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Das Bierjahr 2014 – Die Top 10 Brauereien

Was waren die vergangenen 12 Monate doch für ein fulminanter Schritt für den Biergenuss. Zahllose faszinierende Brau-Experimente kamen in die Gläser, dutzende neue Start-ups bereichern die Craft-Szene in GSA-Land und keine ernsthafte Getränkemesse kommt mittlerweile ohne einen angemessenen Bereich für Brauwaren-Präsentation aus. MIXOLOGY Bierexperte Peter Eichhorn mit einer persönlichen Rückschau auf 2014.
Internationale Brauereien erkennen mittlerweile das wachsende Potenzial eines Marktes für kreative Biere im Land des Reinheitsgebots, und selbst die großen Braukonzerne erweitern oder nutzen ihr Portfolio, um neue Märkte zu erschließen.
Mit dem „Craft-Bier Buch“ von Sylvia Kopp, der Lektüre „Revolution der Heimbrauer“ von Heike und Fritz Wülfing und mit dem „Cocktailian 3 – Bier & Craft Beer“ stillen gleich drei abwechslungsreiche Bücher den Wissendurst nach Braukultur.
Welche Brauereien haben Akzente gesetzt, welche Biere haben bewegt und welche Braumeister machten den Unterschied? In einem solchen Jahr eine derartige Aussage zu treffen, ist nicht einfach. Daher soll, ist und kann die folgende Top 10 Aufstellung nur eine sehr persönliche, subjektive und sicher lückenhafte Liste sein. Nichtsdestotrotz sollten die erwähnten Akteure für ihre Leistungen im Bierjahr 2014 gewürdigt werden.
Platz 10) Weltenburger Klosterbrauerei
Jeder Biertrinker hat das Recht, Craft-Beer und überstrapazierte Hopfenintensität doof zu finden und abzulehnen. Dennoch darf Bier nicht egal sein. Handwerk, Regionalität und Tradition dürfen sich durchaus in anspruchsvollen Brauwaren wiederfinden. Im Kloster Weltenburg ist dies seit dem Jahre 1050 der Fall, und so darf sich die Marke als älteste Klosterbrauerei der Welt bezeichnen.
Klassische Biere werden hier seit Jahrhunderten auf höchstem handwerklichen Niveau gebraut und die traditionellen Bierstile vom Kloster Weltenburg rings um Bock, Märzen und Pils setzen in ihrer jeweiligen Kategorie Maßstäbe. Tradition trifft auf moderne Bierkultur. Was dies bedeutet, versteht man, sobald man das “Anno 1050” oder das “Barock Dunkel” verkostet hat.
Platz 9) Meantime Brewery
Alleine die Gestaltung der Flaschen ist ein ästhetisches Highlight. Ein wundervolles Design zwischen Traditionalität und Moderne sorgt für einen herrlichen ersten Eindruck. Der Inhalt hält das, was die Verpackung verspricht. Die im Jahr 2000 von Alastair Hook gegründete Brauerei in Greenwich bringt historische Bierstile in eine unsere Zeit. Wie mag ein Porter oder ein London Lager vor 100 Jahren geschmeckt haben? Wie sahen die originalen India Pale Ales aus, die früher den langen Seeweg in die indischen Kolonien überstehen mussten? Die Meantime Brewery sorgt nicht nur für die Revitalisierung eines kulturellen Brau-Erbes, sie erzeugt einfach köstliche Biere.
Platz 8) Nøgne Ø
“Nackte Insel”, so lautet die Übersetzung des Brauereinamens, der als Begriff vom Dichter Henrik Ibsen aus Grimbergen, dem Standort der Braustätte, geprägt wurde. Gründer Kjetil Jikiun ist ursprünglich Pilot und lernte rings um den Erdball eine Biervielfalt kennen, die so viel mehr bot, als die dünnen Lagerbiere seiner Heimat. Die unfiltrierten und geschmacksstarken Biere setzen mittlerweile Akzente auch außerhalb Norwegens, wo eine immense Alkoholsteuer sowie Einschränkungen beim Bierverkauf schwierige Rahmenbedingungen setzen.
Ende 2013 sorgte eine Meldung für Besorgnis: Brauereigigant Hansa Borg übernimmt 54,44% der Marktanteile von Nøgne Ø. Was würde das für die Kultmarke bedeuten? Bislang blieb die Qualität unverändert gut und mittlerweile sind einige Biere auch in Deutschland erhältlich. Dennoch bereitet der Vorgang Sorge innerhalb des Craft Brewing, wie die großen Spieler der Bierindustrie und die neue, finanzstarke Craft-Konkurrenz sich weiter entwickeln.
Platz 7) Mikkeller
Der Bier-Rebell aus Kopenhagen: Mikkel Borg Bjergsø gründete 2006 sein Brauprojekt und machte den Titel vom „Wanderbrauer“ bzw. “Gypsy-Brewer” seither zum Fach- und Inbegriff der Craft-Szene. Die Mikkeller-Biere werden in diversen Brauereien verschiedener Ländern gebraut. Jedes Jahr entstehen Dutzende neuer Kreationen und Innovationen zwischen Belgien und Alaska, die von den Fans des gelernten Lehrers sehnsüchtig erwartet werden.
