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Rekord-Bar: Die Gin-Welt singt das Kufstein-Lied

Los Angeles? London? Barcelona? Mitnichten, momentan scheint Kufstein die Nase vorn zu haben, wenn es um die Bar mit der weltgrößten Gin-Auswahl geht. Mit 315 Abfüllungen feiert der Tiroler Richard Hirschhuber die Eröffnung seines Stollen 1930, hart an der deutschen Grenze. Und: „Da geht no mehr“…
Am Tag der Arbeit wurde es ernst. Die seit vergangenem Dezember in einer Art „soft opening“ geführte Bar im Festungsstollen Kufstein verwandelte sich in ein Gin-Paradies, das Mike Schmitt und Brenner Sigi Herzog (Hagmoar Gin) miteröffneten. Wenn es nach Besitzer Richard Hirschhuber geht, liegt hier in Zukunft das weltweite Zentrum der Wacholder-Spirituose.
1000 Flaschen Gin
„Den Rekord aus dem Guinness-Buch (174 Gins) haben wir schon lang übertroffen“, auch die 212 Flaschen der kalifornischen Proper-Bar in La Canada Flintridge muten vergleichsweise mickrig an. Denn die aktuell 315 Flaschen, mit denen die Tiroler an den Start gingen, sind erst der Anfang. „Auf 1.000 wollen wir kommen“, gibt der Kufsteiner Multigastronom das Ziel vor. „Genever haben wir jetzt noch gar nicht dabei“, ergänzt Barmann Tom Hausknecht. Der 35-jährige mit deutsch-tschechischen Wurzeln kehrte für das Projekt Stollen 1930 nach Tirol zurück, wo er schon sieben Jahre am Achensee tätig war. Dazwischen stand er drei Jahre am Tresen seiner Showtime-Bar in Lübben im Spreewald. Vom Kostendruck befreit, macht ihm das Mixen im 90 Meter langen Tunnel heute mehr Freude. Nicht zuletzt deshalb wird er mit Hirschhuber auch anderen Barkollegen bei der Planung zur Seite stehen. „Aber keine Barschule im klassischen Sinn, wir wollen die Dinge vermitteln, die man sonst nicht so hört: Glasware, Mis-en-place, Kalkulation, Marketingkosten usw.“


Erst Flakons, dann Dose
Die unkonventionelle Geisteshaltung Hirschhubers zeigt auch ein weiterer Teil seines Gastroimperiums rund um das 600 Jahre alte Wirtshaus „Auracher Löchl“: Das Café Die Donau. Mit einer Terrasse zum Inn hin gelegen, verdankt es den absurden Namen der Tatsache, dass die Nachbarlokale nach dem Inn benannt waren. Anders gesagt, „more of the same“ ist ihm ein Graus. So ergab sich auch aus der privaten Leidenschaft für Gin rasch das Projekt einer Themen-Bar, die weit über das Inntal hinaus strahlen soll. „Das Kufstein-Lied hat gezeigt, dass man auch von hier aus weltberühmt werden kann“, lächelt Hirschhuber.
Gemeinsam mit den zwölf Tonics ergibt sich eine Kostvielfalt in Sachen Gin & Tonic, die schwer zu toppen ist. Wobei Tom Hausknecht die Gins zu den Tonics empfiehlt anstatt umgekehrt. Wenn Gäste unsicher in ihrer Wahl wirken, reicht er einen Zerstäuber, damit sie das konzentrierte Flavour-Profil der Gins direkt am Gaumen erleben. Wurde der einmal gefunden, greift er zur „Fangschlinge“, einem Behelf aus dem Zoohandel, mit dem Hausknecht die Flasche vom Regal fischt. Im Baukastenprinzip – darf es Selleriesalz, tasmanischer Pfeffer, Kumquat, Koriander, Gurke oder Limette sein? – entsteht so der jeweilige Lieblingsdrink. Serviert wird der Gin & Tonic in Weißblech-Dosen, einer originellen, billigen und gut zu kühlenden Alternative zu Gläsern.
Auf Gin-Drinks reduzieren lässt sich die Kreativität Hausknechts nicht; sein „Stollen-Penizillin“ etwa überlässt es dem Gast, den Drink (Galliano, gemuddleter Ingwer und Chivas Regal) mit einer Pipette Laphroaig zu floaten. Das Angebot reicht von hausgemachten Lemonades (7 Euro) über die Classics (10 Euro) bis zu den Stollen-Signatures wie dem „Penizillin“ (12 Euro). Für die komplizierteren Cocktails, etwa wenn er eine Zigarre mörsert oder seinen „Bourbon Marmelade-Sour“ mixt, wird dem Bartender der Rücken von den Mitarbeitern Simone und Robert, natürlich im Charleston-Outfit, frei gehalten. Das Barfood, so ein angenehmer Nebeneffekt, kommt frisch aus der angeschlossenen Restaurantküche, nach 22 Uhr reicht man dann die hausgemachten, dick geschnittenen Kartoffelchips.
Weniger Schorle, mehr Gin
Eine nachahmenswerte Idee fiel im Stollen 1930, der ein Mindestalter für Gäste von 21 Jahren hat, übrigens abseits der Gin-Batterie auf. Craft Beer – unter anderem führt man das mexikanische Pacifico, Triple Karmeliet von Ivo Bosteels und das Hausbier aus dem Hofbräu Traunstein – kommt im kleinen Eis-Kübel. Dabei geht es nicht nur um die von den Brauern oft ersehnte Aufwertung des Getränks, „beim Tratschen wird das Bier auch gerne zu warm und schmeckt dann nicht“.
Hausknecht, den man dank seines Tattoos am rechten Unterarm („The Bartender“) nicht verwechseln kann, sieht sein Engagement für die „Apotheken-Drinks“ der Prohibitionszeit auch als Art Entwicklungshilfe in Sachen Trinkkultur. Dass er beim Mojito Eiswürfel statt crushed ice verwendet, um keine Dilution zu fördern, hat anfangs für böse Briefe gesorgt. Mittlerweile trinkt ihn „le tout Kufstein“ lieber so. Erklärtes Feindbild und Erfolgsmesser zugleich ist der allgegenwärtige „Weiß sauer“, die österreichische Weißweinschorle. Täglich zählt er mit seinem Team durch: Je weniger davon an einem Abend verkauft wurde, desto eher kam die Botschaft aus dem Stollen an.

Credits

Foto: Bar via Stollen 1930

Comments (2)

  • Jens Müller

    Etwas off-topic: wer hat in Deutschland eigentlich die größte Tequila Auswahl?

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  • Claudio Soligon

    Dann schaut mal im Pepe in Köln vorbei, meine letzte Info sind ca. 380 Gins und ca. 35 Tonics.

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