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Green Door Bar

Von Green Door bis Haifischbar: Berliner Klassiker im Gegenwartscheck

Arash Ghassemi waltet jetzt über das Green Door, das so alt ist wie er selbst. Und so viel sei verraten: Das ist auch gut so. Welche Bars der Berliner Bargeschichte aber haben noch ihr Gesicht verändert? Welche sind verstaubt, welche haben elegante Patina angesetzt und welche bieten bewährt Aufregendes? Peter Eichhorn hat bei einem Rundgang durch Mitte, Schöneberg und Kreuzberg nachgesehen.

Zuweilen geraten bewährte Gastronomien in Berlin ein wenig in Vergessenheit, obgleich sie seit Jahren zuverlässige Orte der Einkehr bedeuten. Die Hauptstadt hechelt nach dem Immerneuen. Auch für Bar-Klassiker gilt dies, wenn gleich die letzten anderthalb Jahre nur wenig aufsehenerregend Neues in Sachen Cocktailtresen für die Hauptstädter bereit hielt. Das hat sich erst seit Kurzem mit dem Provocateur, dem Stairs oder dem Fifty Cocktail Heroes geändert, trotzdem lohnt sich ein Blick zurück, ein Gang in die Cocktailhistorie der letzten zehn bis zwanzig Jahre.

Beginnen wir im Westen der Stadt, der zuletzt doch eifrig von sich reden machte, insbesondere im Umfeld des Kurfürstendamms. Die letzte wichtige Eröffnung für bewährte Barflys war die Bar Zentral im Herbst 2015. Mit Torsten Bender und Sebastian Mathow beschritten zwei erfahrene Barmänner dort eigene Wege, die zuvor über Jahre die Geschicke der Bar Green Door in Schöneberg prägten. Grund genug, den Rundgang mit einem Blick hinter die grüne Tür zu beginnen.

Zum Wieder- und Neuentdecken: Das Green Door

Einer der Klassiker der Berliner Bargeschichte der letzten Dekaden. Mitte der 1990er Jahre einer der wenigen Orte, die anspruchsvolle Barkultur boten. Die Nachwende-Jahre prägten Bars wie Rum Trader, Weisse Maus und Gainsbourg im Westen. Und im früheren Ostteil setzte die Greenwich Bar von Club-Innovator Heinz „Cookie“ Gindullis neue Maßstäbe und läutete eine Ära von coolen Bars ein, bei denen ein Aquarium zum Pflichtprogramm gehörte.

Mit dem Green Door wählte der Drehbuchautor und Schauspieler Fritz Müller-Scherz den amerikanischen Jazz-Gitarristen Eddie Condon als musikalischen Paten und setzte gleichzeitig augenzwinkernd einem Porno-Film von 1972, „Behind the Green Door“, ein ironisches Denkmal. Bei Geburtstagsfeiern der Bar lief der Film stets im Hintergrund und verwirrte die Nicht-Eingeweihten. Bewährte Bartender wie Stefan Weber und Beate Hindermann, die heute ihre Victoria Bar führen, prägten die frühen Jahre der Green Door.

Leider verstarb Fritz Müller-Scherz 2015, und auch die beiden besten Bartender waren in neue Gefilde aufgebrochen. Was würde nachfolgen? Viele Stammgäste sorgten sich über den Fortbestand ihrer Lieblingsstätte.

Aber das Green Door hatte bereits so einiges überstanden. Vom Barchef mit eigenwillig-arroganter Attitüde bis zu heillos überforderten Bardamen, zu jung für eine erwachsene Bar. Am Ende kehrte man doch immer wieder hierher zurück, um die besonderen Schwingungen und die dichte Atmosphäre durch die nebeligen Rauchschwaden zu erspähen und zu spüren. Die geschwungenen Wände, die psychedelische Formensprache, die karierten Wände und die legendäre Hundelampe, sie sind geblieben und bilden den vertrauten Rahmen, den nun ein junges und engagiertes Barteam mit neuem Leben füllt.

Arash Ghassemi prägt nun die Geschicke der Bar, die so alt ist wie er selbst. Der Deutschland-Sieger der Bacardí Legacy Cocktail Competition 2016 serviert natürlich seinen Gewinner Cocktail Curtain Call, widmet sich aber auch vergnügt und präzise den Klassikern rings um Daiquiri, Martinez und Sazerac. Ein wundervolles und engagiertes Team unterstützt ihn dabei und pflegt klassische Drinks ebenso wie innovative Kreationen. In diesen Tagen wird die neue Karte die Handschrift des Teams zeigen, und wir können sicher sein, hinter der grünen Tür finden wir Berliner Barhistorie sowie einen ebenso vielversprechenden Neubeginn. Wieder- und Neuentdecken lohnt.

Green Door

Winterfeldtstraße 50, 10781 Berlin

So – Do 18:00 – 3:00 Uhr, Fr & Sa 18:00 – 4:00 Uhr

Zeigt jetzt wieder Zähne: Galander Haifischbar

Die Haifischbar war einst ein Innovator bei Angebot und Design. Es wurde Sushi serviert, als die japanisch geprägten Fischhäppchen noch keineswegs eine Selbstverständlichkeit in Berlin waren. Ich erinnere mich noch an einen faszinierenden Drink namens Lieutenant Blueberry, der mit einer sphärischen Blaubeere dem Trend der Molekularküche folgte.

Aber zuletzt war die Bar nur noch in Ehren ergraut. Die Produkte im Rückbuffet ließen erkennen, dass man hier in den frühen 2000er-Jahren aufgehört hatte, aktuelle Getränketrends zu verfolgen.

