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Die MIXOLOGY-Verkostungsrunde im April 2016

Die Ananas kommt immer mehr – diesmal mit dem neuen Plantation Pineapple. Ebenfalls herausragend punktet in dieser hochkarätigen Ausgabe der Clairin Sajous aus Haiti. Dazu gesellen sich ein neuer Vodka aus dem Hause Windspiel, ein neues, vielversprechendes Tonic Water, mit Vørding’s ein neu verfügbarer Gin sowie die neueste Flugnummer aus der Lufthansa Cocktail-Reihe. Cheers!

Ananas geht immer! Das scheint man sich derzeit an vielen Ecken und Enden der Barwelt zu denken. Die ikonische Frucht ist begehrt wie schon lange nicht mehr. Bevor wir jedoch nach Trinidad und auf die Ananas schauen, halten wir es bodenständig und beginnen mit der guten, alten Kartoffel.

Windspiel Barrel Aged Potato Vodka

Nach dem Kartoffel-basierten Gin war es nur eine Frage der Zeit, bis aus der Eifel und dem Hause Windspiel auch eine Vodka-Entsprechung kommen würde. Dabei handelt es sich um einen Jahrgangsvodka aus der Sorte Pirol, für den auch die Kartoffeln aus eigener Pflanzung stammen. Wir haben es also mit einem Produkt aus einer Hand zu tun. Das Packaging ist – wie bereits auch die vorigen Produkte von Windspiel – über jeden Zweifel erhaben. Die elegant-wuchtige Flasche nimmt die Formgebung des Gins auf, ist allerdings transparent gehalten und gibt das charakteristische Windhund-Logo in Form eines Etiketteneinschnitts wieder. Dazu kommen ein Holzstopfen und der typische Metallring samt Fähnchen – eine glatte Eins!

Die Nase umschmeichelt der dreifach gebrannte Vodka mit leichten und frischen Holztönen, die auch die typische, feine Vanille in sich tragen, die man beim Schlagwort „Barrel Aged“ erwarten dürfte. Das ganze ist flankiert von etwas Birne und Butter. Im Mund punktet er mit einer angenehm cremigen Honigsüße, etwas Pfeffer, sowie einer gesunden, sauberen Schärfe. Alles zusammen mündet in ein sahniges, stabiles Finish. Ein hervorragender Sipping-Vodka, der sich glücklicherweise in keiner Weise mit vielen anderen „Premium“-Abfüllungen gemein macht. Freilich nicht ganz günstig, aber für Liebhaber eine ernstzunehmende Wahl.

0,5 Liter

42% Vol.

€ 44,99

Vørding’s Gin

Zwar erweckt der Name den Eindruck, man hätte es beim Vørding’s Gin mit einem skandinavischen Produkt zu tun, tatsächlich stammt der Brand jedoch aus Amsterdam. Erdacht in der Metropole an der Amstel, wird der Gin dann aber tatsächlich in der Welthauptstadt des Genever, dem kleinen Schiedam, produziert. Das besondere Charakteristikum des minimalistisch und sehr edel verpackten Vørding’s ist die Infusion mit getoastetem Zedernholz.

Im Glas zeigt der Gin mit seiner rudimentären Trübung dann zunächst die nicht vorhandene Filtration. Der Alkoholgehalt ist mit 44,7% Vol. im mittleren Bereich. Neben eher dunklen, eher erdigen Wacholdernoten kommen zunächst vor allem Grapefruit und etwas Stachelbeere zur Geltung. Später treten leicht deftige Töne von Zimt dazu, der Gin nimmt Fahrt in pikante Gefilde auf. Entgegen dieser Tönung ist der Vørding´s dann am Gaumen überraschend süffig und mild, mit leichter Adstringenz. Der Wacholder ist nach wie vor nicht allzu prominent, nach hinten raus dominieren vor allem die würzigen Noten von Koriander und Zimt, der sich im Mundraum festsetzt. Ein spannender Gin zu einem vernünftigen Preis, die Vertriebswege müssen jedoch noch geklärt werden.

0,7 Liter

44,7% Vol.

vor. ca. € 37,50

Gentleman’s Tonic

Aus der Schöpfungskraft zweier fränkischer Studenten und Bartender hervorgegangen ist das Gentleman’s Tonic Water, das in der noch ungewöhnlichen 0,33-Liter-Flasche auf den Markt kommt und das Geschehen um die bitter perlenden Limonaden hierzulande bereichern möchte. Gleichzeitig soll jedoch an der Realisierung eines für die Gastronomie sinnvolleren 0,2-Liter-Gebindes gearbeitet werden.

Das Tonic Water steht mit recht feiner Kohlensäure im Glas, die dem einen oder anderen vielleicht eine Spur zu schwach sein könnte. Beim ersten Nosing zeichnet sich das Gentleman’s vor allem durch recht starke Kräuternoten aus, fast ein wenig wie beim noch nicht allzu lange verfügbaren 19:05 Herbal Tonic von Fentiman’s. Im Mund spielt es aber mit seiner schlanken Bitterkeit und gesunden Süße nicht nur die Rolle als Pur-Limonade, sondern gleichwohl als potenter Sparringspartner besonders für zeitgenössische Gins aus. Allerdings wird es dabei eher weniger der aktuell erhöhten Nachfrage nach trockeneren Tonic-Qualitäten gerecht. Einigen Testern waren zudem Geschmack und Textur im Vergleich zu etablierten Abfüllungen ein wenig zu eindimensional. Insgesamt ein für sein junges Alter schon recht ausgereiftes, aber verbesserungsfähiges Produkt. Dennoch eine Probierempfehlung!

