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Die Trilogie der Trauer, Nr. 3: Der Swimming Pool Cocktail wird zum Bademeister

Der Swimming Pool Cocktail steht im Allgemeinen für eine dunkle Periode der Barkultur. Seine Neuinterpretation als Bademeister zeigt jedoch, dass Schubladendenken vorbei ist.  Die Crew des Suderman in Köln kleidet den cremig-süßen Hit von Charles Schumann aus den Siebzigern in ein zeitgemäßes Gewand, verzichtet dabei aber natürlich nicht auf: die Farbe Blau.

Ich erinnere mich an die Situation, als wäre es gestern gewesen. Meine Cousins und ich zogen in unseren wilden Teenager-Jahren in einer Sommernacht unbedarft und doch mit großem Durst durch die Straßen Essens. Es war diese Zeit, da sprach man noch nicht überall von Barkultur, und Bartender waren noch keine Mixologen. So landeten wir in einer dieser Bars mit gemütlicher Stimmung und verklebter Getränkekarte. Die Cocktails trugen mächtige, alkoholverheißende Namen – und ich entschied mich für einen Swimming Pool Cocktail.

Chlor und Chloroform im Swimming Pool Cocktail

War es die Hitze und die Assoziation hin zu einer Erfrischung, also quasi der Name? Oder war es die bläuliche Farbe, die den Drink so atypisch und andersartig aussehen ließ? Was auch immer es war, als ich das von mir bestellte Gesöff dann probierte, stellte sich Ernüchterung ein. Übersüß cremig und wilde Panscherei, geschmacklich mächtig und doch flach, ein Juicy-Killer ohne jeglichen Anspruch. Nicht, dass es beim Betrinken um diesen geht, aber waren die Drinks meiner Cousins doch viel leichter …

The Master himself…

… ja, die Legende persönlich hatte ihn einst kreiert. Und eben weil wir alle unbestritten die Genialität eines Charles Schumann, sein Erbe und die Türen, die er für unsere Barszene geöffnet hat, zurecht auch heute noch schätzen und ihm für sein Lebenswerk zutiefst dankbar sind, so hat sich der Meister zu der Entstehungszeit eben dieser Klassiker wie Swimming Pool oder auch Flying Kangaroo einer Epoche untergeordnet, die als überholt und unattraktiv gilt, obschon die ihr zuzuordnenden Drinks große Publikumslieblinge waren.

Und so möchte ich an dieser Stelle den Drink von Charles Schumann nicht als schlecht bezeichnen, sondern viel eher das, was heutzutage aus ihm gemacht wird. Daher heute und im vorerst letzten Teil der Trilogie auch wieder einmal die Frage: Gibt es einen Swimming Pool Cocktail der Zukunft?

Baywatch statt Swimming Pool Cocktail

Felix Engels, Dominique „Chico“ Simon und Lars Bender haben eines gemeinsam: Ihre Adonis-Körper hätten ihnen fast zu einem Cameo-Auftritt im Baywatch-Remake verholfen, so es denn die liebe Zeit zugelassen hätte. Diese haben sie genutzt, um eine liebevolle Hommage an den Swimming Pool Cocktail zu erfinden und sie auf den Namen „Bademeister“ zu taufen.

„Wir haben in unserem Menü eine Kategorie mit dem Namen ‘Miljö’ als klangvolle Anlehnung an die Rotlicht-Vergangenheit unseres Veedels. Hier vereinen wir kräftige und kantige „Türsteher“-Drinks, aber auch Drinks mit Augenzwinkern wie unseren Swimming Pool-Twist. Wir greifen dabei Aromen und Präsentation des Originals auf und kreieren daraus einen Drink nach unseren Ansprüchen“, so Lars Bender.

So gibt es in der modernen Abwandlung auf den Klassiker von 1979 keinen Rum und keinen Ananassaft, sondern vielmehr einen mit Ananas infusionierten Vodka. Diese Reduzierung sorgt gleichzeitig für eine Verschlankung des Konzepts, eine Präzisierung des Geschmacks.

Alles Coco Jambo?

Es ist schon paradox, wie 1979 und 2017 dann doch eine Sache vereint: Kokosnuss ist irgendwie hip. Damals vielleicht als Creme, heutzutage eher als Saft oder Wasser. Das zeigte sich zuletzt auch an den Drink-Konzepten der Bacardi Legacy-Finalisten aus aller Welt, die oftmals auf diese Zutat zurückgriffen. So fehlt die tropische Frucht natürlich auch nicht im Bademeister.

Bender und sein Team greifen dabei auf karbonisiertes Kokosnusswasser zurück. „Kokosnusswasser ist so ein bisschen das Schlüsselelement des Drinks. Karbonisiert macht es unseren Bademeister erfrischend und gibt den anderen Zutaten mehr Raum. Es kann im Gegensatz zu Kokosnuss-Sirup oder Creme auch sehr variabel eingesetzt werden“, so der Wahl-Kölner.

Als andere Zutaten gesellen sich zudem ein weißer Port, der den ganzen Drink ob seines trockenen Charakters wieder auf den Boden bringt, Zitrone, die den süßlichen Grundton des Bademeisters kontert, und Bénédictine als kräuterreicher Aromen-Spender dazu.

Darf der Bademeister vom Beckenrand schubsen?

„Das Original stammt aus einer Zeit, die ich nicht missen möchte. Die Gäste haben diese Drinks bestellt, weil sie wussten, was sie erwartet und man sich im Allgemeinen nicht so sehr mit der Materie auseinander gesetzt hat. Heute ist das sicherlich anders, aber trotzdem greife ich gerne bekannte Elemente auf, um sie nach heutigen Geschmäckern modern zu interpretieren. Man darf sich selbst nicht immer zu Ernst nehmen. Schon gar nicht als Bartender.“

Dem Suderman-Team ist mit ihrer modernen Interpretation eines häufig verteufelten Drinks ein kleines Kunststück gelungen. Da ,wo andere Klassiker sich gänzlich vom alten Konzept abkehren und bewusst eine andere Richtung einschlagen, bleibt man mit dem Bademeister optisch nah am Vorbild, stilisiert eine vergangene Zeit von Cocktailschirmchen und Fancy-Glas auf gekonnte Weise mit einer Rezeptur, die dem Klassiker Tribut zollt und doch weit entfernt ist.

Und anders als im Schwimmbad gilt hier: Springt man mal vom Beckenrand, so liegt es wohl tatsächlich am Bademeister und seinem kongenialen Zusammenspiel unterschiedlicher, gut miteinander harmonierender Aromen.

Credits

Foto: Foto von Wolfgang Simm.

Comments (1)

  • Markus

    Hallo Redaktion,
    was versteht man genau unter ” doppelt karbonisieren” wie es hier im Artikel – “Der Swimming Pool Cocktail wird zum Bademeister” geschrieben steht ?

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