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Der kräftig-fruchtige Fogcutter Cocktail beinhaltet auch Sherry

Merci, Sherry: Fünf! Mal spannende Sherry Cocktails

„There is room for Sherry Cocktails on any list at any time of the year.“ Jim Meehan hat Recht. Egal wo, egal wann, Sherry und Sherry Cocktails gehört zum guten Ton einer Bar. Mithilfe einer kleinen Zeitreise von Kalifornien bis Paris präsentieren wir FÜNF! tolle Sherry-Drinks, die jederzeit eine Empfehlung wert sind.

Wenige Produkte blicken auf eine so reichhaltige und bewegte Geschichte wie der verstärkte Wein aus Spaniens Südwesten. Ob Sir Falstaff, die Royals oder Genießer in der Neuen Welt, seit jeher ist Sherry fixer Bestandteil eines gutsortierten Weinkellers und jeder ernst zu nehmenden Bar.

Gründe dafür gibt es mannigfaltig: der historische Kontext, Tradition, das einzigartige Aromen- und Geschmacksprofil, all das jedoch bei niedrigem Alkohollevel. Von knochentrocken bis üppig süß, schlank-filigran oder wuchtig korpulent. Sei es nun als Basis, Modifier oder Flavouring Part im Cocktail: Fino, Amontillado oder Pedro Ximenez sind wahre Multitalente.

Entsprechend groß ist heute auch die Bandbreite an Sherry Cocktails, die sich den verstärkten Freund und Helfer zu Nutze machen. Wir präsentieren fünf glorreiche Momente der Trinkkultur unter der Schirmherrschaft des Sherrys – ausnahmsweise ganz ohne Cobbler. Dem Alltime-Favourit sei an anderer Stelle nachgespürt, diesmal wollen wir eine Handvoll weniger bekannte Kreationen vor den Vorhang bitten.

Tuxedo Cocktail

Gut angezogen ist man mit diesem Tuxedo eigentlich immer. Dabei sei vorweg klar gestellt: Es gibt jede Menge Drinks unter diesem Titel, genauso wie Anekdoten rund um den gleichnamigen Club unweit von Jersey City und seine Gäste. Posh und Adabei, Prince of Wales und kurz getragene Abendkleidung: Die Historie vermag hier so manche Geschichte zu erzählen. Dass das Getränk wohl nicht dem Club selbst, sondern dem legendären Waldorf Astoria entstammt, bleibt eine Randnotiz. (William Waldorf Astor war immerhin „Tuxedoite“, so die Diktion der Club Mitglieder.)

Den Genießer erwartet eine – im späten 19. Jahrhundert recht populäre – Mischung von Gin und Sherry. Bitters spielen elegant auf der Klaviatur perfekter Harmonie von Orange und dem nussig-hefigen Wein. Wer es gerne crisp und pointiert mag, greift zum Fino. Etwas molliger und opulenter wird die Angelegenheit mit leicht oxidativem Amontillado oder Oloroso. Ebenfalls dem eigenen Gusto überlassen bleibt, ob man der alt rezeptierten Empfehlung des Shakens folgt oder einen klaren, gerührten Drink präferiert.

6 cl Gin

3 cl trockener Sherry

1 Dash Orange Bitters

Glas: Cocktailschale oder Coupette

Optionale Garnitur: Orangenzeste

Zubereitung: Alle Zutaten mit Cracked Eis kräftig schütteln, in eine vorgekühlte Cocktailschale abseihen.

Up to Date Cocktail

Der gebürtige Deutsche Hugo Ensslin hat mit seinem Buch „Recipes for Mixed Drinks“ von 1916 eine letzte trinktechnische Momentaufnahme gesetzt – ein Abbild der American Bar vor dem zweifelsohne missglückten, „noblen Experiment“ des frühen 20. Jahrhunderts.

Den Up-to-Date Cocktail wird Ensslin dazumal wohl auch zahlreichen Gästen im Wallick Hotel am New Yorker Times Square dargereicht haben. Eine delikate, dem Manhattan nahestehende Kreation, welche einmal mehr die großartige Kombination von Sherry und Orange als Trumpf ausspielt. Der Autor bleibt eher vage in seinen Ausführungen, ist doch schlicht von „Sherry“ die Rede. In Anbetracht der stilistischen Vielfalt des fortifizierten Weins und der damit einhergehenden Vielfalt an Sherry Cocktails ergeben sich spannende Spielarten, süßlich tiefgründig mit Pedro Ximenez; komplex, trocken bis medium mit einem satten Amontillado. Analog zum Tuxedo Cocktail, darf man die Original Empfehlung zu „shaken“ getrost kritisch für sich hinterfragen.

