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ALEXANDER, TEIL 2: DER AXELANDER

Der Alexander lässt unseren Autor Nico Colic nicht los. Wie verleiht man dem Drink Ausgewogenheit? Eine kleine Studie der Balance, ganz ohne Laktose.Das Ergebnis ist nicht nur ein geschmacklicher, sondern auch ein sprachlicher Twist: der Axelander

Es wurde bereits über den Alexander berichtet und festgehalten, dass dem Rezept in seiner klassischen Form wenig Gutes abzugewinnen ist. Zu süß, als dass sich da ein Spiel zwischen den Zutaten entwickeln könnte. Die Spirituose ist lediglich im Rausch wahrnehmbar. Die im letzten Artikel beschriebene japanische Variante setzt auf den Hard Shake und eine intelligente Zutatenauswahl, um diesem Problem beizukommen. Das heutige Rezept hingegen verzichtet komplett auf die Sahne und präsentiert sich deutlich trockener. Damit dies gelingt, bedarf es allerdings der Übersetzung in eine neue Cocktail-Kategorie und einiger Tricks.

Zweiteiler mit Prise

Die Zugabe von Salz in einen Cocktail dürfte die wenigsten Leser schockieren. Dave Arnold gibt praktisch jedem Cocktail in seinem Buch Liquid Intelligence eine Prise bei: Dabei dient das Salz nicht nur als Geschmacksverstärker, sondern kann auch die Süße eines Getränks abfedern. Besonders Zweiteiler, also Cocktails, die lediglich aus Spirituose und Süßstoff bestehen, profitieren davon ungemein. Wo beim Old Fashioned die Bitters als balancierendes Element hinzukommen, bewahrt das Salz diese Art der Mischgetränke vor Einfältigkeit. Ein gutes zeitgenössisches Beispiel dafür ist der ausgezeichnete Paper Anniversary von Remy Savage aus Paris, in dem er lediglich Gin, seinen Papier-Sirup und eine Prise Salz mischt.

Kein Chili-Minze-Alexander

Haben sich die Überlegungen der Balance hier bislang an den fünf Geschmackssinnen orientiert, gibt es weitere Möglichkeiten: Menthol oder Capsaicin – zum Beispiel – lösen eine Schmerzempfindung aus, die in kleinen Dosen durchaus balancestiftend wirkt. Beim Art of the Choke beispielsweise hilft die Minze, ein ausgewogenes Geschmackserlebnis zu bieten; und die Moscow Mule-Welle ist wohl vor allem dem im Ingwer enthaltenen Gingerol geschuldet. Ein Chili-Minze-Alexander klingt aber mehr nach einem missglückten Junggesellenabschied als nach einem ernstzunehmenden Cocktail, und so sei auf die Kategorie der Fernets verwiesen, welche für gewöhnlich ein gesundes Maß an Menthol enthalten.

Aber bitte ohne Sahne: der Axelander

In der nachfolgenden Rezeptur werden also diese Ideen bemüht; denn die Balance ist es, die dem herkömmlichen Alexander fehlt, und doch sind weder Zitrussäfte noch Wermut geeignet, sie herzustellen. Zunächst aber werden die klassischen Zutaten rochiert. Statt Gin oder Brandy kommt hier ein Oude Jenever zum Einsatz; statt der Crème de Cacao eine Kombination aus Mozart Dry Chocolate Spirit und Galliano l’Autentico. Diese verleiht dem Cocktail die zwingenden Kakao- und Vanille-Aromen sowie eine zurückhaltendere Süße. Für die Textur einen Tropfen Zuckersirup, und eine Prise Salz für die Balance.

Ende vom Lied? Natürlich nicht, denn das Salz allein reicht nicht aus, um einen ausgewogenen Drink zu präsentieren. Es wird also zum Fernet gegriffen, welcher durch sein Menthol und seine Bitterkeit dem verdrehten Alexander den letzten Schliff gibt: Fertig ist der Axelander.

 

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