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Imperii Leipzig — von Kaisern, Historie und der Regionalität

André Pintz hält die Barwelt in Atem. Nach einem wilden Jahr und unzähligen Erfahrungen ist für den jungen Leipziger nun das nächste Kapitel dran: die eigene Bar. Was sich hinter dem klangvollen Namen „Imperii“ verbirgt und was in die Gläser kommt, erklärt uns Pintz im ausführlichen Gespräch. Ein Vorbericht von der Baustelle.

Das letzte Jahr war turbulent für André Pintz. Nach dem umjubelten Sieg bei der Made in GSA Competition und der damit verbundenen Reise zu den Tales of the Cocktail in New Orleans ging es für den gebürtigen Thüringer als Jägermeister-Stipendiat stürmisch weiter, und zwar für ein halbes Jahr in die Pariser Bar Candelaria. Nun ist Pintz zurück in seiner Wahlheimat Leipzig. Doch ausruhen mag er sich nicht. Hier eröffnet demnächst Leipzigs neues Cocktail-Imperium. Oder richtiger: Imperii.

Zurück nach vorn: Leipzig, meine Liebe!

„Natürlich hätte ich nach meiner Rückkehr aus Frankreich auch wieder an meinem alten Arbeitsplatz im Steigenberger Hotel anfangen können. Ansonsten hätte ich umziehen müssen, um mich weiterentwickeln zu können“, erläutert Pintz seine Situation am Ende vergangenen Jahres. „Doch beides wollte ich nicht, vor allem Letzteres nicht, da ich mich in Leipzig einfach sehr wohl fühle.“

Weil der charismatische Barmann mit dem charmanten Knabengesicht jedoch weiter nach vorne schauen wollte, stehen die Weichen nun bereits seit einiger Zeit in Richtung Selbstständigkeit. Mittlerweile wird es konkret, sodass es auch schon über die sozialen Kanäle flackert: André Pintz eröffnet, gemeinsam mit mehreren Gesellschaftern, das „Imperii“.

Zwischen Rittern und Händlern

„Mit der Lage sind wir natürlich absolut gesegnet“, freut sich André. „Das Imperii wird sich in bester Innenstadtlage am Oelßner’s Hof, dem ältesten Handelshof der Stadt zwischen Ritterstraße und Nicolaistraße, befinden. Oelßner’s Hof war bislang noch unsaniert, und wir sind sehr froh, mit dem Imperii nun einen neuen Anbau an diesem geschichtsträchtigen Gebäude beziehen zu können.“

Eine vollmunidge Ansage: Historie, Kaufmannstum, Lusxus. Kann dieses Versprechen eingehalten werden? Immerhin hat André Pintz aber in den letzten Monaten mit New Orleans, London und Paris einige Hot Spots der internationalen Cocktailszene sehen dürfen, was positiv hoffen lässt. „Es fließt von allem ein bisschen mit ein“, erklärt der 29-jährige Unternehmer. „Wir werden einen klassischen Hauptgastraum mit viel Holz, Kupfer und Messing, sowie eine gemütliche, versteckte Zigarrenlounge haben. Dabei denke ich vor allem an New Orleans. Ein besonderes Juwel wird die Champagnerlounge im Mezzaningeschoss über dem eigentlichen Gastraum sein“, lässt er ein wenig Pariser Eleganz erahnen. Insgesamt denken wir an frankophile Leichtigkeit.

Bar & Food — aber kein Barfood!

Doch die Bar scheint nicht mehr „genug“ zu sein: „Aufgrund unserer Lage wäre es schon ein grober Fehler gewesen, die räumliche Situation nicht voll auszuschöpfen. Wir haben hier im Umfeld unheimlich viel Business, Hotels, Tagungsräume — und nicht zu vergessen die Messeveranstaltungen der Stadt! Auch deshalb haben wir uns dazu entschieden, das Imperii eben nicht nur als Bar mit kleinen Snacks, sondern als vollwertiges Restaurant und Bar zu planen.“

Das Speisenkonzept fügt sich mit seiner Orientierung an neuer Interpretation deutscher und regionaler Küche nahtlos in einen der großen Food-Trends ein, jedoch ohne zum Dogma zu mutieren: „Ich bezeichne das gern als ‚optimal-regionale‘ Küche, aber nicht zu kompliziert oder minimalistisch, sondern ehrlich; gerne auch mit Fingerfood-Lösungen. Wir wollen da auf unsere Gäste zugehen, anstatt es sperrig zu gestalten“, meint Pintz. Den mittlerweile völlig zu recht stark in Ungnade geratenen, effektheischenden Türmchenbau auf überdimensionierten Tellern haben geneigte Genießer also glücklicherweise nicht zu erwarten.