Im Sommer 2016 bot sich ein trostloser Anblick an einem bröckelnden Tresen und abgewetztes Mobiliar, dazu der ewige Stammgast mit seinem täglichen Gin Tai. Um die Ecke eröffnete eine neue Bar und rückte den Chamissoplatz wieder ins Interesse neugieriger Bargänger, die dann allesamt wieder heulend wegrannten. Die neue Bar hatte ein „Heilig“ im Namen, machte aber keineswegs selig. Die wohl erbärmlichste Bareröffnung, die Berlin jemals erleben musste, wirkte eher wie ein emanzipiert-religiöser Treffpunkt und servierte fade Standard-Drinks, denen die Betreiberin kurzerhand neue Namen verliehen hatte. Bald schloss glücklicherweise dieser Tresen des Grauens. Auf der Flucht kamen manche Besucher dann an der Haifischbar vorbei und raunten sich zu: „Schau mal, die Haifischbar gibt es auch noch!?“

Und wie, möchte man seit Neuestem ausrufen! Dominik Galander, einer der ältesten Bar-Hasen im Bergmannkiez, nahm sich des alten Klassikers an und entstaubte ihn kräftig. Seine Handschrift ist deutlich erkennbar bei Materialien, Farben und solidem Cocktailhandwerk. Die Drinks in der Karte sind nun berühmten Filmen gewidmet, und so lässt sich trefflich von Breakfast at Tiffany’s über Leaving Las Vegas bis zu The Big Lebowski trinken. Aber die Gäste werden auch gerne und gut beraten. Der sympathische Barmann bereitete mir eine feine Rum Manhattan-Variante mit Panama-Rum und PX Sherry zu. Sehr schmackhaft.

Die Musik ist eher laut, die Farbgebung angenehm zurückhaltend, das Publikum bunt gemischt und reichlich. Geblieben sind die kuriosen Beleuchtungselemente in den Wänden, die zwischen organischer und technischer Formensprache changieren. Und natürlich Ken und Barbie, die den Toilettengängern den Weg weisen. Man spürt, das Viertel hat einen ordentlichen Tresen vermisst. Hier ist er nun. Gut so!

Galander Haifischbar

Arndtstraße 25, 10965 Berlin

Di – So 18:00 – 2:00 Uhr

Gewohnt aufregend: Die Bar Tausend

In Mitte, mitten im Regierungsviertel, bleibt eine Bar ein faszinierender Ort, der noch aus einer anderen Zeit zu stammen scheint. Unter der Bahntrasse, gleich an der Spree, versteckt sich eine unauffällige Türe und eine dazugehörige Klingel. Eingeweihte drücken sie mit freudiger Erwartung, Uneingeweihte fürchten die berühmt-strenge Türpolitik des Hauses. Misstrauisch blickt der Zerberus des Einlasses auf jeden Neuankömmling und erinnert ein wenig an einen Batman-Bösewicht, den es zu fürchten gilt. Aber seine Mischung aus Freundlichkeit und Eleganz eröffnet dann einen Abend in der Bar mit ihrer immer noch magischen Atmosphäre und ihren berauschenden Nächten.

Zehn Jahre ist es nun bereits her, dass Mario Grünenfelder bei den MIXOLOGY BAR AWARDS den Titel zum „Mixologen des Jahres“ zugesprochen erhielt. Der Innovator prägte so allerhand Bargeschehen der vergangenen Dekade, wie G&T Bar oder Amano, und auch wenn er manchen Ort, den er eröffnete, später für neue und spannende Projekte wieder verließ, so bleibt alleine durch den Ausschank von San Miguel eine schier ewige Duftmarke erhalten.

Früher befand sich in den Räumen der Tausend ein räudiges Spielcasino. Heute hypnotisiert das markante Beleuchtungsauge in dem spiegeldurchzogenen, schwarzen Raum am Ende des langen Tresens die Besucher, die am Wochenende durchaus an die 200 Personen zählen. Da ist präzises Arbeiten und gute Organisation vonnöten. Und sie ist gewährleistet. Ein Besuch zu früher Stunde lohnt sehr, denn dann sind die Bartender in der Lage, Gäste trefflich zu beraten und ihre getränketechnische Kreativität walten zu lassen. Oft inspiriert von dem angeschlossenen Restaurant Cantina mit frischen Zutaten peruanischer Prägung.

Da freut man sich auf einen spannenden Pisco-Drink. Eine faszinierende Kreation wird spontan improvisiert. Heraus kommt eine Art Pisco-Sour-Yuzu-Kresse-Smash. Sehr interessant. Die Mix-Stationen befinden sich auf Augenhöhe des Gastes und ermöglichen den Blick auf die appetitliche Zubereitung. Das animiert selbst die Club-lastigen Besucher, mehr Cocktails zu ordern als Longdrinks. Ein gutes Zeichen. Die Drinks sind gut, die Preise sehr fair, die Musik regelmäßig live ab 22 Uhr. Der frühe Gast gerät dann zuweilen in die Tonprobe, was sich bei der Gypsy-Kapelle „Dr. Aleks & the Fuckers“ als eher mittelmäßiges Vergnügen entpuppte. Die Bar Tausend bleibt aufregend. Immer wieder neu und doch vertraut. Der Alltag muss draußen bleiben.

Bar Tausend

Schiffbauerdamm 11, 10117 Berlin

Di – Sa, ab 19:30 Uhr bis zum Morgengrauen

Credits

Foto: Foto: Bar Tausend

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