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Kapselkaffee

Kapselkaffee – Der Pack(t) mit dem Teufel?

Kapselkaffee hat ein denkbar schlechtes Image. Umweltschädlich, komplett überteuert und zudem nicht mal sonderlich schmackhaft. Jedem, der sich bereits etwas intensiver mit Kaffee beschäftigt hat, rollen sich wahrscheinlich alleine bei dem Gedanken daran die Fußnägel hoch.
Gefühlt gibt es, wie es in vielen Bereichen aktuell Mode zu sein scheint, nur zwei Lager. Entweder du bist dafür oder dagegen. Oder insgeheim dafür, offiziell aber dagegen. Wie es eben gerade passt. So auch beim Thema Kapselkaffee. Wenn aber eine der renommiertesten Personen der internationalen Kaffeeszene, namentlich Maxwell Colonna-Dashwood, beginnt, sich intensiv und ernsthaft mit dem Thema auseinanderzusetzen, horcht man zwangsläufig auf. Und denkt im Idealfall nochmal über seine Einstellung nach.
Spricht man von Kapselkaffee, denkt man unweigerlich auch an die Marke Nespresso, ihres Zeichens ein sog. „Kofferwort“ aus „Nestlé“ und „Espresso“. In Kombination mit einem umfassenden Marketing entsteht also der Eindruck, es handle sich um eine einfach zu bedienende Espressomaschine. Und hier beginnen bereits die Missverständnisse. Genauer betrachtet handelt es sich bei Kapselkaffee nämlich um eine eigene Kategorie. Espresso hat eine Kaffeekonzentration (der Anteil an gelösten Kaffeepartikeln im Getränk) von ca. 10%. Filterkaffee hingegen kommt mit einer Konzentration von etwa 1% aus, Kapselkaffee liegt in der goldenen Mitte. Somit wird er nie so intensiv schmecken wie ein Espresso und immer kräftiger sein als ein Filterkaffee.

Weder Espresso noch Filter

Das liegt vor allem daran, dass die Brühtechnik eine komplett andere ist. Eine Kapselmaschine arbeitet mit lediglich 86-88 °C und einem hohen Druck von ca. 19 bar. Gebrüht wird hier in deutlich unter 20 Sekunden. Eine Espressomaschine hingegen erfordert 90-94 °C, gibt sich dafür aber mit einem Druck von 9 bar zufrieden. Die Brühdauer liegt dann bei 25 Sekunden oder mehr. Es sollte daher also leicht nachvollziehbar sein, dass das Ergebnis ein gänzlich anderes ist.
Aufgrund der unterschiedlichen Brühmethodik ist auch die Anforderung an die Röstung eine andere. Somit ist ein Vergleich des Kaffeemehls einer Kapsel mit dem einer regulären Röstung ebenfalls wenig sinnvoll. Da zudem weniger Kaffee in eine Kapsel gefüllt wird als für einen normalen Espresso, muss intensiver geröstet werden um das gewünschte Aroma zu bekommen. Unterm Strich kann man also sagen: Ein Kapsel-Espresso hat wenig mit einem Siebträger-Espresso zu tun und wird daher auch immer anders schmecken. Und über Geschmack lässt sich trefflich streiten.
Aber wie steht es um die Qualität?
Der eingangs erwähnte Colonna-Dashwood war einer der ersten, der es gewagt hat, High-End-Spezialitätenkaffee in eine Kapsel zu packen und damit freilich für großes Aufsehen gesorgt, wobei die Aufregung eben am Gebinde lag, nicht am Inhalt. Mit ca. 0,50 £ pro Kapsel sind diese nicht mal sonderlich viel teurer als die großer Anbieter. Da gerösteter Kaffee deutlich kürzer gelagert werden kann als im Rohzustand, wird er meist erst dann geröstet, wenn Bedarf besteht und er schnell abverkauft werden kann. Das führt mitunter dazu, dass der Rohkaffee während einer langen Lagerung an Qualität einbüßt.
Colonna-Dashwood hat jedoch feststellen können, dass durch hochwertige Kapseln, die z.T. einen Sauerstoffgehalt von unter 1% erlauben, Qualität und Aroma sogar deutlich besser konserviert werden können. Der grüne Kaffee wir dann geröstet, gemahlen und abgepackt, wenn er sein geschmackliches Optimum erreicht – nicht erst, wenn der Bedarf besteht. Hierdurch ist er über Monate hinweg ohne Qualitätsverluste lagerfähig.

