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Tiger Bar

Oh, wie schön ist Terroir – Die Tiger Bar im Panama

Naturstein aus Sambia, Erde aus dem Schwarzwald, Asche vom Burning Man-Festival? Phum Sila-Trakoon gibt sich in der Tiger Bar kreativ und konspirativ. Das flüssige Substitut des Restaurant Panama in Berlin bastelt konsequent an der Weiterführung der Küche weiter. Von wegen, als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet.

Erinnert sich noch jemand an das Pickelgesicht von Manuel Noriega? Besser bekannt als das „Ananasgesicht“? Den ehemaligen CIA-Agenten und späteren Drogenbaron, im Nebenberuf Regierungschef von Panama? Als die verdorbene Frucht nicht mehr mit dem großen Bruder mitspielen wollte, hat er sich in ein Kirchenloch verkrochen, wurde durch Rock’n’Roll-Dauerbeschallung zur Aufgabe gezwungen und sitzt seither in einem amerikanischen Verlies, damit er nichts mehr ausplaudern kann, was der ehemaligen Familie Pein verursachen könnte. Geschenkt. Panama und Ananas haben in Berlin-Schöneberg ein ganz anderes Gesicht.

Stille Übergabe

Während sich die Gäste im Hinterhof industrieschicklich mit den ausgefallensten Kreationen im Panama versuchen lassen, geschieht in der daneben im Hof liegenden Remise seltsames. „Wir wollen kulinarisch das Fernweh übersetzen“, sagt Phum Sila-Trakoon. „In der Tiger Bar greifen wir die Themen aus dem Restaurant auf. Wir sehen, was der Gast isst und versuchen dann, ein Anschlusserlebnis zu komponieren. Wenn wir in der vernetzten Kasse sehen, dass jemand Schweinebauch hatte, dann bieten wir ihm in der Bar einen Drink mit Mezcal und Pflaume an.“

Stille Übergabe nennt man das. Aha! Eine gewisse exzentrische Nerdigkeit räumt der Spiritus Rector dieser neuen Bar ein. Aber: „Wir konzentrieren uns immer auf den Gast, wir sind Freaks, aber wollen vor allem Gastgeber sein“, so Sila-Trakoon. Man sieht sich zunächst als Restaurantbar, die klassisch agiert und ständig neue Themen hervorwälzt. In Zukunft ist eine größere Eigenständigkeit das Ziel, es soll sich nicht mehr alles aus dem Restaurant ableiten. Besonders erfreut zeigt sich Sila-Trakoon über den wachsenden Gästeaustausch mit der benachbarten und renommierten Victoria Bar.

Kompliziert und einfach

Ein großes Anliegen des Teams um Sila-Trakoon ist es, nachhaltig und regional zu arbeiten. Möglichst alles, bis hin zu Abschnitten aus der Küche soll Verwendung finden. „Die Bio-Tonne ist schon Verschwendung“, setzt er die Agenda. Konspirativ und kreativ gehe man zu Werke, ohne die Bodenhaftung zu verlieren. Dem fügt sich auch das Arbeiten mit dem Thema „Terroir“ ein. „Wir verarbeiten an der Mazeration und Perkulation von Erden. Zum Beispiel aus Israel, mit Naturstein aus Sambia, Erde und Schiefer aus dem Schwarzwald oder Asche vom Burning Man-Festival aus den USA. Das orientiert sich an den Terroir-Experimenten des Londoner Bar-Tüftlers und Autors Tony Conigliaro, wobei er destilliert hat, wir mazerieren vor allem“, erläutert Sila-Trakoon.

Darüber hinaus werden weitere aktuell in der Bar virulente Techniken integriert: Fat Washing, Milchfiltration, Cold Drip und Sous Vide heißen die Zauberworte und sind ein Ausweis für die Verschmelzung von Küche und Bar.

Wer nun annimmt, er betritt ein Labor und keine Bar, der sieht sich getäuscht. Es gibt alle klassischen Drinks und sieben verschiedene Craft Biere. Außerdem versteht man sich auf ein umfangreiches Highball-Konzept mit einfach-sachlichen Kreationen. „Wichtig ist, dass wir viel mit dem Gast kommunizieren und erklären. Da ist es ein Glücksfall, dass das ganze Team aus dem derzeit geschlossenen Le Croco Bleu auch hier an Bord ist“, so Sila-Trakoon.

Es ist ein ambitioniertes Konzept, das sich in einen sympathisch-unaufgeregt gestalteten Raum einfügt und das Aromafüllhorn des Restaurants mit flüssigen Mitteln fortsetzt und eine sinnvolle Ergänzung zum Haupthaus. Sila-Trakoon wird dem Hause als Master Mind erhalten bleiben, auch wenn er im nächsten Jahr als Markenbotschafter für Thomas Henry sein Tätigkeitsportfolio erweitert.

Gibt nichts, was nicht geht

Inhaber Ludwig Kramer-Klett ist mal wieder die Erfindung einer eigenen Welt gelungen, sowie eine Mannschaft zusammen zu stellen, die Lust hat, neue Wege zu gehen. Bekanntlich ist diese Welt und ihre Namensgebung, die Sehnsüchte bedienen möchte, durch den berühmten Illustrator und Autor Janosch inspiriert. Einem Mann, dessen Gelbsucht als Jugendlicher mit selbst gebranntem Schnaps behandelt wurde und der nach einer Ausbildung zum Schmied in einer Schlosserei zu folgender Erkenntnis gekommen ist: „Meine beste und allerwichtigste Zeit im Leben, denn man brachte mir den wichtigsten Satz meines Lebens bei: Es gibt nichts, was nicht geht.“

Zu erleben im Restaurant Panama und der Tiger Bar.

Credits

Foto: Tiger Bar

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