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Fat Washing in FÜNF! Schritten

Die Versetzung von Spirituosen mit fetthaltigen Aromaten, das Fat Washing, ist mittlerweile bekannt, schreckt aber viele ab. Dabei ist sie kinderleicht. Zum heutigen freien Sonntag gibt es daher einen kleinen Crash-Kurs in ölige, buttrige, speckige oder nussige Gefilde. Cheers!

Ehrlich gestanden, wird der Otto-Normalverbraucher und -genießer wohl selten eine glühende Leidenschaft für derlei fetttriefende Kreszenzen entwickeln, deren Oberflächen von kleinen Gucklöchern übersät sind, möge das Antlitz auch noch so verführerisch sein. Dass aber Fett einer der wichtigsten Geschmacksträger ist, darf man dabei nicht außer Acht lassen. Unser „skinny & light“-Wahn der letzten Dekaden hat rigoros jeglichem „Knusperschwartl“, feinster Fleischmarmorierung oder leisem Anflug von Extrakalorien den Kampf angesagt. Auf der Strecke bleiben muss der Geschmack und ein mit der Zunge schnalzendes „Who cares?“.

Auch im Drink kommt man zwangsläufig nicht um das Thema herum. Stellen sich bei fettigen Seelandschaften auf einem eiskalt gerührten Cocktail jedoch schneller die Nackenhaare auf, als wenn die Brühe glühend heiß und reichhaltig daherkommt, so haben Öl und Butter immer zu Bar und Spirituosen gehört.

Fat Washing ist mittlerweile weitläufig verbreiteter Usus der Bar-Zunft, ein äußerst probates Mittel zur Aromatisierung einer Spirituose. Und wie Dave Arnold, Cocktailguru und Technikfuchs allererster Güte, so treffend von sich gibt: „Fat Washing ist einfach, jeder kann das.“

Um Ihnen einen sicheren Pfad hin zu „greasy goodness“ an die Hand zu geben und große Schritte ins Fettnäpfchen zu vermeiden, haben wir FÜNF kompakte Fakten zusammengetragen.

1. Erwärmen und Verflüssigen

Das simple Prinzip des Fat Washing basiert auf der divergierenden Löslichkeit unterschiedlichster Aromaten: manche Geschmackskomponenten sind wasser- oder alkohol-, andere wiederum fettlöslich. Bringt man Fett nach Wahl – sei es Butter, ausgelassener Speck, Lardo, Olivenöl oder was immer die Speisekammer hergibt – in Kombination mit einer Spirituose, so erhält man eine delikate Infusion von einzigartigem Resultat.

Ein erster wichtiger Schritt dabei ist die Verflüssigung eben jener Lebensmittel-„Obszönität“, die als gewünschte Aromanote auserkoren wurde. Meist ist Wärmezufuhr vonnöten, um das Corpus Delicti von seinem festen in einen flüssigen Aggregatzustand überzuführen. Ob Bacon anbraten, Butter aufschäumen, Nüsse rösten – es entwickeln sich herrliche Düfte bereits bei der Vorbereitung, und während dieser Phase kann man auch noch zusätzlich geschmackliche Nuance mit einbeziehen. Bräunt man die geschmolzene Butter weiter, gibt man beispielsweise Kräuter oder gar Walnüsse zu. Oder man rundet mit einer Vanilleschote die Mischung ab.

2. Zusammenbringen

Hat man erst die gewünschte Konsistenz der fettigen Komponente erreicht, gilt es die Basisspirituose unterzumischen. Dabei ist tunlichst zu empfehlen, das Fett abkühlen zu lassen, um spektakuläre Spritzunfälle, Verbrennungen oder schlachtfeldartig anmutende Arbeitsplätze zu vermeiden.

Regelmäßiges Schütteln oder Umrühren, schlicht ein wiederholtes re-emulgieren der zwei Bestandteile, vergrößert die interagierenden Oberflächen und bietet kräftigere Ergebnisse. Denn bereits nach wenigen Minuten kann man beobachten, wie sich beispielsweise die flüssige Butter und der darunterliegende Alkohol separieren – ein Effekt, welcher später noch von fundamentaler Bedeutung sein wird. Je nach aromatischer Intensität des Fetts sollte man ein adäquates Verhältnis suchen, persönliche Studien haben im Bereich 5:1 etwa bei rauchigem Speck, respektive 4:1 bei dezenteren Zutaten vortrefflich funktioniert.

3. Extrahieren der Aromen – das Fat Washing

Auch die Einwirkdauer samt wiederholtem Aufschütteln sollte nach der gewünschten Durchschlagskraft der finalen Spirituose bemessen werden – dies kann von etwa einer Stunde bis zu einem Tag reichen.

Wiederum gibt man der Mischung etwas Zeit und beobachtet, wie die Fett-Komponente sich absetzt, anschließend transferiert man das ganze Behältnis in den Tiefkühler. Während die alkoholische Flüssigkeit nicht in einen fest gefrorenen Zustand übergehen kann, bildet die Fettschicht recht bald einen kompakten, durchgehärteten Pfropfen.

