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Die MIXOLOGY-Verkostungsrunde November 2015

Gleich dreimal neues Tonic Water von Weisswange, zweimal neuer Tequila von Chile Caliente und ein belgischer Gin, der die Redaktion begeistert. Die mutige Verkostungsrunde im MIXOLOGY-Büro ist wieder zur Tat geschritten und hat Neuerscheinungen aus der geistigen Welt erprobt. Zum Wohle!

Und schon ist der Monat wieder vorbei: der letzte Dienstag im Monat, das heißt, dass die Verkostungsrunde zusammentritt. Wie immer dabei: Gin & Tonic von Weisswange und Copperhead. Aber auch Tequila von Chile Caliente, der Mainzer Vodka „für“ Harald Schatz, Juuri Unaged Rye und Dark Matter Spiced Rum sind mit von der Partie. Ein vielseitiges Feld mit einigen Überraschungen.

Chile Caliente Tequila Blanco & Añejo

Zu der Flasche der beiden Abfüllungen des Chile Caliente muss man eigentlich nicht viel sagen – so etwas liebt man, oder man hasst es eben. Die Form einer Chili aufnehmend, spiegelt sich diese Formgebung auch in der grünen bzw. roten Färbung wider. Passend zur Flasche sitzt ein ebenso gläserner, gefärbter Stopfen auf der Flasche und möchte einen hochwertigen Eindruck erwecken. In jedem Fall ein Blickfang im Rückbüffet.

Der Blanco will, so zeigt sich, vor allem eins: den Zugang zur Gattung Tequila erleichtern, so zugänglich und simpel ist er. Zwar kommt eine klare, grasige Agavennote mit etwas Zitrus zum Tragen, was hingegen vollkommen fehlt, ist jegliche Salzigkeit oder Komplexität. Am Gaumen vor allem wieder jene Spur von Zitrone, ansonsten wirkt der Caliente leider recht dünn. Das mag manchem unerfahrenen Pur-Trinker zupass kommen, lässt aber den Tequila als Mixspirituose fast komplett ausscheiden.

Ähnliches gilt für den Añejo: eine sehr deutliche Holznote mit einer Ahnung von Teer und Kautschuk sowie dunklem Karamell bleibt insgesamt recht einseitig. Auch ihm fehlt im Mund jegliche Saftigkeit, allerdings bemerkt die Runde eine runde, zurückhaltende Honigsüße mit weißem Pfeffer und etwas Vanille. Doch wie für seinen ungereiften Bruder gilt auch für den Caliente Añejo, dass er als Shot bestimmt seine Freunde findet, jedoch in Cocktails eher weniger zu den Favoriten zählen dürfte. Insgesamt zwei eher mittelmäßige Tequilas.
0,7 l
40 % Vol.
Blanco: ca. € 36
Añejo: ca. € 52

Copperhead London Dry Gin

Auch das zweite Produkt der Runde ist ein veritabler „Eyecatcher“: seinem Namen wird der Copperhead Gin durch eine im Kupferlook überzogene Flasche mit quadratischem Grundriss gerecht – massiv, minimalistisch und durch den Metall-Look durchaus elegant. Zur Freude der Redaktion ein klassischer Gin, der seiner belgischen Herkunft und der Jenever-Tradition durch schlichte fünf Botanicals Tribut zollt.

Wacholder, Koriander, Angelikawurzel, Orangenschale und Kardamom geben dem Kupferkopf mit mäßigen 40% Vol. dann auch ein typisches, zeitloses Gin-Antlitz: kraftvolle Tönungen von Nadelwald und Zitrone lassen auf beherzten Einsatz von Koriander und Wacholder schließen. Dazu kommen einige vollere Noten von Moos, Erde und Lakritz. Diese herzhafte Nase flankiert der Copperhead dann durch eine komplexe Milde, die Zitrone tritt deutlicher hervor, bevor der Gin in ein angenehm weiches, volles und adstringent-ätherisches Finish mündet. Ein toller, sehr sauber destillierter, aber leicht zu nehmender Gin, der vor allem an einen Einsatz in würzig-eleganten Martinis denken lässt.
0,5 l
40 % Vol.
ca. € 45

Harald Schatz Vodka

Dem Mainzer Hausmeister Harald Schatz möchte man im Hause A Witch, A Dragon & Me ein flüssiges Denkmal setzen und Danke sagen. Der Hinweis „Janitor’s Finest“ prangt daher stolz auf dem sehr zeitgeistigen, in schwarzweißen Segmentern gehaltenen Papier-Etikett aus grobem Papier. Ein Markenauftritt der, in jedem Fall im Kopf hängenbleibt. Ein „Mann der Tat“ und Spezialist für „einfache Lösungen“ soll jener Harald sein. Wir erwarten also einen geradlinigen, schnörkellosen und kräftigen Vodka. Kann diese Kraft nach der erwähnten fünffachen Destillation noch da sein?

