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o.T. Bar Stuttgart Dino Zippe

Rückkehr mit Ambition: Dino Zippe und die o.T. Bar

Der Rücktritt vom Rücktritt? Dino Zippe ist wieder zurück in der o.T. Bar Stuttgart. Warum er dort aber keine Cocktails mehr mixt und wie seine neue Position die Bar im Kunsthaus verändern wird, erzählt der ehemalige Monkey 47-Ambassador auf MIXOLOGY ONLINE.

Es geht hektisch zu am Kleinen Schloßplatz in Stuttgart. Doch es wird keine neue Ausstellung eingerichtet im 2005 eröffneten Kunstmuseum; vielmehr färbt der Titel von Melanie Dorfers Schau „Frischzelle_23“ offenbar auch auf die Bar im Glaskubus ab. Denn die ikonische o.T. Bar Stuttgart „will zurück auf die deutsche Bar-Landkarte“. Der Mann, der das sagt, darf sich die kecke Ansage leisten: Dino Zippe kennt die Location, deren Tresen er ab sofort wieder bespielt, bestens. Acht Jahre hatte er in der minimalistischen Bar „ohne Titel“ gearbeitet, ehe er in Diensten des Schwarzwald-Gin Monkey 47 um die Welt jagte.

Die Entscheidung zur Rückkehr, bevor jetzt wieder jemand das Gras wachsen hört, hat nichts mit dem Einstieg von Pernod Ricard bei Alexander Steins Gin-Erfolgsmarke zu tun. Dafür aber viel mit persönlicher Lebensqualität. „Ich will meinen Sohn jeden Tag sehen und nicht immer aus einer anderen Stadt mit ihm telefonieren“, spricht er offensiv ein Thema an, dass die Branche oft genug verschweigt: Wie sieht es mit der persönlichen Work-Life-Balance (egal, ob man das Wort jetzt mag) im Nachtgeschäft aus? „Ich habe natürlich immer wieder Sachen gehört“, letztlich habe das Angebot der „Rauschenberger Catering & Restaurants“, die mit 250 Mitarbeitern deutschlandweit aktiv sind, den Ausschlag gegeben.

Dass Rauschenbergers Verständnis für die Mitarbeiter letztlich die Rückkehr begünstigte, zeigt die ausgehandelte Arbeitsregelung mit Dino: „An zwei Tagen bin ich um 18 Uhr zu Hause und an den drei Tagen, an denen ich spät arbeite, kann ich in Zukunft mit meiner Frau frühstücken oder den Tag mit dem Kleinen verbringen.“ In der neu kreierten Funktion als Barchef/Gastgeber wird man Dino allerdings in der o.T. Bar Stuttgart nicht mehr selbst am Shaker sehen. Abrechnungen, Dienstpläne, Einkauf und die gesamte Administration liegt bei ihm, an den drei Tagen in der o.T. Bar Stuttgart wird er völlig freigespielt agieren.

Conférencier in Sachen Cocktails

Wer sich Zippe jetzt von Donnerstag bis Samstag als „Grüßaugust“ vorstellt, hat die Neuausrichtung nicht kapiert. „Ich finde es viel effektiver, wenn derjenige, der die Drinks kreiert, diese den Gästen selbst nahe bringt.“ Von der größeren „Reichweite“ über die wenigen am Mix-Platz Platzierten hinaus erhofft man sich eine der größten Neuerungen in der Kommunikation. Nebenbei: Dass der Schwabe eine Frohnatur ist, können wohl viele Bartender rund um den Globus bestätigen, nun wird er auch den Gästen wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubern.

Dass man im Württembergischen nicht im Konjunktiv denkt, sondern die Ärmel hochkrempelt, bestätigt der Fahrplan der Museumsbar: Mit einer kleine Karte mit vier neuen Drinks wird schon jetzt gestartet – „damit die Gäste einen Eindruck haben, wo die Reise hingeht. Bis zum Winter 2017 wird die Cocktailkarte komplett überarbeitet, am Ende soll es – bei aller Pflege der klassischen Rezepturen – 50 Eigenkreationen geben. „Orientieren wollen wir uns an den Bars der Welt“, schließlich habe er genug Einflüsse aus seiner Zeit als Brand Ambassador mitgebracht. Vor allem die gute, alte Mis en place wird mit dem Küchenteam (im gleichen Haus findet sich auch das Rauschenberger-Restaurant „Cube“) wiederbelebt. Neben Infusionen und Essenzen (z. B.: Pflaumen-Vanille-Essenz auf Bourbon-Basis) steht die Zusammenarbeit mit Köchen bzw. der Patisserie „ganz oben auf der Liste.“ Und zwar von Food Bloggern bis zur Sterne-Gastronomie. Gast-Schichten internationaler Bartender werden ohnehin bereits verhandelt.

o.T. Bar Stuttgart – Sake, Mezcal und gute Stories

Die Hardware hat Zippe jedenfalls schon auf den Schloßplatz verfrachtet, über 400 Spirituosen werden sich am Ende in der Back-Bar finden, „darunter auch einiges aus meiner privaten Sammlung, Fassabfüllungen, aber auch die Klassiker zum Purverkosten.“ Um die Software macht er sich zurück an der alten Wirkungsstätte wenig Sorgen: „An Geschichten zu den Drinks mangelt es nicht.“ Zippes neue Faszination für Sake, die er aus Asien mitgebracht hat, soll ebenso einfließen wie Geschichten rund um Mezcal, den er zu schätzen gelernt habe.

In Stuttgart selbst habe sich in den letzten fünf Jahren unglaublich viel getan. „Ich selbst liebe diese Stadt mit all ihren Stärken und Schwächen. Gastronomisch müssen wir uns auf keinen Fall verstecken, und die Gäste wissen gute Drinks von Jahr zu Jahr mehr zu schätzen“, freut sich Zippe auf das Comeback in der o.T. Bar Stuttgart. Die Abstimmung mit der Bar-Crew ist bereits erfolgt, „denn der Service muss mit der Karte arbeiten, darauf sind wir ausgelegt.“ Dieses Credo könnte er sich bei einem anderen Ausstellungstitel in seiner neuen/alten Wirkungsstätte abgeschaut haben: „Konkrete Anliegen“ läuft noch bis zum 17. September im Kunstmuseum Stuttgart.

Credits

Foto: Rauschenberger

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