Die Karte als System

Für André Pintz, den angehenden Barmanager des Imperii ist natürlich eine andere Baustelle noch weitaus wichtiger — wobei „Baustelle“ schon fast der falsche Ausdruck zu sein scheint, denn „die Cocktailkarte steht bereits zum größten Teil.“ Schlägt sich denn der regionale Gedanke auch in der Barkarte nieder? Eine berechtigte Frage, besonders Angesichts des oben erwähnten Competition-Sieges. „Teilweise wird sich das schon finden, aber es wird nicht dominieren,“ räumt André ein. „Die Karte wird in sechs systematische Kategorien unterteilt sein. Innerhalb dieser Rubriken habe ich selbst zwei persönliche Favoriten, nämlich einerseits die Kategorie ‚Street Market‘ und auf der anderen Seite die ‚GSA-Collection‘, in der es dann tatsächlich darum geht, heimische Produkte in Szene zu setzen.“

Und was haben wir uns unter „Street Market“ vorzustellen? „Mir ging es darum, bestimmte Street Markets auf der Welt, die ich schon besuchen durfte, in einem Drink festzuhalten. Jeder dieser Drinks ist etwa ausschließlich mit Zutaten aus seinem Herkunftsland konzipiert.“ Daneben wird es die weiteren Rubriken „Imperii Signatures“, „Vintage Classics“, „Highballs & Refresher“ sowie die „Aroma Experience“ mit experimentellen Arbeitstechniken geben, hinzu kommt eine sorgfältig zusammengestellte Auswahl an Champagner.

Der kaiserliche Weg zu guten Cocktails

Und was hat es nun mit dem rätselhaften Namen auf sich? All jene, die zu Schulzeiten Bekanntschaft mit der Strenge des Lateinlehrers gemacht haben, werden sich vielleicht fragen: Genitiv Singular oder Nominativ Plural von „Imperium“, also dem Kaiserreich? Müssen wir uns letztendlich auf eine geschichtsbewusste Bar samt Sprachstunde gefasst machen? Wir entlocken André ein Schmunzeln, bevor er aufklärt: „Tatsachlich liegt der Ort, an dem das Imperii seine Tore öffnen wird, nur wenige Meter von der Stelle entfernt, an der sich zur Zeit des antiken Roms die beiden wichtigsten, goldenen Handelsstraßen des Kaiserreichs kreuzten: die Via Regia, die von Westen nach Osten führte, und die Via Imperii, die das Reich von Norden nach Süden durchmessen hat.“

Diesem Zufall, fast auf den Meter genau an der Schnittstelle jener zwei Schlagadern römischer Kultur gelegen zu sein sowie dem Umstand, sich mit der Region und der Stadt zu identifizieren, möchte man nun durch den markanten, eingängigen Namen „Imperii“ Tribut zollen. Ohne hohle Formel und ohne herbeigezogenes Konstrukt — Regionalität kann weltläufig klingen.

Auch, wenn die Karte schon steht, haben Pintz und seine Kollegen in den nächsten Wochen noch alle Hände voll zu tun: „Der Estrich ist bereits gegossen, sodass wir nun mit dem Innenausbau beginnen können.“ Auch das Team steht bereits, zwei feste Bartender werden fürs Erste an Andrés Seite stehen um die Crew hinterm Brett zu komplettieren.

Von wegen Sommerloch!

Wenn alles so läuft, wie geplant, dann werden André Pintz und seine Partner bereits ab Mitte Juni ihre Gäste an goldenen Leipziger Sommerabenden begrüßen können. Für den angehenden Barbetreiber ein Grund zu großem Optimismus: „Leipzig ist zwar keine große Bar-Stadt, aber es hat sich in den letzten Jahren vieles getan. Auch die Stadt als Ganzes ist unheimlich ‚gewachsen‘ und weltoffen. Ich denke, die Stadt ist reif für das Imperii.“ Wie Rom wurde auch das Imperii nicht an einem Tag erbaut. Aber die Stadt am Tiber hatte dann ja auch lange Bestand.

Credits

Foto: Imperii

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