0,33 Liter

0% Vol.

ca. N.N.

Lufthansa Cocktail Dutch Coffee Cup

Noch gar nicht lange ist es her, dass die Berliner Agentur Small Big Brands die sechsteilige Kern-Range des neu belebten Lufthansa Cocktails lanciert hat – schon kommt die erste Sonderedition hinterher. Unter dem klangvollen Namen „Dutch Coffee Cup“ kommt nun in Kooperation mit der Diageo-World Class Reserve-Linie und dem Berliner Bartender Atalay Aktas ein Bottled Cocktail auf den Markt, der allein mit seinem Design ein gelungenes Projekt darstellt: Die Formsprache der Haupt-Range wird konsequent übernommen, jedoch in einem markanten Look aus Gold und Schwarz.

In der Flasche wiederum findet sich eine Mischung, die an einen enorm aufgearbeiteten und fruchtigen Black Russian gemahnen könnte: Ketel One Vodka, Grand Marnier Louis Alexandre, Calvados VSOP und Cold Brew-Kaffee. Dazu kommen Muscovadozucker und eine Gewürztinktur. Die Kaffeenoten sind aufgrund des verwendeten Cold Brew überaus zart, leicht blumig und zurückhaltend – die für diese Zubereitungsart typische Abwesenheit von übermäßiger Bitterkeit zeichnet den Drink aus. Daneben ist der Dutch Coffee Cup im wahrsten Sinne das, war man bei dem Namen erwarten könnte: Ein Cocktail gewordener Schokoladenkuchen, fast ein wenig wie Sachertorte. Schön sind vor allem die kontrollierte Süßung und die feinen Noten von Kakao, Holz, Muskat und Zimt. Die empfohlene Orangenzeste sollte dem Dutch Coffee Cup im Glas die nötige Komplexität verleihen, die ihm beim reinen Verkosten noch ein wenig fehlt.

0,5 Liter

27,8% Vol.

€ 39,90

Clairin Sajous Saint Michel l’Attalaye

Die Gattung Clairin ist typisch für Haiti und mit dem Rum bzw. Rhum Agricole eng verwandt. The House of Whiskies vertreibt neuerdings eine dreiteilige Clairin-Range aus Haiti. Der Clairin Sajous Saint Michel aus der Chelo-Brennerei nahe dem gleichnamigen Ort von Brenner Michel Sajous ist jene Abfüllung, für die sich die Verkostungsrunde entschieden hat. Die schmale, gerade Flasche signalisiert Zurückhaltung, ebenso wie das simple Etikett, das in einfacher Serifenschrift alle wichtigen Informationen über den Brand verzeichnet. Gebrannt wird aus purem Zuckerrohrsaft in zweifacher kontinuierlicher Destillation.

Das Ergebnis ist angesichts der Flaschenform eine echte Überraschung, kann sich aber sehen und vor allem schmecken lassen: Der Clairin Sajous ist ein echter Brecher! Die Aromen des ungereiften Brandes mit 53,5% Vol. kommen mit klaren Tönen von gegrillter Ananas und Kochbanane, dazu gesellen sich eindeutige, fleischig-rauchige Aromen, die sofort am ehesten an einen Pechuga-Mezcal gemahnen. Diesen Eindruck setzt der Clairin im Mund fort, wo er sich mit einer schier verblüffenden Cremigkeit ausbreitet, nicht ohne auch hier mit tiefer Komplexität aus Würze, Tresternoten, Kernobst, Vanille und prägnanter Salzigkeit zu beeindrucken. Ein absoluter, neuer Favorit der Redaktion, und das zu einem sehr guten Preis!

0,7 Liter

53,5% Vol.

ca. € 34,90

Plantation Pineapple Rum

Bereits in der aktuellen Print-Ausgabe des MIXOLOGY MAGAZIN gibt sich mit dem Ananas-Rum aus dem Hause Tiki Lovers ein entsprechender Blend die Ehre. Von Plantation kommt nun mit dem Plantation Pineapple die nächste Abfüllung, und das aus bestem Hause.

Die große Besonderheit, die trotz der „Riecht wie ne Piña Colada“-Assoziation die gesamte Runde eint, ist folgende: Beim Plantation Pineapple geht es – anders als bei vielen industriellen Infusions – nicht darum, die Spirituose als Träger für ein anderes Aroma zu verwenden. Der Plantation Pineapple will Rum und Ananas zusammenbringen, ihre Aromen zu einem Ganzen formen. Und das gelingt dem Blend aus Trinidad-Rum und Ananasrinde mit Bravour. Die Rum-Aromen von reifer Banane, Karamell, etwas Sahne-Toffee und Kokos sowie leichter Estrigkeit vereinen sich wunderbar mit den natürlichen und dezenten Tönen der Ananas, die diese Infusion nicht dominiert, sondern bereichert. Alles andere als ein gewöhnlicher Spiced- oder Frucht-Rum. Auch hier gilt: ein mehr als angemessener Preis.

0,7 Liter

40% Vol.

ca. € 34,99

Comments (1)

  • Hanni

    Plantation macht wirklich sehr leckere Rums in allen Preisklassen.

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