Als eines seiner Ziele erklärt Bjergsø, dass Bier gerne eine Alternative zu Wein und Champagner sein darf, wenn es um gehobene Küche gibt. Dass die Mikkeller-Biere dies hergeben, beweist die Tatsache, dass das Kopenhagener Restaurant Noma, mehrfach als bestes Restaurant der Welt ausgezeichnet, Mikkeller zu seinem Hausbier erkoren hat.
Platz 6) Heidenpeters
So sieht es also aus, das perfekte Brew-Start-up. Im Dezember 2014 feiert Johannes Heidenpeter den zweiten Geburtstag seines Brauprojektes, welches er seinerzeit in Berlin-Kreuzberg gründete, um Bier zu brauen, das ihm selber schmeckt. Plötzlich schmeckte es aber auch anderen Leuten. Vielen anderen. Der Quereinsteiger, der eigentlich Künstler ist, bewies vom ersten Tage an, dass er mit Gewissenhaftigkeit, Leidenschaft, Unabhängigkeit und Kreativität die Ideale umsetzt, welche die Craft-Szene ausmachen. Noch viel wichtiger: er braut fantastische Biere, wie der herausragende erste Platz seines Pale Ales bei der Verkostung für das aktuelle Mixology Taste Forum beweist.
Platz 5) Köstritzer
Die Marke beweist, das die konventionellen Brauer nicht nur ihr Handwerk beherrschen, sondern auch gewillt sind, mit den neuen oder wiederbelebten Bierstilen zu experimentieren. Neben dem Schwarzbier-Klassiker brachte das Jahr 2014 noch weitere Brauwaren der bekannten Adresse in Thüringen in die Verkaufsregale.
Ein Kellerbier machte den Anfang, gefolgt von einem sehr schmackhaften Pale Ale und einem Witbier nach belgischem Vorbild. Für Letzteres erwirkten die Köstritzer sogar eine Ausnahmegenehmigung, um „Bier“ auf das Etikett schreiben zu dürfen, was bei der Verwendung von Gewürzen und Früchten eigentlich nicht reinheitsgebotskonform und statthaft ist. Quo Vadis, Reinheitsgebot? In der Zwischenzeit sehen wir gerne Schwarzbier.
Platz 4) Maisel & Friends
Tradition trifft auf Innovation. Jeff Maisel verantwortet nicht nur klassische Weizenbiere, er begibt sich auch neugierig auf den Weg der Kreativbiere. Die Maisel & Friends-Kollektion beweist, wie köstlich und bartauglich Biere sein können, die zugleich einen fairen Preis aufrufen.
Die “Session”-Biere beweisen Experimentierdrang und versprechen jahreszeitlichen Genuss. Die Co-Brewing-Projekte sorgen für spannende Begegnungen und köstliche Ergebnisse. Insbesondere das Citrilla Wheat, welches zusammen mit der Ratsherrn Brauerei in Hamburg entwickelt wurde, schreit dringend nach Wiederholung.
Platz 3) Stone Brewing
„Trinken Sie dieses Bier nicht, Sie werden es vermutlich nicht verstehen …“, so lautet der Text auf den Flaschen des “Arrogant Bastard Ale”, einem der Signature-Biere der Kult-Braustätte aus Kalifornien. Im Sommer 2014 erfolgte im Süden Berlins der Baubeginn für eine erste Brauerei-Zweigstelle auf europäischem Boden.
Ist Deutschland bereit für die komplexen, extremen und gigantischen Biere für Fortgeschrittene? Wir wollen es herausfinden. Her damit. Auch wenn die Flasche verrät: „Sie haben wahrscheinlich nicht den Geschmack, um ein Bier dieser Qualität und Tiefe zu wertschätzen.“
Platz 2) Kehrwieder Kreativbrauerei
Endlich ist es soweit. Ein Standort in Hamburg ist gefunden. Brauer und Biersommelier-Weltmeister Oliver Wesseloh bot lebenslanges Freibier für die Vermittlung einer geeigneten Location. Nun kommen die eigenen Sudkessel endlich in die Gänge. Zwar trennten sich die Wege der sympathischen Wanderbrauer Oli und Fiete (Friedrich Matthies startet nun sein eigenes Projekt: Wildwuchs Brauwerk Hamburg), aber ihre bisherigen Sude machen Lust auf mehr.
Der “Prototyp” beweist, dass Craft-Brauer auch großartige untergärige Biere kreieren können und in der SHIPA-Serie bewies Kehrwieder, wie behutsam, balanciert und subtil sie mit den kraftvollen Aromahopfen umgehen können. Das SHIPA-Polaris war eines der Brau-Highlights des Jahres.
Platz 1) Firestone Walker Brewing Company
Noch immer setzen die Brauereien aus den USA Maßstäbe, wenn es um Craft Beer geht. Adam Firestone und David Walker gründeten ihr Brauprojekt 1996. Die famose Mischung aus Erfahrung, einer konsequenten Kühlkette und stetiger, kreativer Weiterentwicklung macht Firestone Walker aus dem kalifornischen Paso Robles zu einer grandiosen Nummer Eins, zu einer Brauerei, deren Bierqualitäten immer wieder aufs Neue überzeugen.
Sei es bei zahllosen internationalen Wettbewerben, oder in den Gläsern glücklicher Biergenießer weltweit. Einige Qualitäten der Brauerei sind in Deutschland mittlerweile erhältlich und so sollte man das “Pale 31”, den “Double Jack”, das “Pivo Hoppy Pils” oder den “Stickee Monkee” unbedingt probiert haben. Bitte mehr davon in 2015.
 
