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Der Puppenspieler in der KasBar

Um Theater handelt es sich trotz des Namens nicht, wenn Justin Bewersdorf und sein Team die Tür der KasBar öffnen. Eine neue Perle im Ruhrgebiet.Über Cocktailkultur in einer großen Kleinstadt, und darüber, wie der Rausch aus einem Musikproduzenten einen leidenschaftlichen Barbetreiber gemacht hat. 

Bottrop. Zweifelsohne eine dieser vielen deutschen mittelgroßen Städte, die neben Castrop-Rauxel und Oer-Erkenschwick mit einem klangvollen Namen versehen wurde. Zwischen Essen und Duisburg gelegen, musste der wandelnde Trinkreisende in der Einöde Bottrops stets eine Wüste an gehobener Barkultur vorfinden. Doch seit nunmehr acht Monaten hat sich eine sprudelnde Oase aufgetan, die Zufluchtsort und moderne Gasfreundschaft verheißt. Vorhang auf für die KasBar.

In der Provinz der Trinkkultur?

„So ist das immer mit den Ideen. Diese hier ist aus dem Rausch aus entstanden. Wir haben so gegrübelt und nach passenden Wortspielen gesucht und irgendwann stand dann KasBar auf dem Zettel“, so Barchef und Gründer Justin Bewersdorf. Dabei war der Strippenzieher der KasBar zuvor alles andere als Wächter seines Theaters. Nebenbei, seit seinem 16. Lebensjahr mit einem Fuß in der Gastronomie, begann Bewersdorf kurz nach seinem Wehrdienst zunächst ein Studium als Diplom-Musikproduzent. „Wäre die Sache mit der eigenen Bar früher gekommen, dann hätte ich es wohl abgebrochen“, so der noch heute eingeschriebene Student und Barchef.

Doch die Bar kam. Und mit ihr Heerscharen an Gästen. „Am Eröffnungstag hatte wir hier 600 Leute vor der Tür, gehobene Barkultur mit ausgiebiger Karte war die ersten drei Monate praktisch gar nicht möglich“,  so der junge Bartender ehrlich. Auch die von Gästen häufig ausgehenden falschen Vorstellung von Happy Hour oder Sex on the Beach auf der Karte ließen Bewersdrof und sein Team das Konzept sorgfältig ausarbeiten und mit noch mehr Bedacht umsetzen: „Bottrop ist keine Kleinstadt, doch geht es hier mitunter zu wie in einem Dorf. Jeder kennt jeden. Und findet einer die Bar schlecht und kommuniziert das, bleiben gleich mehrere Gäste aus.“

Auf neuen Wegen in der KasBar

So ist die Karte zwar als Zugeständnis an den Standort zu sehen, doch unterliegt sie trotz all dieser Vorbehalte einem stetigen Wandel und werde laut dem 22 Jahre alten Bottroper alle zwei Monate modifiziert. „Wir wollen weg vom Süßen und mehr in die klassische, aber auch ausgefallenere Richtung gehen“, erklärt er.

So ist die Entscheidung vom Mainstream hin zum Individualismus in der Bar nicht nur aufgrund der städtischen Situation sondern gleichermaßen im Hinblick auf die Tatsache, dass das KasBar-Team rund um Bewersdorf alle absolute Neulinge am Brett sind, eine mutige. Seine vier Bartender habe er zu Cocktail-Guru Peter Schütte zu zahlreichen Workshops und Barschulungen geschickt, gesteht der Jungchef selbstbewusst.

Ein wahres Plus der Bar ist ihre Lage. Städtisch in der Fußgängerzone Bottrops gelegen, profitiert sie wie all die anderen Gaststätten auch durch den sogenannten Feierabend-Markt (ein im Zwei-Wochen-Turnus stattfindender Markt, der die Fußgängerzone mit einem Mehr an Gästen aufwerten soll). Hier ist die KasBar sogar mit einem eigenen Stand vertreten.

Industriechic und Lokalkolorit 

Konzeptionell stechen die klaren strukturellen Linien der Bar besonders heraus. Klassisch und doch modern zugleich, werden hier zwei unterschiedliche Stilformen zusammengeführt, die mit komfortablen Couches auf der einen Seite Wohnzimmeratmosphäre versprechen und durch die industriell gehaltenen Stehtische auf der anderen Seite Tribut an die vergangenen Tage der Region zollen. Highlight und gewiss besonders ansehnlich: der Hobeltisch in der Mitte des Raumes. Ein Originalstück von 1880, an dem bis zu acht Gäste in tafelähnlicher Atmosphäre der Barkultur im Pott frönen können. So vereint es Freunde und führt Unbekannte zueinander. „Ideal für eine heimelige Kommunikation“, meint auch Justin Bewersdorf.

In ein solches Konzept passt einfach keine Happy Hour, ist sich der Gründer sicher. „Wenn die Preise runtergehen, dann wird auch das Publikum jünger und damit schwindet wiederum das Verständnis von einem guten Drink. Auch von unserem Wareneinsatz sind wir dafür zu ‚premium‘“, findet Bewersdorf. Das Ziel sei es vielmehr, bei den Gästen ein wenig das Tempo rauszunehmen und diesen zu vermitteln, dass ein guter Drink durchaus seine Zeit erfordere.

Auf den Brettern, die die Welt bedeuten?

Was die Auswahl der Cocktails auf der Karte betrifft, so vollführt die KasBar einen Spagat zwischen rein klassischen Drinks wie Bramble, Negroni oder Margarita und markanten Eigenkreationen wie dem „Attithyde“ (Thymian, Rum, Orangenmarmelade) oder der „Honigmelone“ aus Gin, Holunder, Honig und Melonenlimonade.

Die Motivation, der Ausgangspunkt einer jeden erfolgreichen Operation zwischen Shakern und Rührgläsern, ist – so einfach es klingen mag – der Spaß an der Sache und auch die Tatsache, dass Gäste sich seiner Philosophie annehmen und wiederkommen.

Für die Zukunft plant das Team zusätzlich die Integration spezieller Events (Poetry Slams, Live-Musik) in den Baralltag. Darüberhinaus werde es ab Februar neben Drinks auch eine Weinkarte geben.

Thematisch stellt die KasBar in Bottrop wahrlich gelungen ihre eigene Interpretation gehobener Barkultur vor. Als Glanzlicht gelingt es ihr, den Gästen eine Atmosphäre zu bieten, die in dieser Form in jenem Ort gänzlich unbekannt scheint. KasBarle-Theater? Keineswegs. Eher digital und zeitgemäß.

Credits

Foto: KasBar

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