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„12 Mal gefilterter Vodka ist halt nicht Luxus“

Der Verkauf von Grey Goose für zwei Milliarden Dollar hat Sidney Frank zur Legende gemacht. Der Mann, der für den Inhalt der Flaschen sorgte, ist auch unter Bacardi an Bord: François Thibault über den Stellenwert von Vodka in der globalen Barwelt.

Sie müssen schon ein Gespann gewesen sein: Der pinke Sakkos, weiblichen Aufputz und Golf liebende US-Spirituosenking Sidney Frank und der smarte Franzose, der lieber Hackett-Anzüge in Blau trägt, und den er mit einem Vodka beauftragte. „Ich sagte ‚Ja‘, hatte aber keine Ahnung, wie ich’s mache“, bekennt François Thibault heute: „Sicher war damals nur, dass es plötzlich zwei Verrückte mehr auf dem Planeten gab“. Der Rest der 1997 begonnenen Geschichte von Grey Goose ist bekannt: Der aus Weizen in der Picardie gebrannte Vodka, der im Örtchen Gonsac im Cognac-Gebiet Charente abgefüllt wird, eroberte die USA im Sturm. Frank hängte den Verkaufsscheck an Bacardi-Martini stolz an seine Bürowand und heute ist „Grey Goose“ in 162 Ländern präsent. Der Mann hinter dem Vodka heißt immer noch François Thibault und wir trafen ihn – naturallement! – in der Charente.

Monsieur Thibault, der Vodka scheint momentan nicht gerade angesagt zu sein in den Bars. Liegt das am Erfolg des Gins und was heißt das für eine Marke wie Grey Goose?

Ich spreche ja lieber über Qualität als über Zahlen. Aber ich glaube, dass es in keinem Markt einen Rückgang gibt. Details nennen wir als private Firmengruppe ohnehin nicht. Die USA, das kann man generell sagen, sind unser wichtigster Markt. Dann stellt natürlich auch Duty Free einen wesentlichen Faktor dar, als Luxusmarke müssen Sie da präsent sein. Obwohl der Markt für Gin kleiner ist als Vodka, wächst er deutlich. Aber auch Luxusprodukte – wenn wir von Premium und Super Premium sprechen – legen zum Glück zu.

Das neueste Produkt, der für Alain Ducasse entwickelte Grey Goose, ist vorerst ja auch nur im Travel Retail erhältlich.

Ja, wobei wir schnell drauf gekommen sind, dass es Gemeinsamkeiten zwischen dem weltberühmten Koch und uns gibt. Vor allem röstet er auch Kaffee und Kakao selbst für seine Restaurants in der ganzen Welt. Die Neuheit, einen Vodka aus geröstetem Weizen zu machen, stammte daher. Technisch rösten wir drei verschiedene Chargen, von hell bis dunkel, die dann verschnitten werden. Ein sehr spannender Neuzugang in der Familie Grey Goose!

Dennoch steht ihr Produkt für eine Kategorie, die auch mit billigem Alkohol und schnellem Rausch – Stichwort: Flasche Vodka und Mixer als Bestellung – assoziiert wird. Wie ist da Ihre Antwort als Marke?

Wir wollen die „Volume Brands“ nicht bekämpfen. Unsere Art ist es eher, in der Pole Position zu sein und von dort aus neue Konsumenten zu finden. Unsere Kunden sind aber sehr treu. Wir feiern als Unternehmen nächstes Jahr 20. Geburtstag und es gab ja davor auch schon Vodkas. Wir finden, dass wir zu einem seriösen Erwachsenen gereift sind.

Ich meine, seit 10 bis 20 Jahren will der Konsument klar luxuriöse Produkte. Es gibt daher auch 10 bis 15 Marken, die sich mit Grey Goose „matchen“ wollen. Als wir 1997 in New York begonnen haben, gab es dort natürlich auch schon viel Vodka und die Bartender haben abgewunken. Es dauerte, bis sie akzeptiert haben, dass wir einen Premium-Vodka erzeugen. Ein Kollege von Ihnen hat mir einmal gesagt, dass es das erste Mal war, dass er ein Gesicht, eine Person hinter einem Vodka hatte, über den er schrieb. Und auch das ist ziemlich einzigartig.

Wie steht es eigentlich mit den Bartendern, die ja gerne den Spruch „Vodka pays the bills“ auf den Lippen führen? Wirkliche Vodka-Cocktails in dem Sinn, dass die Spirituose geschmacklich zum Tragen kommt, findet man aber eher selten.

Ich kann nur sagen: Ich produziere eine Grundzutat. Der Rest liegt in den Händen der Bartender. Der beste Cocktail aus meiner Sicht ist natürlich der, wo sich die Spirituose nicht verstecken kann. Ein 5:1-Martini wäre da ideal. Da hat Grey Goose zeigen können, dass auch ein Cocktail mit einem besseren Vodka noch besser wird.

In der Geschichte des Vodkas gab es immer mal Probleme mit nicht so guter Qualität; denken Sie an Aussagen wie „sieben Mal destilliert“ oder „12 Mal gefiltert“ – das muss man dann erzählen. Nur: Das ist halt nicht Luxus.

Wie steht es um die zögerliche Aufnahme von Hybrid-Spirituosen wie ihrem „VX“ (Grey Goose plus 5% Cognac) in Europa? Neben „Jinzu“ von Diageo gibt es ja wenig aus dieser in den USA erfolgreichen Kategorie – und auch das nicht in allen Ländern der EU?

Einen Wodka mit Cognac zu erzeugen, war mir aus persönlichen Gründen wichtig. Beide sind mir lieb, nachdem ich ja im Cognac-Bereich begonnen habe. Also habe ich versucht, die Verantwortlichen zu überreden, dass das eine gute Sache ist. Der verwendete Cognac liegt in alten Fässern, die kaum noch Farbe abgeben, aber die 5% im Blend haben das „traubige“ Aroma. Er ist ein Produkt für die Auslage, deshalb sind wir auch im Duty Free gestartet mit dem VX.

Europa ist vielleicht ein bisschen zögerlicher, die USA sind etwas avantgardistischer. Aber VX funktioniert in den europäischen Märkten auch gut, Schlüsselmarkt dafür ist Großbritannien. Es ist halt so, dass die Länder auch kulturell geprägt sind. In Asien importiert man traditionell kaum weiße Spirituosen. Manche Märkte funktionieren nicht mit allen Produkten. Mitunter liegt das allerdings auch nur daran, dass sie ihnen noch niemand gezeigt hat.

Credits

Foto: Foto via Grey Goose/Bacardi.

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