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Die IPA Bar in Neukölln

Gib mir ein IPA! In Berlin-Neukölln eröffnete jüngst eine neue Craft Beer Bar, die sich ganz auf India Pale Ales spezialisiert hat. Wir haben uns die neue Bierschänke angesehen und IPA-Bar-Macher Christian Dierken zum Konzept befragt.


Berlin ist im Bar-Fieber. Und es sind nicht nur neue Cocktailbars, die aus dem Boden sprießen. Nein, auch Bier ausschenkende Lokale, die sich früher ein „Pub“ über die Tür geschrieben hätten, möchten plötzlich Bars sein oder bekommen von der progressiven Bier-Trinkerschaft der Hauptstadt dieses Attribut großzügig zugeschrieben.

Die Bierkneipe wird zur Bar

Das im letzten Jahr von den Szimpla-Machern gestartete Hopfenreich sollte etwa die „erste Craft Beer Bar“ in Berlin sein, auch, wenn das Sortiment und Interieur eher rustikal und kneipig daherkommt. Nichtsdestotrotz sprudelt dort nun eine kreative Frische aus dem Hahn, die man in dieser Vielfalt vorher noch nicht kannte in „Bierlin”. Entsprechend gibt sich dort derzeit auch die Hopfenvernarrte Szene die Klinke in die Hand.

Vom Erfolg dieses Projektes beseelt, holten Attila Kiss und sein Team, die auch das Berliner Braufest veranstalten, zum nächsten Streich aus und installierten im fernen Neukölln, an der von tiefergelegten Testosteron-Karren beschallten Döner-Meile Karl-Marx-Straße, eine weitere Bier-Bar. Eingerichtet und organisiert hat die neue IPA Bar jene Amerikanerin namens Erin Bafigo, die auch im Hopfenreich bereits die Zapfzügel in der Hand hatte.

Business und Herz

Für Bafigo, die mehrere Jahre in der IPA-Hochburg Portland gelebt hat, war die neue Neuköllner Tränke ein Herzensprojekt. Rund sieben Wochen nach Eröffnung hat die laut eigener Aussage auf Eröffnungen und neue Projekte spezialisierte Gastronomin das Management nun in die Hände von Christian „Brauheld“ Dierken gelegt.

Helles statt Hopfenbombe

Die von außen unscheinbare Bar überraschte beim Besuch mit einem äußerst kleinen Tresen. Hier also sollen die von den Machern angekündigten 100 India Pales Ales über den Tresen gehen? Schwer vorstellbar. Wie auch beim Kreuzberger Hopfenreich betrachtet das Betreiber-Team bei der Neuköllner Außenstelle eine Eröffnung als einen offenen Prozess. Die Zapfanlage war beim Besuch noch nicht installiert worden, weshalb es vor Ort aus einer provisorischen Zapfmaschine ironischerweise nicht mal ein India Pale Ale, sondern einzig ein Berliner Helles von Brlo gab.

Diesem Umstand soll laut Dierken, einem gelernten Diplombraumeister, aber demnächst abgeholfen werden. Am Tresen wird es dann „vier Zapfhähne mit IPAs“ geben. Die Auswahl erleichtern will man zudem mit einem Tagesangebot von jeweils fünf weiteren Bieren.

Ungeahnte Größe

Verlässt man den Tresen und tritt durch den rechts davon befindlichen Türbogen, ist man überrascht von der Größe des Lokals. Ein langer Schlauch, bestückt mit einfachen Holztischen und –stühlen öffnet sich hier. Die Wände teilweise sind verkleidet mit umfunktionierten Dielen. Dieser Bereich wird, so Manager Christian Dierken, für monatliche Auftritte von Bands genutzt werden. Die eigentliche Krone der IPA Bar ist aber der Garten, der einem völlig verborgen bliebe, würde man sich am Hopfiges bietenden Tresen festtrinken.

Das versteckte Nacht-Juwel

In diesem dunklen, von nur wenigen Kerzen erhellten Quader im Hinterhof kann man herrlich in der Berliner Nacht versacken. Einzig der Weg zum Tresen ist lang. Denn Tischservice bietet man in der neuen IPA Bar nicht. Aber auch hier wird Abhilfe versprochen. Künftig sollen ein kleiner Tresen mit zwei Zapfhähnen und dem Tagesangebot auch den Durst im Garten stillen.

Das Provisorium als Konzept?

Mit ihrer Art von (un-)gewollter Unfertigkeit ist die neue Craft Beer Bar ein typisches Berliner Projekt. Die von der hauptstädtischen Bierenthusiasten-Szene so großzügig vorab verteilten Bierlorbeeren wiederum kann der Autor — Eröffnungsschwierigkeiten hin oder her — angesichts der gastronomischen Erfahrung der Inhaber nicht nachvollziehen. Für 4,50 Euro für eine kleine Flasche IPA muss man nicht quer durch die Stadt fahren. Gerade auch, wenn das Personal zwar freundlich ist, aber von der Ware, die es ausschenkt, nicht viel Ahnung zu haben scheint.

Die Neuköllner können sich allerdings über eine gehobene Biertränke in ihrem Kiez freuen und über einen wunderschönen Bar-Garten, in dem ein Date bei einem duftig-hopfenden Getränk sicher einen perfekten Ausklang findet. Und sollten die Zapfhähne endlich sprudeln, werden auch wir sicher wieder vorbeischauen.

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