Tatsächlich riecht Harald zunächst einmal nach sehr wenig, ein extrem reiner Brand. Einzig sehr verhaltene Vanille und zarte Kräuternoten erheben sich aus dem Glas, in dem der Vodka mit nur sehr wenig Bindung schwenkt. Beim Antrunk merkt man dann: der Hausmeister mag es nicht nur einfach, er mag es auch süß. Dabei wir die Süße gut eingebunden, wirkt nicht synthetisch und wird durch einen leicht laktil-buttrigen und – Überraschung – getreidigen Gesamteindruck des Brandes getragen. Betont werde muss noch einmal die außergewöhnliche Milde – auch, wenn dadurch sicher ein wenig Aroma im Brennkessel zurückbleibt. Dennoch ein schöner Vodka vor allem für den Purgenuss.
0,7 l
40 % Vol.
ca. € 24

Juuri Unaged Rye

Juuri Unaged Rye aus Finnland riecht indes gleich für Harald mit: da es mitunter schwer zu sagen ist, wo die Grenze zwischen White Dog und Vodka gezogen werden muss, mag man die beiden ein wenig miteinander vergleichen. Und in der Nase macht Juuri eindeutig das Rennen. Saftige Noten von Roggen und Sauerteig entströmen dem Glas, dazu Röstnoten und ein wenig Heu. Nach einiger Zeit gesellt sich dazu eine Idee von unreifer Birne, ein in ungelagerten Roggenbränden nicht allzu selten anzutreffendes Aroma.

Im Mund dann wird Juuri dem Nosing gerecht, und zeigt definitiv eine ganze Menge Selbstbewusstein. Ein rauer Bruder, der die Hefenoten aus der Fermentation – auch das typisch für White Dogs – schonungslos offenlegt. Und auch die brotigen Töne bleiben dominant, außerdem ein wenig salziges Popcorn. Leider bleibt der Rye danach recht eindimensional und bissig, wobei keine unangenehme alkoholische Schärfe spürbar ist. Interessant dürfte hingegen sein, wie sich Juuri beispielsweise in einem einfachen, klassischen Sour verhält: der Verbund aus Zitrone und Zucker mag schließlich so manchem Whiskey völlig unerwartete Noten entlocken. Ein durchaus empfehlenswertes Produkt.
0,5 l
46,3 % Vol.
ca. € 45

Dark Matter Spiced Rum

Mit für einen Spiced Rum erfreulichen Stärke von 40% Vol. macht der Dark Matter Lust in einer Gattung, die so oft durch sogenannte, stark gesüßte „Spirit Drinks“ mit 30-35% in Verruf gezogen wird. Und auch die Schottische Herkunft lässt hoffen, dass die Runde es hier mit einem kantigen, aromatischen und trockenen Zeitgenossen zu tun hat. Die Flasche ist simpel, massiv und erweckt einen gesetzten, eleganten Eindruck.

Im Glas erfreut zunächst die schöne, sehr natürlich wirkende kupfern-braune Färbung des Rums. Das Aroma setzt sich sich deutlich von typischen Vertretern der Gattung ab. Zwar finden sich die üblichen Nuancen von Lebkuchen, Piment, Orange und Zimt, dazu kommt jedoch ein echtes „Brett“ aus Leder, Tabak und Zedernholz, das dem Dark Matter ein wirkliches, stabiles Rückgrat gibt. Entgegen dem trockenen Vorklang ist der Spiced dann leider doch recht stark gesüßt. Die Süße wirkt zwar relativ natürlich, wie von Melasse oder Rübensirup herrühren, und sie korrespondiert sehr schön mit der feinen, zimtigen Schärfe und voller Gewürznelke. Im Rachen ein wenig Eukalyptus. Dennoch bleibt am Ende die Frage, warum hier nicht ein wenig subtiler an der Zucker-Schraube gedreht worden ist. So scheidet der Dark Matter leider für viele Mix-Zwecke doch wieder aus und wird wohl eher als Likör Verwendung finden.
0,7 l
40 % Vol.
ca. 35 €


Weisswange Tonic: Classic, Hibiskus & Cucumber

Gleich drei Sorten Tonic Water kommen von Weisswange aus Hamburg. Neben einer Auswahl an Fillern werden außerdem Spirituosen, Limonaden, hochwertige Sirupe sowie extravagante Parfums hergestellt. Aufgrund der Vitalität des Tonic-Marktes stürzt sich die Verkostungsrunde durstig auf die drei bitteren Filler-Varianten, die allesamt in typischen, zurückhaltend etikettierten Flaschen präsentiert werden.

Das klassische „The Tonic Water“ wartet zwar zunächst mit einem recht penetranten Aspekt industrieller Zitronenlimonade auf, kann diesen Eindruck aber im Mund glücklicherweise durch eine gesunde Trockenheit, lebendige Kohlensäure und feine Frische von Grapefruit und ein wenig Minze elegant wieder auffangen. Es bleibt allerdings die Frage, ob viele milde Gins durch das Weisswange Tonic nicht schnell erschlagen würden.

Eine andere Symptomatik weist das „Hibiscus Tonic“ auf, dessen Farbe in der Flasche synthetisch wirkt, bis sich im Glas schließlich herausstellt, dass auch die rosige Farbgebung offenbar auf rein natürlichem Wege mit dem Hibiskusextrakt in die Flasche kommt. Hier ist der Duft deutlich und stark floral, ohne überfordernd zu wirken, dafür ist hier allerdings die Süße wiederum recht hoch angesetzt – der derzeitigen Tendenz zu trockenen Fillern eher gegenläufig.

Einen besonderen Akzent hingegen setzt das „Cucumber Tonic“. Eine satte, gemüsige und natürliche Gurkennote quillt aus dem Tonic hervor. Die Süße hält sich in Grenzen und wird hervorragend konterkariert durch kraftvollen Chinin, das dem Tonic seine Fülle gibt. Man mag streiten, ob das noch ein Tonic ist. Spannend ist es in jedem Fall.
0,2 l
0 % Vol.
alle ca. 2 €

Credits

Foto: via Sarah Liewehr

Comments (2)

  • Mikko

    Also für einen Tonic haben die mit 40% Vol. ziemlich viel Alkohol, und die Flaschen sehen auch etwas klein für 0,7l oder?

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