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Ich glaub’, ich steh’ im Schwarzwald

Der erstmals ausgetragene Schwarzwald Bar Cup wurde von Willi Schöllmann, Betreiber des Haus Zauberflöte, ins Leben gerufen. Das Ziel: Regionalität, Geselligkeit und Austausch. Natürlich kam auch die Innovation nicht zu kurz. Am Ende durften sich alle als Sieger fühlen. Vor allem aber Paul Sieferle aus Mannheim.

Ein Sommer der faszinierenden Wettbewerbe liegt hinter Cocktail-Deutschland. So viele Marken wie selten riefen an die Shaker und forderten kreative Drinks und originelle Präsentationen. Stellenwert und Bedeutung wachsen, wie auch die Anforderungen und der Aufwand, den die Bartender erfüllen und betreiben müssen. Wie bemerkte doch der Diageo World Class Gewinner Erik Lorincz über die großen Wettbewerbe: „Der Wettbewerb kann dein Leben verändern!“

AUF IN DEN SCHWARZWALD

Ein Wettbewerb darf aber auch einfach nur die Community der Bartender bereichern. Geselligkeit, Austausch und Inspiration sind dabei herrliche Bestandteile. Wenn der Wettbewerb dann noch für Innovation in Konzept und Getränk steht, dann ist das umso feiner. Das dachte sich auch Willi Schöllmann aus Offenburg im Schwarzwald, Betreiber von Haus Zauberflöte und Schoellmanns Bar & Küche, und setzte kurzerhand seinen Plan in die Tat um, die Ortenau-Region als festen Platz  der Getränkekultur auf der Bar-Landkarte zu verankern. Rasch waren mit dem Spülgeräte-Hersteller Meiko und dem Schwarzwald Sprudel zwei ortsansässige Sponsoren gewonnen, mit deren Unterstützung der Wettbewerb ins Rollen kam und mit einem attraktiven Preisgeld lockte.

Die Region rings um den Schwarzwald sollte daher auch die zentrale Rolle in der Herausforderung für die Cocktail-Kreativen spielen. Wie lauten noch die Zeilen im volkstümlichen Schwarzwald-Lied: „O Schwarzwald / dein Zauber bleibt ewig uns neu / drum lieb ich dich innig / dich lieb ich getreu“. Reich an Geschichten, Erzeugnissen, Spezialitäten und Möglichkeiten, mussten sich die Teilnehmer aus diesem Füllhorn bedienen und bei Geschichte und Zutaten einen möglichst köstlichen Bezug herstellen. Die Sorge des Veranstalters, die eingereichten Wettbewerbsbeiträge seien im Wesentlichen dekonstruierte Schwarzwälder Kirschtorten oder bestünden ausschließlich aus der regionalen Ikone, dem Monkey 47 Gin, bestätigte sich nicht.

BEEREN, NÜSSE, TANNEN

Die Teilnehmer zauberten tatsächlich den Schwarzwald aus den Shakern und Rührgläsern. Hölzer, Beeren, Nüsse, Tannennadeln und Lagerfeuer überraschten die Jury, bestehend aus Willi Schöllmann, Boris Gröner, Jonas Stein und dem Verfasser dieser Zeilen. Filigrane Obstbrände, kraftvolle Schinkenräucheraromen oder subtile Moosnoten überzeugten sie dann auch. Dazu kamen charmante Geschichten zum Schwarzwald, Kindheitserinnerungen, augenzwinkernde Klischees und Pfadfinder-Romantik. Das Publikum und die Medienvertreter, die reichlich in das Haus Zauberflöte mit seiner eleganten Bar geströmt waren, lauschten gebannt und konnten es kaum erwarten, die fertiggestellten Cocktailinnovationen zu verkosten, nachdem die Jury die Kreationen unter die Lupe genommen hatte.

Nach einer harten und umfangreichen Vorauswahl waren die Finalisten aus allen Teilen Deutschlands angereist, von Potsdam bis Köln, von Düsseldorf bis Frankfurt. Dazu einige Lokalmatadore aus Mannheim, Freiburg, Ludwigsburg und dem Europapark Rust.

ALLER GUTEN DINGE

Lange tagte das Gremium der Juroren. Die Kür der Siegerplätze fiel alles andere als leicht. Ursprünglich waren nur Auszeichnungen für die Plätze eins und zwei vorgesehen. Da die Teilnehmer teilweise so eng beieinander lagen, beschloss Veranstalter jedoch Willi Schöllmann kurzerhand, doch noch einen dritten Platz auszuzeichnen.

Aber die Wettbewerber mussten sich noch gedulden. Erst am Folgetag luden die Spülgeräteexperten der Firma Meiko zu einem opulenten Frühstücksbuffet, um im Anschluss in den Räumlichkeiten des Unternehmens die Preisverleihung zu zelebrieren. Der spontan ins Leben gerufene dritte Platz ging an Marina Hofacker aus der Schwarz Weiß Bar in Ludwigsburg für ihren „Grammy’s Violet“, der in einen Obstgarten entführte und einen Mirabellenbrand mit Bergamotte und Veilchen umschmeichelte.

