TOP

Long Island Ice Tea – Das hässliche Entlein der Bar

Der August ist der Monat der verstoßenen Cocktails bei MIXOLOGY ONLINE. In der vergangenen Woche haben wir an dieser Stelle die Neuauflage des Schumann’s Klassikers Swimming Pool präsentiert und heute geht es um den Long Island Ice Tea.
Die meisten Bartender rümpfen die Nase, wenn ihnen der Wunsch nach einem Long Island Ice Tea, im Englischen “Iced Tea” geschrieben, entgegengebracht wird. Verpönt ist der Mix aus Hochprozentigem, dem Spritzer Zitrone und der Farbe spendenden Cola, weil er meist in Zusammenhang mit Flatrate-Trinkerei und bei der Suche nach dem schnellen Rausch genannt wird.
Weltberühmter Wettbewerbsdrink
Dabei ist der Long Island Ice Tea ein durchaus relevanter Cocktail der Bargeschichte. 1972 war es Bartender Robert Butt, der den Drink für einen Cocktailwettbewerb eines Triple Sec Herstellers kreierte und der im Anschluss das erlebte, wovon wohl auch heute noch die meisten Bartender träumen, wenn sie an einem Wettbewerb teilnehmen. Nämlich einen Drink vorzustellen, der es zu Weltruhm schafft, überall nachgemixt werden kann und auch nach Jahrzehnten noch auf unzähligen Barkarten auf dem gesamten Globus zu finden ist.
Im Falle des Long Islands Teas ist der Drink zwar immer noch weltberühmt, die Liebe, die ihm von Bartendern entgegengebracht wird, ist allerdings sehr bescheiden. Der Hamburger Barbetreiber Jörg Meyer ließ sich einst sogar zu dem Kommentar hinreißen, dass auf keinen Fall der Cocktail geschüttelt werden soll, sich aber der „Mensch der ihn trinken muss“ sehr wohl schüttelt. Schwer anzunehmen, dass hier wohlige Schauer gemeint sind. Die Gruppe vom Cocktailpodcast ist aber nicht die Einzige, die sich ernsthaft mit diesem Drink auseinandergesetzt hat.
Jeffrey Morgenthaler, Bartender, Blogger und Autor aus Portland, Oregon und sein Team aus der Bar Pépé le Moko haben sich alle Kommentare zu diesem Drink zu Herzen genommen und eine Variante ersonnen, die sowohl dem Ursprung des Rezepts gerecht wird, als auch in einer modernen Bar serviert werden kann. Laut Morgenthaler ein „leckerer Long Island Ice Tea, der unsere Gäste zufriedenstellt, erfrischt und sie dabei gerade an der Bar stehenlässt anstatt liegend auf dem Boden der Toilette“.
Kleine Einheiten besserer Zutaten
Einer der Gründe, wieso der Cocktail so in Verruf geraten ist, ist die vorwiegende Verwendung möglichst billiger Spirituosen und anderer, minderwertiger Zutaten. Die Gewinnmarge explodiert dadurch in etwa wie der Kopf des Trinkenden am nächsten Morgen, der nachhaltige Genuss bleibt aber auf der Strecke. Nun kann man als Bartender mit gewissem Anspruch zwei Dinge tun: entweder man verteufelt den Cocktail weiter und ignoriert ihn. Oder man akzeptiert, dass er in den Köpfen der Menschen verankert ist, und versucht seinen Gästen eine möglichst perfekte Variante zu servieren, wenn er schon nachgefragt wird. Kleineres Glas, kleinere Mengen besserer Zutaten und im Ergebnis ein schmackhafter und wirklich erfrischender Cocktail.

Credits

Foto: Long Island via Shutterstock

Comments (12)

  • Jens Müller

    Zumindest eine ehrlichere/differenziertere Herangehensweise als im Buch “Cocktailkunst”, in dem der Drink zwar vorgestellt, gleichzeitig aber schlechtgeredet wird (sorry, aber ich sag ja auch nicht: das hier ist mein Kumpel, er ist dumm, peinlich un nervig, aber er ist mein Kumpel).
    Ob ich mir heute noch einen Long Island bestellen würde? Nein.
    Ob ich schon mal einen getrunken habe? Aber hallo!
    Ob er Teil der Bar ist? 100%.
    Alle, die das nicht verstanden haben, dürfen mMn weiter ihren Schnurrbart stutzen 😉

