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Wenn der Milchmann zweimal klingelt: Milkman’s Punch

Sahne, du Buch mit sieben Siegeln! Während ein Großteil heutiger Bartender der cremigen Zutat nur Verachtung entgegenbringt, hat Martin Farmer aus Aberdeen mit Neugierde und Kreativität seinen Milkman’s Punch entwickelt. Ein Drink, der das Bild von Sahne im Drink wieder verbessert? Schon möglich, findet Marco Beier.

Milch und Sahne in Cocktails? Mancher Fachmann der Barszene wird gequält die Mundwinkel nach unten ziehen, wenn er diese Zutaten für einen Cocktail liest. Letztendlich kommt es aber immer auf das Zusammenspiel mit anderen Zutaten an, wie Martin Farmer aus der Orchid Bar in Aberdeen beweist.

Gleich zu Beginn des Gesprächs will der Bartender dann auch klarstellen, dass in Schottland mehr als nur torfiger Whisky und Haggis verzehrt werden. „Glasgow und Edinburgh sind dem restlichen Land gastronomisch zwar noch einen Schritt voraus, aber wir sind auf gutem Weg, auch in Aberdeen eine tolle Barkultur zu etablieren. Die Arbeit mit den Gästen macht derzeit sehr viel Spaß.“

Vertrauen der Gäste gewonnen

„Über die Jahre haben wir unsere Gäste auch an ungewöhnliche Kreationen herangeführt, etwa durch eine Gin-Reis-Infusion oder mit einem Cocktail, der ein wenig nach Pizza schmeckt. Die Gäste haben ein gewisses Vertrauen entwickelt und nun wollen wir ausprobieren, wie weit man gehen kann.“ Natürlich, ohne es auf die Spitze zu treiben und den Kunden durch zu viel Spielerei zu verschrecken.

Die Orchid Bar war seinerzeit die erste Bar in Aberdeen, die vor fünf Jahren eine Nachtlizenz erhielt und wurde so zum Feierabendtreffpunkt für Kollegen und deren Gäste, die sie nach der eigenen Schicht mitbrachten. Als „gemütliche Bar mit gediegener Musik und gutem Service, in der man sich fallenlassen und einen unbeschwerten Abend bei exklusiven Drinks genießen kann“, beschreibt Farmer seine Wirkungsstätte. Neben der Spezialisierung auf Cocktails bietet man über 200 Spirituosen an, davon mehr als 60 heimische Whiskys.

Vom Sieger zu Everybody’s Darling

Einer der beliebtesten Cocktails in der Orchid Bar ist der Milkman’s Punch. Ursprünglich kreiert für die Scottish City Session Cocktail Competition, einem landesweiten Cocktailwettbewerb, den Farmer für sich entscheiden konnte, entwickelte sich der Drink zum Dauerbrenner. Nachdem er Schottland während der London Cocktail Week vertreten hatte, gab er dem Cocktail noch ein wenig “Finetuning”, und dieser kann sich seitdem am Zuspruch der Gäste erfreuen.

Der Mix aus Rum, Sahne, Milch und Vanille, abgerundet mit Bitters und Amer Picon wird nicht nur aufgrund seiner witzigen Verpackung gern auch ein zweites Mal bestellt. „Das Geschmacksprofil würde ich als reich und komplex beschreiben, wobei die Bitters ein leicht nussig-schokoladiges Aroma hinzufügen. Vanille und Amer Picon ergänzen den Drink um ein leicht süß-säuerliches Moment. Nicht zu cremig oder süß, sondern ein runder und komplexer Cocktail“, beschreibt Farmer seine Kreation.

Schein und Sein

Nicht zuletzt die Präsentation in einer kleinen Milchflasche, garniert mit einem flambierten Marshmallow, zieht das Interesse von Farmers Gästen auf sich. „Wir haben viele Touristen und Geschäftsreisende in Aberdeen, die sich gern auf etwas Neues einlassen. Aber auch unsere lokalen Barflys freuen sich über neue Kreationen.“ Eine Aussage, die wohl für die meisten modernen Bars gilt, und so manch naserümpfender Bartender sollte seine Haltung gegenüber Milch und Sahne vielleicht noch einmal überdenken. So wie Schottland mehr als Malt und Haggis ist, besteht die Cocktailwelt eben auch aus mehr als Martinis und Manhattans. Wer also nach einer cremigen, aber trotzdem ernstzunehmenden Alternative sucht, dem sei der Milkman’s Punch aus Aberdeen empfohlen.

Credits

Foto: Mann beim Melken via Shutterstock

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