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Hybridspirituosen, Patchwork im Backboard

Hybrid. Gebündelt, gekreuzt, gemischt. Die Verbindung zweier Komponenten zu einem Neuen markiert die Entwicklung der letzten Jahre. Und das in allen Lebensbereichen. Auch bei Spirituosen ist diese Entwicklung zu beobachten.
Golfschläger versuchen als Hybrid die Spieleigenschaften von Eisen und Holz zu vereinen, Hybridautos generieren ihre Antriebskraft aus Batterie und Verbrennungsmotor und auch einige Spirituosen sind Hybriden, weder Teufelselixier noch heiliges Weihwasser. Eine Übersicht.
Voneinander lernen
Die Bar ist ständiges Entwicklungsfeld, Geburtsort für Trends und Moden. Eine Dynamik, die Grenzen sprengt und den schöpferischen Geist der Bartender nicht auf die bekannten Standardspirituosen reduzieren lässt. Vodka, Gin und Bourbon sind infusioniert, infundiert und zu exotischen Sirupen verkocht. Selbstgemacht in Handarbeit, um fehlende Aromen zu finden. Dieses Experimentieren ist ein Wechselspiel von kreativem Mastermind am Tresen und Spirituosenindustrie und ist auch den Herstellern nicht unbekannt. Vielmehr ist es die Annäherung durch gemeinsame Interessen, das gegenseitige Lernen über die Bedürfnisse des anderen, Wirtschaftlichkeit, Geschmacksvielfalt und die Entwicklungsrichtung der Barkultur.
Hybrid als Modeerscheinung
Die Kreuzung von Spirituosen ist dabei keine grundlegende Neuerfindung der Branche, auch wenn die Aufmerksamkeit für Hybriden erst seit dem vergangenen Jahr wächst. Anteil daran gebührt der englischen Bartenderin Dee Davies. Sie gewann 2013 mit Jinzu, einem Gin-Sake-Hybrid,  die erstmalig ausgefochtene Diageo Show Your Spirit Competition, wird künftig mit fünf Prozent an den Verkaufserlösen beteiligt und trägt einen liquiden Teil zum Reserve Brand-Portfolio des Konzerns bei. Und auch wenn Jinzu noch nicht erhältlich ist – und laut Diageo in diesem Fiskaljahr auch nicht mehr auf den Markt kommen wird, beginnt eine neue Entwicklung im Hybridspirituosensegment. Diverse Hersteller bedienen die Nische und treiben die Grenzen von Spirituosenvielfalt weiter auseinander. Pernod Ricard beispielsweise bedient seit 2012 den US-Markt mit Absolut Tune, einem Mix von Absolut Vodka, Sauvignon Blanc und Kohlensäure, der für eine modeaffine Zielgruppe kreiert wurde.
Courvoisier bricht mit dem eingestaubten Image von Cognac und vertreibt ebenfalls mit Wein gekreuzte Liköre, die speziell auf weibliche Trinker abzielen. Die Teeling Whiskey Company schuf 2012 einen Hybrid-Whisky aus Scotch und Irish. Gerade einmal 1.400 Flaschen entstanden aus der Vermählung von zehnjährigen Malts der Cooley Distillery und Bruichladdich. Die versuchte zweite Auflage der Idee von „Celtic Nations“ ist jedoch weder das eine, noch das andere und sorgte aufgrund der strikten Regularien der Scotch Whisky Association für Ärger bei der Klassifizierung.
Mit Tequila ins Dunkel
Eine Ausnahme ist die Entwicklung von Hybriden, denn die Zuordnung in eine bestimmte Kategorie folgt in den meisten Fällen der Marketingstrategie. Viele Hersteller fokussieren bei Kreuzspirituosen die Wirtschaftlichkeit der neuen Züchtung und ordnen die Entwicklung des neuen Produktes hauptsächlich der gewünschten Positionierung zu. So können durch Spirituosenmischlinge neue Absatzmärkte besetzt und zusätzliche Konsumenten angesprochen, beziehungsweise an die Kernmarke herangeführt werden. Im Jahr 2012 beispielsweise wagte die Strandbarspirituose Malibu mit einem Mischling Namens „Red“ den Weg aus der Sonne in den Schatten, um „das nächtliche Geschäft zu erwecken“ – bis dato „ein Markt in dem Malibu etwas Glaubwürdigkeit einbüßt“, wie Senior Brand Manager Josh Hayes eingesteht und die Kreuzung von Malibu Rum und Olmeca Silver Tequlia rechtfertig.
Vodka aus dem Cognac-Schwenker
Neuste Züchtung unter den Hybriden ist Grey Goose VX, Vodka eXceptionelle. Eine klare Spirituosenkreuzung von französischem Vodka und Cognac aus Grand Cru-Trauben der Champagne. Für Markeninhaber Bacardi „ein signifikanter Schritt zum Wahrnehmungswandel von weißen Spirituosen“. Die nach der Liaison gefilterte Flüssigkeit wird als Vodka über den internationalen Duty Free an ausgewählten Flughäfen vertrieben, soll jedoch aus dem Cognac-Schwenker genossen werden und vor allem die feinen Aromen des Weinbrands transportieren. Dass sich dem Wein verwandte Aromen exzellent mit Spirituosen vermählen, beweist darüber hinaus auch ein deutscher Vertreter der Hybriden. Ferdinand’s Saar Dry Gin, Wacholderbrand mit Riesling-Trauben des Weinguts Zilliken aus Schiefer-Steillagen versetzt. Der herausragende Neuling unter den New Western Gins ist für viele Bartender heiliges Wasser – und für seine Macher Dorothee Zilliken und Andreas Vallendar die Verbindung von bester Qualität, Tradition und Moderne.

 
 

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