Und so dürfen wir uns auf das Bierjahr 2015 freuen. Mit den Erzeugnissen der oben erwähnten Brauereien und den nächsten Brauprojekten, Suden und Importwaren, die bereits in den Startlöchern harren, haben wir auch allen Grund dazu. Wir sind voller Vorfreude auf die nächsten vielversprechenden Produkte von Brewcifer, Kuehn Kunz Rosen, der Bierfabrik Berlin und Hanscraft & Co. Wir sind gespannt, ob BrewDog und Mikkeller endlich Bierbars in Deutschland eröffnen. Wir werden uns weiterhin erfreuen an einem sorgfältig gezapften Pilsner Urquell, an Schneider Weisse Tap X und Schönramer Pils.
Welches Bier auch immer Sie gerade bevorzugen. MIXOLOGY wünscht: Wohl bekomm’s!

Credits

Foto: Fliessband via Shutterstock

Comments (3)

  • Gerhard Schoolmann

    Bei Bieren der Marke Klosterbrauerei Weltenburg würde ich zwischen solchen Biersorten unterscheiden, die tatsächlich in der Klosterbrauerei gebraut werden und den meisten anderen, die in der Brauerei Bischofshof in Regensburg gebraut werden. Eine Übersicht bietet RateBeer:
    http://www.ratebeer.com/brewers/klosterbrauerei-weltenburg/689/
    Verwerflich ist diese Arbeitsteilung nicht. Die Braustätte im Kloster Weltenburg gehört letztlich genauso der Kirche wie die Brauerei Bischofshof in Regensburg. Die Klosterbrauerei Weltenburg ist eine Fiktion, eine Marke, die Bischofshof gehört.
    Aber die Frage, in welcher Braustätte und damit auch mit welcher Technologie, welchem Wasser und von wem ein Bier gebraut wird, hat doch einen gewissen Informtionswert, so daß man nicht alle Biere der Marke Klosterbrauerei Weltenburg über einen Kamm scheren und über den grünen Klee loben sollte.