4, 5 cl Rye Whiskey

4, 5 cl Sherry

0,5 cl Grand Marnier

2 Dashes Angostura Bitters

Glas: Cocktailschale oder Coupette

Garnitur: Zitronenzeste (Auch eine Orangenzeste passt wunderbar, um den Grand Marnier zu akzentuieren. Entscheidet man sich für eine süßliche Variante mit Pedro Ximenez, ist die Frische der Zitrone die passende Ergänzung.)

Zubereitung:

Alle Zutaten auf Eiswürfeln kräftig schütteln oder miteinander im Rührglas verrühren, in eine vorgekühlte Cocktailschale abseihen, nach Belieben mit den ätherischen Ölen einer Zitronenzeste parfümieren

Artist’s Special

Unweit des Moulin Rouge zog die Rue Pigalle zwischen den Weltkriegen Jazzkünstler, Schriftsteller, Bon Vivants und Charaktere der Nacht in Scharen an. Dem dort ansässigen Artist’s Club wird die Rezeptur des Artist’s Special Cocktails zugeschrieben. 1927 erstmals schriftlich erwähnt, beschreibt Harry Craddock den Drink drei Jahre später in seinem Savoy Cocktail Buch als „ink of inspiration, imbibed at the Bal Bullier“. Tinte auf den Füller also.

Heute – so scheint es – herrscht Uneinigkeit über die Wahl der Spirituose, unterschiedliche Quellen führen so ziemlich alles von Irish über Blended Malt bis hin zu Bourbon an. Ein britischer Whisky, im Sherry Fass gelagert, wäre eine thematisch wie geschmacklich stimmige Wahl. Greift man auf amerikanischen Whiskey und vielleicht sogar einen trockeneren Sherry-Stil zurück, erhält man ein nicht minder interessantes, wenngleich deutlich divergierendes Resultat.

3 cl Whisky

3 cl Oloroso Sherry

1,5 cl frischer Zitronensaft

1, 5 cl Ribiselsirup (Rote Johannisbeere)

Glas: Cocktailschale oder Coupette

Dekoration: Zitronenzeste, alternativ: Ribiselzweig

Zubereitung:

Alle Zutaten im Shaker vermengen, mit Eiswürfeln kräftig schütteln und in eine gefrostete Cocktailschale abseihen. Mit den ätherischen Ölen einer Zitronenzeste garnieren.

La Perla

Eine moderne Sherry- und Agaven-Interpretation liefert Jacques Bezuidenhout mit seinem La Perla, war Tequila doch bis ins spätere 20. Jahrhundert seltener Gast in Drinks und der beschreibenden Literatur. Schlicht in der Zusammensetzung, spielen die einzelnen Zutaten und ihre Qualität eine entscheidende Rolle für diesen Cocktail. Gerade mit Temperaturveränderung zeigt der La Perla seine Fülle und Komplexität, die Zitronenzeste als Garnitur bringt die letzte, durchwegs essentielle Finesse. Ein schillerndes Beispiel, wie sich auch Manzanilla abseits der breiten Tapas-Aperitif-Trampelpfade präsentieren kann.

4,5 cl Reposado Tequila

4,5 cl Manzanilla Sherry

2 cl Birnenlikör

Glas: Cocktailschale oder Coupette

Dekoration: Zitronenzeste

Zubereitung:

Die Zutaten im Rührglas auf Eiswürfel kalt rühren und in eine gekühlte Cocktailschale abseihen. Mit der Zitronenzeste parfümieren und garnieren.

Trident

Ein weiterer, kontemporärer Vertreter Sherry-geprägter Preziosen ist Robert Hess’ Trident. Die Idee des „Drink Boy“ aus dem Nordwesten der USA war ein Trinkerlebnis basierend auf obskuren Zutaten, insbesondere Fee Brother’s Peach Bitters. Während Hess zusehends Gefallen an Negroni-Variationen auf Aquavit-Basis anstelle des Gin fand, wurden zudem die anderen, klassischen Komponenten flott ausgetauscht. Die Wahl des Sherrys fällt auf eine trockene Variante. Hess lässt hier freie Hand, spricht jedoch selbst meist von Amontillado im Bezug auf seine Kreation. Trockenwürzige Noten von Tabak, Dörrobst und Leder, Kräuter und eine trotz aller Fülle belebende Frische – der Trident ist ein Faszinosum für sich.

3 cl Aquavit

3 cl Cynar

3 cl trockener Sherry

2 Dashes Peach Bitters

Glas: Cocktailschale oder Coupette

Garnitur: Zitronenzeste

Zubereitung:

Alle Komponenten im Rührglas auf Eiswürfeln vermengen und kaltrühren, anschließend in eine vorgekühlte Cocktailschale abseihen. Mit einer Zitronenzeste garnieren.

Für welchen Favoriten man sich auch entscheidet: Sherry Cocktails bieten für jeden Geschmack etwas. Sie wollen unbedingt noch weiter entdeckt werden!

Credits

Foto: Caroline Adam

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