Den zweiten Platz widmete Jan Jehli aus dem The Parlour in Frankfurt am Main seinem Großvater. „Großvaters Garten“ hieß der Cocktail, der komplex und balanciert mit Zutaten wie Wildkirschwasser, Gurkengeist und Verjus spielte.

Der verdiente Siegerdrink kam aus Mannheim, wo Paul Sieferle mit dem Sieferle & Sailer eine originelle Mischung aus Cocktailbar und Barbershop betreibt. Der Name „Schwarzwald 75“ verrät ein wenig die Inspiration für den schaumweinbekrönten Drink, der zudem mit Pfirsich, Piment und Wermut betört.

ES LEBE DIE REGIONALITÄT

Ein herrlicher Wettbewerb ging erfolgreich zu Ende und wird 2017 gewiss eine Neuauflage erleben, um den Schwarzwald erneut zum Motto und zum Austragungsort heimatverbundener Cocktailkreationen werden zu lassen. Willi Schöllmann freut sich über den Erfolg der Veranstaltung und über künftige Kollaborateure: „Die Resonanz auf den Schwarzwald Bar Cup war herausragend, auch das Interesse vor Ort war überwältigend. Ich freue mich auf das nächste Jahr und würde mich freuen, wenn es eventuell eine Wanderveranstaltung wird, die abwechselnd in unterschiedlichen Bars der Schwarzwald-Region stattfindet.“

In den Küchen der Republik ist Regionalität derzeit das angesagte Dauerbrenner-Thema, eine wachsende Zahl von Genießern liebt es, die Produkte der jeweiligen Region in ihrer entsprechenden Saison zu erleben. Im Barbereich entdecken immer mehr Bartender die Möglichkeiten dieser köstlichen Thematik. Dennoch sind Sortiment und Kenntnis bei Rye Whiskey oder Mezcal immer noch ausgeprägter als bei heimischen Obstbränden.

WARUM NICHT MAL EINE COCKTAIL-LANDPARTIE

Auch andere Regionen können mit spannenden Traditionen, Zutaten und Ideen aufwarten. Kürzlich bewies dies auch Grand Marnier, das mit einem Wettbewerb an der Warnemünder Ostseeküste in der Yachthafenresidenz Hohe Düne Cocktailkultur nach Mecklenburg-Vorpommern trug.

Der regionale Aspekt und ein eher ländlicher Veranstaltungsort jenseits der üblichen Verdächtigen der urbanen Szene-Locations schafft völlig neue Möglichkeiten. Warum also nicht demnächst ein Wettbewerb der Thüringer Trunkkreativen oder ein spannendes Münsterland Mixing? Regionale Zutaten und herrliche Geschichten finden sich zuhauf, und regionale Unterstützer und Sponsoren wären sicherlich unproblematisch zu motivieren.

Der Schwarzwald Bar Cup macht es vor. Hier die Rezepte der drei Siegerdrinks:

1. Platz – Paul Sieferle, Sieferle & Sailer, Mannheim

„Schwarzwald 75“

4,5 cl Pfirsichbrand Selection Wurth

2,5 cl frischer Zitronensaft

2 cl 1:1 Piment – Zucker (250g weißer Rohrzucker, 250ml Wasser mit 10g zerstoßenem Piment für ca. 15 Min. bei schwacher Hitze köcheln lassen)

2cl Belsazar Vermouth White

6 cl Rieslingsekt

Alle Zutaten bis auf den Rieslingsekt im Shaker auf Eiswürfel 10-15 Sekunden schütteln und doppelt ins vorgekühlte Coupetteglas abseihen. Mit dem Rieslingsekt auffüllen und mit dehydriertem Pfirsich und Zitronenzeste dekorieren.

2. Platz, Jan Jehli, The Parlour, Frankfurt/Main

„Großvaters Garten“

3,5 cl Josef Kiefer Wildkirschwasser

2 cl Faude feine Brände Gurkengeist

1,5 cl Verjus, mild (z.B. Julius Renner Verjus aus Regenttrauben)

1,5 cl Himbeer-Minz-Sirup

2 Dash Chocolate Bitters ( Bob’s oder The Bitter Truth)

Glas: Coupette

Garnitur: Duft von Sauerkirschbrand und Minzöl

Alle Zutaten im Shaker auf Eiswürfel 10 – 15 Sekunden kräftig schütteln und in ein vorgekühltes Coupetteglas abseihen. Als Garnitur dient der Duft von Sauerkischbrand und Minzöl aus einem Zerstäuber.

3. Platz, Marina Hofacker, Schwarz Weiß Bar, Ludwigsburg

„Grammy’s Violet“

4 cl Faude feine Brände Mirabelle

2 cl Belsazar Vermouth White

2 cl Bergamottensaft

1 cl Zuckersirup

6 Dashes Veilchenbitter als Spray

Glas: Nick & Nora-Glas

Garnitur: Veilchenblüten

Alle Zutaten auf Eiswürfel im Shaker 10 – 15 Sekunden kräftig schütteln und in ein vorgekühltes Nick & Nora-Glas abseihen.

 

 

Credits

Foto: Alle Fotos via Markus Dietze.

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