    reply
  • Whiskydrinker

    Ich hätte ja mittlerweile gerne ein Zeitmaschine, mit der man so 30 bis 40 Jahre in die Zukunft reisen kann. Mit der würde ich dann nachsehen, was von der Bar der letzten paar Jahre wirklich geblieben ist.
    Meine Vermutung: NIx!
    Wenn man mal die Drinks verschiedener früherer Zeitepochen, die wirklich zu Klassikern wurden, wie z.B. Whisky Sour, Manhattan, Mai Tai, Long Island Ice Tea oder auch der klassische Swimming Pool, dann ist auffällig, dass die häufig mit einer besseren Hausbar gemixt werden können und die auch von den Zutaten zeitlos sind. Bourbon, Zuckersirup und Zitronensaft für einen Whisky Sour wird es genau so auch noch in 50 Jahren geben.
    Und genau diese zwei Komponenten des Klassikers vermisse ich bei mittlerweile so gut wie jedem Rezept, das hier in letzter Zeit von einem Wettberwerb veröffentlicht wird.
    Liebe Barkeeper, kein normaler Mensch macht sich die Mühe, diese ganzen versch…iedenen Infusionen nachzubauen oder sich den 15 staubfangenden Bitter ins Regal zu stellen.
    Wahre Unsterblichkeit erreicht man durch das Zusammenschütten von 5 handelsüblichen Schnäpsen plus Filler.

    reply
  • Rainer

    Oberes Kommentar genau meine Meinung. Warum immer alles schlecht reden was Umsatz macht. Ihr meckert immer an Pina Colada usw. aber diese Drinks lassen die Kasse klingeln…wer da die Nase rümpft ist selber Schuld. Ich denk eher das eure Rosmarinzweige, Bitter usw. ziemliche Ladenhüter sind.

    reply
  • Matze

    Wenn schon Long Island Ice Tea, dann bevorzuge ich eine Variante mit den oben genannten Zutaten, aber zwei cl frischen Zitronensaft und ein bis zwei cl frischen Orangensaft anstatt der Zugabe von Zucker. Schande über mein Haupt, aber ich floate dann auch mit Cola light oder Zero um ne schöne End-80er Jahre Schichtung zu erreichen. 🙂

    reply
  • Jens Müller

    @ Rainer: ich denke es gibt genug Bars, in denen Rosmarin etc. garantiert keine Ladenhüter sind. Und ich finde, alein dieser Artikel hier zeigt, dass gerade Mixology “offen” genug ist für Themen wie Swimming Pool, Long Island und Konsorten. Dass dabei Twists oder hochwertige/durchdachte Rezepte hervorgehoben werden finde ich entspricht dem Anspruch des Magazins, klar.
    Und klar sind in vielen Bars Long Island/Caipi/Cuba/… die Dreher/Renner. Spaghetti Bolognese auch – und trotzdem gibts Sterne-Küche. Hat beides seine Existenzberechtigung. Genauso wie ein Radeberger Pils neben einem Weiherer IPA eine Existenzberechtigung hat etc.

    reply
    • Rainer

      Ja genau um das geht’s ja. Ich finde es Schade wenn Drinks schlecht gemacht werden die sich schon sehr lange am Markt halten und die breite Masse ansprechen. Ich finds super wenn experimentiert wird. Jedem das seine ich steh persönlich auf Drinks mit frischer Frucht…ich finds nur Schade wenn man sich über Gäste lustig macht weil man ja jetzt Rosnarin trinkt den hab ich lieber aufm Steak…mach mich aber nicht über Leute lustig die ihn trinken.

      reply
  • juergen

    Es ist schade, dass bis heute immer wieder enttäuscht wurde von den verschiedenen Bars, in denen ich mich einen long island ice tea bestellt und getrunken habe. Meiner Meinung nach hatte ich den besten bis jetzt in einem Restaurant in Hanau, namens Chi chis, gehabt. Leider war dieses lokal in amerikanischer Regie geführt worden. Nun, die Amis sind leider fort und damit auch dieser perfekt zubereitete Cocktail.

    reply
  • Jan

    Finde es schade, dass noch nicht einmal hier auf die korrekte Schreibweise geachtet wird. Er kommt aus der USA und da heißt es nun einmal Iced Tee und nicht Ice Tea

    reply
  • Jan

    Und nun auch noch die Rechtschreibkorrektur…. Natürlich Iced Tea

    reply
  • Redaktion

    @Jan Das ist korrekt. Im “Original” heißt der Drink “Iced Tea” wie das alkoholfeie Getränk auf Teebasis. Allerdigns hat sich hierzulande umganssprachlich “Ice Tea” eingebürgert. Wir ergänzen das aber gerne. [d. Red.]

    reply
  • Pjotr

    sorry,
    aber schnapps schorle bleibt schnapps schorle.
    ich verzichte lieber auf das geld,
    das man damit vielleicht verdienen könnte.
    und (m)ein peinlicher freund ist peinlich und bleibt peinlich
    und hat natürlich hausverbot.

    reply
  • Wolfgang

    Leider gibt es fast keine Bar, die einen gescheiten Iced Tea mixen kann, soviel zu den Grundlagen.
    Da habe ich schon die abenteuerlichsten Zutaten, von gewöhnlich übelster Qualität, gesehen.
    Vielleicht liegt es auch daran, daß ein solcher Drink, gut gemacht, auch einen entsprechenden Preis beinhaltet.

    reply

Kommentieren