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Derrina-Whisky aus dem Schwarzwald

Whisky muss nicht ins Fass? Eine provokante These. Ganz soweit geht man im schwarzwälder Haus Fitzke zwar nicht – ihren eigenen Charakter haben die Brände dennoch. Eine Spurensuche am Frühstückstisch von Juliane Reichert.

Machen wir uns nichts vor – dass die meisten deutschen Whiskys, die in den letzten Jahren pilzähnlich aus dem Boden sprossen, so hoch gelobt worden sind, wie es eigentlich nur eine Mutter beim Anblick der ersten Kindergarten-Werke ihres Zöglings schafft, hat ein- und denselben Grund: für die Größe der Kinderschuhe ist das Ergebnis ganz toll.

Deutscher Whisky – eine Sache für sich

Und dafür, dass es kein Schotte, dass er so wahnsinnig jung ist und dazu nicht einmal aus Malz, schmeckt er außergewöhnlich schottisch, reif und malzig! Aber wer will Komplimente dieser Art eigentlich noch hören? Möglicherweise gibt es Gründe, aus denen man in anderen Ländern als in Schottland andere Whiskys produziert. Das mag unter anderem am Rohstoff liegen – schließlich ist Wasser aus dem Schliersee schlichtweg nicht torfig genug, um einem Slyrs auch nur die Spur einer Rauchnote zu verleihen. Das mag aber auch daran liegen, dass man es nun einmal anders machen will.

So schmeckt Rothaus’ Black Forest nun auch nicht wie er schmeckt, weil man es verzweifelt nach schottischer Manier versucht hat, sondern weil man den Whisky in Fassstärke mit Rothauser Brauwasser auf Trinkstärke gebracht hat.

Brennen, was zu brennen ist – aber mit Profil!

Ebenso produziert man beispielsweise auch keinen Grünkern-Whisky, wenn man eigentlich einen Green Spot hätte haben wollen. Und der Schwarzwälder Whiskybrenner Fitzke wollte den so gar nicht. Seit Generationen besitzt die Familie um Edith Fitzke bereits Brennrecht und brennt alles, was einen Brand zu erzeugen imstande ist. So auch Grünkern.

Margarine und Müsli: Frühstück oder Whisky?

Der aus ungemälztem Grünkern destillierte Whisky ist somit ein Single Grain. Der Nase gibt er das Gefühl einer Bastelstunde mit zu viel Uhu bei noch mehr Williams Christ-Birne – ein sehr schönes, aber recht ethanolisches Bild. Auf der Zunge wird es deutlich angenehmer und dem Birnenschnaps mischen sich süße Noten von Bienenwachs und frischem Gras bei, dabei bleibt er leicht und ein klein wenig parfümiert. Im Grunde schmeckt er wie Lätta-Werbung auf einer frisch gerodeten Wiese bei destillierter Birne Helene mit einem blonden Pferdeschwanz.

Das kann man vom Derrina Single Malt so überhaupt nicht sagen. Mit Dinkelmalz und Wasser der – nach einem Mythos scheinbar heilenden – Sankt Landelin Quelle kann man das Malz hier deutlich riechen, hinzu mischen sich Noten von Banane und Vollkornmüsli. Deutlich dunkler, derber und schwerer als sein Grünkern-Compagnon kommt dieser daher und katapultiert uns an den Nüsschen- und Schokobananenstand auf dem sich in einem Nadelwald befindlichen Jahrmarkt. Sollte Whiskytrinken jemals gesund werden, so mit diesem. Wären Opas Werther’s Echte damals mit Trockenfruchtgelée gefüllt gewesen, die Milch im Bananencrispmüsli destilliert und mit kandierten Tannenstreuseln garniert – es wäre das absolut Selbe.

Fasslagerung? Ist was für Schotten

Getoastete Fässer aus slowenischer Eiche werden für gewöhnlich für Barriques, also französische Weinfässer, verwendet. Fitzke aber lagert in diesen Fässern seine Rohdestillate für ein halbes Jahr, danach kommen sie für zweieinhalb Jahre in eigene gebrauchte Fässer. Gerade so die Mindestzeit haben die „Derrinas“ gemäß Whiskydefinition also hinter sich. Boshaft könnte man natürlich unterstellen, dass Whisky nach nur dreijähriger Reifezeit zweifelsohne auch schneller das Konto reifen lasse.

Dass Produktionen ohne Tradition sich nun einmal sputen müssen, um zu sehen, ob das Ganze sich überhaupt rentiert. Fitzke allerdings nennt andere Gründe – nämlich die Verwendung moderner Destillationsanlagen: im klassischen Rauh- und Feinbrandverfahren sowie mit der Kolonnenbrennerei entstünden hier so weiche und elegante Whiskys, dass eine Lagerung im Fass überhaupt nicht mehr nötig sei. So mancher Schotte brauche für ein solches Ergebnis schon mal 8 bis 12 Jahre.

Vorschlag, also: Wer ein schwarzwälder Grünkern-Destillat nach drei Jahren Reife unbedingt „Whisky“ nennen will, erntet selbstverständlich Aufmerksamkeit. Die schmeckt dann eben entsprechend, aber ein Dreijähriger kann das schon schlucken. Ist ja nicht aus Zucker… sondern Grünkern.

Credits

Foto: Arrangement und Torte via Shutterstock. Postproduktion: Tim Klöcker.

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