Stichwort Gefäß: eine große Öffnung, wie man sie etwa bei einem Einmach- oder Bügelglas vorfindet, ist hilfreich und erleichtert den gesamten Prozess.

4. Trennung der Bestandteile

Wieder aus dem eisigen Gefängnis befreit, bricht man das solide Fett vorsichtig auf, sodass sich die aromatische, darunterliegende Flüssigkeit leicht abseihen lässt. Die überwältigende Mehrheit der Fettpartikel ist von der Spirituose separiert und mit eingefroren, allerdings hat die alkoholische Basis-Aroma, Geschmack und zu einem gewissen Grad auch Textur des Fettes mitangenommen. Wer möchte, kann bereits zusätzlich ein mittelfeines Sieb verwenden.

5. Filtration

Als abschließender Schritt empfiehlt sich immer eine finale Filtration mittels Passiertuch oder Kaffeefilter, um feine, freischwimmende Partikel zu entfernen und eine nahezu klare Flüssigkeit zu erhalten.

Ob kinoartige, popcornige Butter-Remineszenzen oder deftig-rauchiger Bacon-Bourbon: Fat Washing ist ebenso einfach wie vielseitig einzusetzen. Das einzigartige Mundgefühl sowie die Aromenpalette der infundierten Spirituose sind ein Erlebnis für sich, pur wie im Drink. In fünf Schritten, mit wenigen Handgriffen

sowie haushaltsüblichem Equipment ist das derartige „Waschen“ quasi ein Kinderspiel. Vorsicht: speckig und mit einem zwinkernden Fettauge!

Credits

Foto: Fatwashing via OTTTN

Comments (9)

  • Seibert. Volker

    Mit Kaffeefilter & Passiertuch ist der Verlust viel zu groß…zudem verstopft alles und es dauert Stunden!Es ist wichtig eine konstante Temperatur von 4-6 Grad zu haben damit es nicht trüb wird .Eine Kieselgurfilteranlage mit einem 300 Filter ist unverzichtbar.

    Beste Grüße Volker Seibert

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    • Redaktion

      Lieber Volker,

      Deine Anmerkung in allen Ehren (und für den professionellen Bereich sicher ratsam). Aber hier geht es ja nun gerade darum, wie jedermann daheim ein Fat Washing durchführen kann. Und ich bezweifle, dass sich dieser jedermann für diesen Zweck eine Kieselgurfilteranlage mit einem 300 Filter kaufen möchte. Kaffeefilter und Passiertuch hingegen finden sich da schon häufiger. Und auch sie erfüllen ihren Zweck.

      Herzliche Grüße
      // Nils Wrage

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  • Edgar Diola

    Naja, eine “Kieselgurfilteranlage” ist letztlich nichts anderes, als ein Trichter + Faltenfilter und zwei Löffelchen Kieselgur. Aber mit einem Kaffeefilter geht es auch sehr gut.

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  • Seibert. Volker

    Hallo Nils , dann rechnet mal mit bis zu 30 % Flüssigkeitsverlust. Wenn Du mal in Köln bist können wir gerne mal was filtern …;-)
    Hallo Edgar ,das ist nicht richtig so ,Ich glaube nicht das Du unsere Anlage kennst…;-)Das hat nichts mit Trichter & Faltenfilter zu tun:-)!!

    Gerne schicke ich Dir ein Foto….Beste Grüße & ne tolle Woche an alle:-)

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  • schlimmerdurst

    Auf meinem Blog habe ich den spektakulären Fehlschlag des Versuchs, einen Szechuan-Pfeffer-Rum per Fat Washing herzustellen, dokumentiert. Fat Washing ist mit Sicherheit etwas, an das man durch mehrfaches Ausprobieren herantasten muss. Mein einer Versuch hat mich damals dermaßen abgeschreckt, dass ich es nicht nochmal probiere – Riesensauerei, Riesenaufwand, unterirdisches Geschmacksergebnis.

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  • Bulti

    Ich habe ein Coq-au-vin-Fatwash gemacht mit Weinbrand…..war wirklich nicht so gut, zuviel Knoblauch und Zwiebel.

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  • Peter Jablonski

    Hallo Volker,

    könntest Du uns das Modell verraten mit dem du arbeitest? Die Suche nach einem Kieselgurfilter bleibt weiterhin erfolglos.

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  • Pat Braun

    Hallo Peter,

    ohne Volker vorzugreifen kann ich nach einiger Recherche Deine Frage beantworten: Volker nutzt einen Rundfilter mit einer davor geschalteten Pumpe. Das System wird auch Schichtenfiltrationssystem genannt.

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  • Achim

    Ich hoffe du meinst Aromastoffe und keine Aromaten.

    Zweiteres gibt bei ARAL.
    ARomaten ALiphaten. 😉

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