Die Umwelt muss nicht leiden

Alles schön und gut, aber was ist mit der Umwelt? Auch hier lohnt sich ein zweiter Blick. Die meisten Kapseln bestehen aus Kunststoff und Aluminium und sind somit zum größten Teil recyclebar. Aluminium sogar zu 100%, wenn es richtig entsorgt wird. Und hier liegt der Hund begraben. Von den weltweit pro Minute hergestellten 39.000 Kapseln landen bis zu 29.000 auf Mülldeponien oder in Verbrennungsanlagen. Weil sie nicht richtig entsorgt wurden. Somit wird aus dem Kapsel-Kaffee einer der größten Umweltverschmutzer dieser Branche. Geht man aber von einer sachgemäßen Entsorgung aus, die über Gelbe Säcke, den Grünen Punkt oder spezielle Sammelstellen erfolgen kann, sieht es mit dem ökologischen Fußabdruck gar nicht mehr so schlecht aus. Im Gegenteil. Aufgrund der deutlich besseren Ausbeute der Kaffeebohne und dem wesentlich geringeren Strom- und Wasserbedarf einer Kapselmaschine rangiert diese sogar weit unterhalb einer regulären Espressomaschine. Alles steht und fällt also mit dem eigenen Recyclingverhalten. Mittlerweile gibt es gar kompostierbare Alternativen aus Bambus und Papier. Allerdings können diese qualitativ noch nicht ganz mithalten und haben ebenfalls einen recht hohen Energiebedarf bei der Herstellung.
Was den Preis angeht – gut: Ob die Einsparung an Arbeitsaufwand die zusätzlichen Kosten wert ist, muss jeder für sich entscheiden. Eine Kapselmaschine kann jedenfalls eine Alternative für eine Bar mit kleinem Budget und geringem Kaffeebedarf darstellen. Hier gibt es dank Marken wie Dualit mittlerweile auch hochwertigere Lösungen aus Edelstahl, die sich optisch nicht verstecken brauchen. Der Markt an schmackhaften Spezialitäten-Kapseln wächst ebenfalls immer stärker. Wer trotzdem keinen puren Kapselkaffee ausschenken möchte, dem sei gesagt, dass die Mixability eines Kapsel-Kaffees um einiges leichter im Handling ist als jene eines klassischen Espresso. Durch die geringere Konzentration fügt sich Kapsel-Kaffee unkomplizierter in den Drink ein, ohne diesen zu überlagern oder aus der Balance zu werfen, bietet aber gleichzeitig das reiche Kaffeearoma, dass viele erwarten, wenn sie einen Kaffeecocktail bestellen.
Ist man bereit, den Mehraufwand für das separate Recycling in Kauf zu nehmen und sich mit den verschiedenen Anbietern hochwertiger Kapseln auseinander zu setzten, dann ist auch eine Kapsel-Maschine gar nicht mehr so teuflisch.

Wie brühe ich den perfekten Kapsel-Kaffee?

  1. Gefiltertes Wasser (z.B. Britta) oder stilles Mineralwasser verwenden
  2. Maschine aufheizen, bis diese Betriebsbereit ist
  3. Einen Brühvorgang ohne Kaffeekapsel durchführen um altes Wasser und Lufteinschlüsse aus der Leitung zu lassen
  4. Kapsel vor dem Einsetzen einmal kräftig schütteln um Kaffee gleichmäßig darin zu verteilen und Klümpchen zu lösen
  5. Kaffee brühen und dabei darauf achten, dass die Wassermenge für den jeweiligen Kaffee eingestellt ist. (Kann mit einer Waage überprüft werden. Espresso: 20-25 g, Lungo: 60-65 Gg)
Credits

Foto: Tim Klöcker

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