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PARIS LIEGT IN TOKIO: DER FINS BOIS MOUSSE

Die Wahrnehmung anderer Kulturen spielt sich oft im Reich der Verklärung ab. Das muss nicht immer ein Nachteil sein, wie der Fins Bois Mousse beweist. Die Alexander-Variante von Yasutaka Nakamori aus Tokio rückt den hierzulande nicht sonderlich beliebten Cocktail in ein neues Licht. Und lädt zum Träumen ein.

Eine schöne Eigenschaft eines Cocktails ist es, dass er einen nicht nur durch seinen Geschmack und Stil, sondern auch durch seine Geschichte und Herkunft in eine andere Welt versetzen kann. Dadurch lässt sich mit French 75, Dry Martini, Oaxaca Old Fashioned, Mai Tai und Japanese Cocktail an einem einzigen Abend einmal locker um die ganze Welt reisen. Da hat man schön was gesehen, und muss trotzdem keine Ferientage abgeben.

Solche Cocktail-Reisen, wenn man sie so nennen will, haben auch den Vorteil, dass man sich auf pittoreske Vorstellungen des fernen Ferienorts beschränken kann und nicht mit der oftmals weniger poetischen Realität vor Ort konfrontiert wird. Eine solche beschönigende Wahrnehmung anderer Kulturen ist nicht außergewöhnlich, hält sich für gewöhnlich aber in einem gesunden Rahmen.

Das Paris-Syndrom

Nicht so in Japan: Hier gilt Frankreich als das Paradies auf Erden. Keine andere außerasiatische Küche ist in Japan so stark vertreten wie die französische, Personen, die etwas auf sich halten, versehen ihre Residenzen mit französischen Namen. Zum Problem wird das für japanische Touristen in Paris, wenn deren verklärtes Bild der Stadt der Liebe an der harschen Art ihrer Bewohner zerschellt. Bei einigen wenigen Reisenden ist der Schock so groß, dass sie ins Krankenhaus eingeliefert werden müssen. Für solche Fälle hat die japanische Botschaft in Paris sogar eine Notrufnummer eingerichtet.

Es verwundert also nicht, dass es zahlreiche Bars in Tokio gibt, die sich der gefahrlosen Vermittlung französischer Kultur verschrieben haben. Am besten gelingt dies Yasutaka Nakamori, der seit elf Jahren die Doras Bar in der japanischen Hauptstadt betreibt. Hier mischen sich Frankophilie und mixologische Hingabe, und es entsteht ein Frankreich, wie es sein sollte. Vielleicht zehn Gäste finden Platz in der Bar, im Hintergrund läuft klassische Musik bei Kerzenschein. Ausgeschenkt werden Cognac und klassische Cognac-Cocktails, jeder in seinem eigenen Vintage-Glas. Jährlich reist Nakamori auch nach Cognac, um sich fortzubilden und um Freundschaften zu pflegen. So ist über die Jahre eine tiefe Verbindung zu Guy Pinard entstanden, einem kleinen Haus, das kräftige, ehrliche Cognacs herstellt.

Ein Alexander, wie er sein sollte

Sei es aufgrund der kulturellen Distanz oder wegen eines süßeren Gaumens, man hat in Japan weniger Berührungsängste mit hierzulande verpönten Cocktails: Eine Frozen Margarita wird hier ebenso ernsthaft behandelt wie ein Manhattan, und für einen Alexander braucht man sich nicht zu schämen. Zu Ehren eines Japan-Besuchs von Herr Pinard hat sich Nakamori des Alexanders angenommen, und stellt ihn so vor, wie er sein solle.

Für gewöhnlich ist der Alexander ja eine anstrengend süße, geschmacklich einfältige Mischung, die dem Cognac oder Gin – je nachdem, welche Variante man bevorzugt –  wenig Möglichkeit zur Entfaltung lässt. Nakamori behält die Süße, immerhin soll der Alexander ein Dessert-Cocktail bleiben. Aber der japanische Hard Shake sorgt für eine luftige Textur, die in diesem Fall einen großen Effekt erzielt und dem Cognac den nötigen Raum gibt. Die Wahl fiel auf einen jungen Cognac aus der Gegend Fins Bois, welcher sich durch seine frischen, kräftigen Aromen auszeichnet. Um diese ins Rampenlicht zu rücken, gesellen sich einige Tropfen Chartreuse verte und Anisette dazu. Es trifft sich, dass die Aromen von Anis und Crème de Cacao sich mögen, und so entsteht ein harmonischer und interessanter Drink.

Ein Cocktail, mit dem man einen schönen Abend in Paris gebührend abschließt – ein Paris, wie man es sich vorstellen möchte.

Credits

Foto: Japanisches Bild an französicher Wand via Shutterstock.

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