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Mein Drink & Ich: Martin Weisert und sein perfekter Whiskey Sour

Der Whiskey Sour ist einer der großen Evergreens der Bar. Martin Weisert hat lange getüftelt, um die für sich perfekte Rezeptur zu finden.
Bei diesem Prozess musste auch die elterliche Küche daran glauben. Aber am Ende hat es sich gelohnt, wie seine Variante des Whiskey-Klassikers beweist.

Wer kennt sie nicht, diese eine Frage. Von Berufskollegen, Freunden, Familie. „Was ist eigentlich dein Lieblingsdrink?“ Und immer wieder rettet man sich in ein und dieselbe Aussage. „Den habe ich nicht, es kommt immer auf meine Stimmung an!“

Von Negroni bis Campari Soda

Ich habe mir lange Gedanken gemacht, über welchen Drink ich gerne schreiben möchte. Es sollte ein Klassiker sein, der jedem ein Begriff ist. Doch welcher genau ist nun eigentlich „mein Drink?“

Im Sommer auf der Terrasse mit Freunden – wenn denn bei uns in Deutschland auch mal die Sonne scheint – ja, da fließt der eine oder andere Negroni. Gern auch mal ganz einfach ein Campari Soda. Aber bei wem ist das nicht so. Zur Abwechslung einen Gin & Tonic oder Tom Collins, damit macht man in der Regel nie etwas verkehrt.

Drinks zum Abschalten vom Alltag

Entspannt in einer dunklen Bar sitzen, abschalten vom Alltag. In Erinnerungen schwelgen, nach neuen Ideen haschen, wenn der Kopf frei ist und man sich um nichts kümmern muss. Hier verliert man sich dann wohl in einen gut gerührten Old Fashioned oder Corn n’ Oil.

Aber was genau verbinde ich mit diesen Drinks? Zumindest keine langen Experimente an der Rezeptur. Hierfür gefallen sie mir im Original einfach zu gut. Ich möchte auch keinen neuen Signature kreieren, sondern einen gängigen Drink von seinem Geschmacksprofil her einfach nur ein klein wenig aufwerten.

Als ich begleitend zu meiner Ausbildung im Park Hyatt Hamburg eine Zusatzqualifikation zum IHK Barmixer machen durfte, habe ich schon damals meine Kollegen gelöchert, quasi penetriert, mir doch alles beizubringen, was sie wissen. Wie wird welcher Drink korrekt und elegant zubereitet? Das Streben nach Wissen und Perfektion war schon immer eine Stärke, oder eben auch eine Schwäche von mir. Wieso waren die Rezepte der IHK Lehrgänge so anders als jene, die wir in der Bar hatten?

Alles nur auswendig lernen bringt einem nichts. Man muss ausprobieren, drauf losmixen, lernen, um zu verstehen. Ich hatte damals großes Glück, dass mein erster Barchef Alberto Costa früh meinen Ehrgeiz und meine Leidenschaft erkannte. Er ließ mich immer machen: Aus Fehlern lernen, um sich weiter zu entwickeln, zu verbessern. Und ich erinnere mich immer noch an einen bestimmen Abend, an dem ich in der Küche meiner Eltern ein Riesenchaos angerichtet habe, um meinen damaligen Lieblingsdrink in Ruhe für mich zu perfektionieren.

Auf die Dauer hilft nur Whiskey Sour

Vor mir standen sechs kleine bunte Ikea-Schälchen, allesamt gefüllt mit verschiedenen Mengen Bourbon, frischem Zitronensaft und Zucker. Mal mehr, mal weniger von allem. Aber welches Rezept gefällt mir denn nun am besten? Berufsschule 4-3-2? Zuckersirup oder Läuterzucker? Gehe ich mit dem Whiskey-Anteil hoch, wie wir es in der Bar machen?

Letztendlich habe ich gemerkt, dass mir eine größere Menge Whiskey in meinem Whiskey Sour eindeutig zusagt. Und so fand ich für mich das heute fast gängigste Rezept mit 6-3-2 tatsächlich am geeignetsten, bis ich eines Tages in einer Londoner Hotelbar die Welt der Bitters für mich entdeckte.

Etwas war anders an den Drinks. Ich konnte mit meinem noch ungeschulten Gaumen nicht ganz verstehen, was es genau war. Aber es war großartig. In jeder Bar wird es irgendwie ein bisschen anders gemacht, jeder bringt seine persönliche Note ein. Es gibt nicht “richtig“ oder „falsch“. Es gibt nur „schmeckt mir“ oder „haut mich vom Hocker“, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort.

Mein perfektes Rezept für den Whiskey Sour

So kam nach und nach das Lieblingsrezept meines Whiskey Sour zur Vollendung. Fangen wir mit dem Alkohol an. Bourbon, versteht sich. Aber wie viel genau? Joerg Meyer sagte mal über das Rezept seines sehr bekannten grünen Drinks, „5cl sind zu wenig, 6cl sind das Rezept und 7cl sind Liebe“. Und mit Liebe halte ich es auch mit meinem Whiskey Sour. 6 cl Bourbon, hinzu 1 cl eines hochprozentigen Rye Whiskeys, für eine kleine würzige Extranote. Dazu 3 cl frisch gepresster Zitronensaft, 2 cl Zuckersirup und Eiweiß, denn ich mag diese weiche Textur, die das Eiweiß dem Drink verleiht. Ich bevorzuge auch hier den Einsatz von Bitters, jedoch nicht einfach nur Angostura Bitters, sondern ebenfalls ein Dash Aztec Chocolate Bitters, ein unerwartetes, spannendes Finish. Der ganze Drink geht noch mehr in die Tiefe. Alles zusammen auf Eis shaken und in einen mit Eiswürfel gefüllten Tumbler abseihen.

Als Abschluss eine flambierte Orangenzeste, abgespritzt, nicht mit ins Glas. Und da ich ein großer Fan von kleinen Snacks bin, es aber dennoch klassisch bleiben soll, darf man gern ein paar Kirschen an die Seite geben. Selbstgemacht, versteht sich, nur leicht süß mit vielen intensiven Fruchtnoten. In der Kombination mit dem Rye Whiskey und der Schokolade im Abgang passt das ideal. Cheers!

Credits

Foto: Foto via Constantin Falk.

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