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  • Peter Eichhorn

    Sehr geehrter Herr Schoolmann,
    danke für Ihre Anmerkung. In der Tat entstehen derzeit tatsächlich nur zwei der Biere unmittelbar innerhalb der Klostermauern. Die anderen Rezepturen werden in der 15 Kilometer entfernten Brauerei Bischofshof nach bewährten Rezepten gefertigt.
    Wie Sie selbst feststellen, ist nichts Verwerfliches dabei, dennoch wittere ich einen anklagenden Unterton. Dass ich diese Brauerei wertschätze und letztendlich auch in der obigen Liste anführe, liegt an Verkostungen der Produkte, über Jahre hinweg, die mich qualitativ kontinuierlich überzeugen konnten. Da ist mir dann selbst im Zeitalter des Craft eine traditionelle Marke mit ihrer Beständigkeit auch eine Empfehlung Wert. Unabhängig vom Produktionsstandort. „Über den grünen Klee loben“ sieht anders aus.
    Die Brauerei Weltenburg ist eine „Fiktion“? Man kann im Kloster durchaus informative und engagierte Führungen erleben und sehen und schmecken, das dort Bier erzeugt wird. Sie sollten es ausprobieren.
    Ich stimme Ihnen zu, wenn Sie von den Brauereien mehr Informationen fordern, was die Umstände der Herstellung anbelangen. Es wäre vorbildlich, wenn die Brauereien transparentere und detailreichere Informationen zu ihren Bieren offenlegen würden. Ich fände es gut und angemessen, wenn auf möglichst vielen Bierflaschen (und auch den Internetpräsentationen und Broschüren) genauere Angaben zu Malz- und Hopfensorten, Braumeister, empfohlene Trinktemperatur oder weitere Besonderheiten verzeichnet wären.
    Mit welchem Maß wollen wir messen? Einige finden es ärgerlich, dass ein Duckstein nicht in Duckstein entsteht. Andere finden es amüsant, dass japanisches Kirin-Bier in Lizenz in Weihenstephan gebraut wird. Kürzlich gab es ein Bier Start-up, das mit großem Getöse auf „Hauptstadt“, „Berliner Bären“ und auf Berlinerisch mit „Unabhängigkeit“ warb. Das Bier zu dem Regional-Werbesprech kam dann aus Sachsen. Auch viele der neuen Craft-Marken arbeiten mit Lizenzbrauereien zusammen und machen dies nicht immer transparent und offensichtlich. Wo gilt es, anzusetzen?
    Bei Weltenburger verrät immerhin ein Blick auf das Rückenetikett der jeweiligen Flasche, an welchem Brauort es hergestellt wurde. Reicht uns das? Nein.
    Das Anno 1050 und das Barock Dunkel empfehle ich trotzdem. Bier bleibt nun einmal Geschmacksache. Mein Klee ist in diesem Fall grüner, als Ihrer.

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  • Gerhard Schoolmann

    Sie kritisieren meinen Satz, die Brauerei Weltenburg sei eine „Fiktion“ und entgegen, man könne im Kloster durchaus informative und engagierte Führungen erleben und sehen und schmecken, das dort Bier erzeugt wird.
    Haben Sie den Unterschied zwischen der Fktion/Marke “Brauerei Weltenburg” und der real existierenden Braustätte im Kloster Weltenburg verstanden? Die Brauerei Bischofshof bündelt unter der Marke/Fiktion Brauerei Weltenburg Biere aus der Klosterbrauerei Weltenburg und aus der Regensburger Brauerei Bischofshof. Dies geschieht nicht transparent. So werden die Marken Kloster Weltenburg und Bischofshof auf zwei getrennten Websites kommunziert. Als Biere der Brauerei Bischofshof tauchen die ebenfalls dort gebrauten Biere der Marke Kloster Weltenburg auf der Website der Brauerei Bischhofshof nicht auf. Andererseits werden auf der Website der Brauerei Weltenburg sowohl die im Kloster Weltenburg als auch in Bischofshof gebrauten Sorten nebeneinander und gleichwertig kommuniziert, ohne daß auf die unterschiedlichen Braustätten hingewiesen wird.

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