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A Night to Remember – Der Corny Motherfcuker

Geile Tage gibt es, geile Tage mit noch geileren Abenden eher selten. Manchmal bedarf es dafür jedoch gar nicht viel Magie. Ein Bartender. Ein noch namenloser Drink. Vier Gäste. Der Corny Motherfcuker!

Wenn wir ehrlich sind: Barkollegen nerven. Zum Beispiel dann, wenn sie dir am Morgen danach Chartreuse in deinen Apfelsaft kippen, während du dir den Rausch aus dem Gesicht wäscht. Hallo Frankfurt! Oder dann, wenn dich die, die du nur sporadisch kennst, ständig und immerwährend mit „Ey Digga, was geht’n?!“ ansprechen. Oder dann, wenn sie nach gewonnener Competition plötzlich zum Arschloch mutieren. Oder dann … ok, ihr wisst das ja selbst.

Ich mein, ok: Wir arbeiten zusammen, essen vor der Schicht, trinken danach ein Bier, tragen das Gleiche und ziehen uns gemeinsam an. Was klingt wie Szenen aus einer merkwürdigen Ehe ist nun einmal der Intimität des Berufs geschuldet. Wir arbeiten in der gleichen Zone – friendzoned sind wir jedoch noch lange nicht, klar?!

Kumpels im Ruhrgebiet

Das Ruhrgebiet ist so ehrlich und kompromisslos wie dieser Artikel. Wir wissen, was wir sind, wer wir sind und wie wir aussehen. Die Ehrlichkeit ob der insuffizienten Mängel bescherte Essen einst den Titel „Kulturhauptstadt Europas“. Ich schweife ab. Die ehrliche Haut, in der Journalistensprache auch gerne als „unprätentiöses Wesen“ umrissen, ist quasi das tägliche Gewand des Bartenders Marian Wilfahrt.

Wilfahrt ist ein lockerer Typ. Einer der vielen Kollegen, die übrigens auch nicht nerven! Seit Jahren kennen wir uns schon, genauso lange fungiert er als Barchef der Essener Cocktail-Bar mit anrüchigem Namen FCUK Yoga aber artigen Drinks. „Murder she wrote…“ klingt es karibisch-beschwingt aus dem Lautsprecher, und auch ich sollte jetzt mal was schreiben, denke ich mir.

Kohlenpott-Karibik

An jenem Abend mit tropischen 28 Grad ist diese Musik der passende Soundtrack zu einem von Wilfahrt erdachten Twist des ebenfalls aus den West-Indies stammenden Corn N’Oil. Das inoffizielle Nationalgetränk auf Barbados ist allein von der Rezeptur gesehen auf den ersten Blick stinklangweilig: dunkler Rum, Falernum und Limette.

Traut man sich dann einmal, sich auf den vermeintlich schon oft erlebten Trinkgenuss einzulassen, so offenbart sich optisch wie auch geschmacklich, was diesen Caribbean-Classic so besonders macht. Der wunderbare dunkle, gereifte Rum mit seiner öligschimmernden Molasse in Kombination mit einem würzig-süßlich anmutenden Falernum. Fcuk yeah, long live the Caribbean, man!

In ruhiger, gelassener Manier eines gechillten Ganja-Mannes erläutert uns Wilfahrt seine Liebe zu den südlich von Florida liegenden Inselstaaten. In der hitzedurchtriebenen Nacht fühlen wir uns gleich besänftigt. Auch das charakteristische, karibische Meeresrauschen hören wir im Hintergrund. Woran das liegen mag? Na, am Drink.

Barbados – N.Y. – Essen

„Irgendwie hat mich Jim Meehan auf die Idee gebracht. Im PDT haben sie damals was ganz ähnliches gemacht, ich hab’s etwas abgewandelt und nach Deutschland gebracht“, so Wilfahrt schmunzelnd. Das Resultat ist – um im Jargon zu bleiben – fcuking amazing!

Warum nicht einen Drink dem Namen nach entschlüsseln? So dachte sich das Wilfahrt wohl auch, als er den herrlichen Plantation Barbados 5 Jahre mit Popcorn im Buttersud versetzte. Heraus kommt ein knackiger, leicht karamelliger Geschmack mit charakteristischem Maisaroma. Hinzu gesellt sich ein selbsthergestellter, im Sous Vide-Verfahren produzierter Falernum bestehend aus u.a. Mandeln, Ingwer, Nelken, Piment, getrockneter Banane und Sternanis.

Zusammen ergibt sich ein kontrastreiches Feuerwerk für den Gaumen. So wird der süßlich-aromatische Falernum durch den deutlich herzhaft gestalteten Fat Wash-Popcorn-Plantation fantastisch ausgekontert. Da scheint das schnöde Lime-Wedge fast schon überflüssig, rundet den Drink aber ab und fügt ihm eine weitere Ebene hinzu.

Der Corny Motherfcuker ist nichts anderes als so spektakulär, wie es der Name schon ankündigt. Ein frecher Drink, der ähnlich wie so mancher kesse Menschen vor allem eines tut: im Gedächtnis bleiben! Fcuk Yeah!

Credits

Foto: Foto via Tim Klöcker.

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