Türsteher übertragen.

Das Verbot kann dabei sowohl punktuell als auch zeitlich unbegrenzt verhängt werden. Beim Aussprechen eines langfristigen Hausverbotes ist es allerdings ratsam, die Anschrift der betreffenden Person zu ermitteln. So kann das Verbot schriftlich ausgesprochen und durch ein Einschreiben mit Rückschein beweisfest zugestellt werden. Sollte die betreffende Person dann versuchen, sich trotzdem Zugang zur Bar zu verschaffen, kann ein Strafverfahren wegen Hausfriedensbruchs angestrengt werden.

5) Die Geschichte vom Autoschlüssel

Immer wieder sieht man in Filmen, wie ein Bartender vom angetrunkenen Gast die Autoschlüssel zur Verwahrung einfordert und an sich nimmt. Auch dazu gibt es viele Gerüchte. Oft heißt es, diese Berechtigung würde in den USA existieren, nicht aber in Deutschland. Tatsächlich ist die Angelegenheit sehr verzwickt. Auch eine Anfrage bei der Berliner Polizei bringt nur ein wenig Licht ins Dunkel.

Kündigt ein betrunkener Gast an, er wolle noch ein Auto führen, so ist ihm durch den Bartender natürlich stets als erstes davon abzuraten. Dann wird es aber schon problematisch, denn es handelt sich nur um die Ankündigung — zumal um die eines Betrunkenen!

Die Frage, ob der Bartender nun den Autoschlüssel einfordern oder sich gar gegen den Willen des Gastes nehmen darf, ist komplexer juristischer Natur: einerseits wird dem Gast sein Eigentum gegen seinen Willen abgenommen, andererseits geschieht dies, um ihn und Andere zu schützen. Sollte die Gelegenheit es zulassen und der Verdacht begründet sein, ist es angebracht, unverzüglich die Polizei zu rufen, die befugt ist, den Schlüssel zu beschlagnahmen und sicherzustellen.

Laut Polizei kann jedoch der Gastronom, der den Schlüssel gegen den Willen des Gastes verwahrt, in aller Regel damit rechnen, dass er im Nachhinein nicht rechtlich belangt werden kann. Zu einer etwaigen Mitschuld des Bartenders bei Folgen von Alkohol am Steuer gibt es, sowohl unter Anwälten als auch Gerichten, unterschiedlichste Lesarten. Tatsächlich scheint aber mit ziemlicher Sicherheit zu gelten: wer den Schlüssel — auch im Streit — an sich nimmt, macht sich nicht strafbar.

Credits

Foto: Themis via Shutterstock. Postproduktion: Tim Klöcker.

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