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Fakten: die Top Sieben Brandy-Drinks

In dem ganzen Dickicht aus Craft-Bourbon, Designer-Gin und Celebrity-Vodka geht der gute alte Brandy immer mehr unter. Doch warum?!  In dem gereiften Traubenbrand steckt soviel Geschichte, Herzblut und Eleganz, dass ein Bar-Leben kaum genügt, um alles zu erfahren. Als Anregung schauen wir auf sieben der großen, zeitlosen Brandy-Drinks, die es diesen Herbst alle wieder einmal zu genießen gilt.

Es gab Zeiten, in denen Cognac und Brandy den Gipfel von Eleganz, Weltgewandtheit, Reichtum und Männlichkeit bedeuteten. Wer in der besseren Gesellschaft etwas auf sich hielt, der trank Brandy. Wie sagt Kate Winslet als Rose DeWitt in „Titanic“ so passend zu Leonardo DiCaprio über die Brandy-Runde der Herren nach dem Dinner? Genau: „Jetzt können Sie sich in eine Rauchwolke zurückziehen und sich beglückwünschen, die Schöpfer des Universums zu sein.“

Der Mittelpunkt des Bar-Universums? Weit gefehlt

„Brandy is Dandy“, das war ein lange zutreffender Leitspruch — Weintrauben und Wein waren teuer, und der Gipfel allen Luxus war es, den kostbaren Wein auch noch zu brennen, anstatt ihn so zu trinken. Das einfache Volk trank, wenn nicht Bier, eben Dinge wie Korn- oder Obstbrand. Oder den wesentlich günstigeren Whiskey. Oder Rum. Der Wein- und Brandykonsum hingegen war stets ein recht zuverlässiger Indikator für den Wohlstand eines Nation: Der Mint Julep beispielsweise hat seine historischen Wurzeln David Wondrich zufolge im Rum. Zwischen den beiden großen amerikanischen Kriegen, also dem Unabhängigkeitskrieg und dem Bürgerkrieg, gedieh der Reichtum der USA ganz vortrefflich und der Julep wurde plötzlich mit dem wesentlich teureren Brandy hergestellt (im Englischsprachigen Raum wird traditionell jeglicher Weinbrand als „Brandy“ bezeichnet). Erst mit dem Bürgerkrieg trat wieder der Whiskey an die Stelle des Weinbrands.

Heute sehen wir: dem Cognac ist die schrittweise „Premiumisierung“ aller anderen — vor allem gelagerten — Spirituosenkategorien an die Nieren gegangen. Besonders das immense Wachstum von Single Malt seit den späten 1970er Jahren hat einen herben Schlag für das Image des Cognac bedeutet. Und heute? Brandy mag vielleicht noch immer „Dandy“ sein, aber im Gegensatz zu früher mag man damit eher leicht ironisch ausdrücken wollen, dass der Brandy für viele Menschen eher eine Aura des Konservativen, gar Antiquierten mit sich bringt. Zumal es heutzutage keine „billigen“ Kategorien im Sinn früherer Zeiten mehr gibt. Rum und Scotch werden für Unsummen verkauft. Und sogar Gin und Vodka sind mittlerweile in monetäre Sphären vorgedrungen, die man vor 20 Jahren als utopisch und unmöglich verlacht hätte. Und der arme Brandy? Von ihm spricht kaum jemand, abgesehen von einigen Traditionsbewussten Bartendern und konservativen Purtrinkern. Dabei gehören Cognac und Brandy zu den Anfängen der Barkultur. Gegen das Vergessen wollen wir heute noch einmal die besten sieben Brandy-Drinks versammeln. Cheers!

1) Die New Orleans-Ecke: Sazerac und Vieux Carré

Dass es eine Verwandtschaft gibt zwischen jenen beiden großen, starken Drinks aus „The Big Easy“, ist keine Neuheit. Schon mehrfach haben Cocktailhistoriker darauf hingewiesen. Tatsache ist: auch, wenn heute im Sazerac meist Rye Whiskey die erste Geige spielt, wurde der Drink einst — natürlich — mit Cognac entwickelt. Bei einer ehedem französischsprachigen Stadt wird das auch niemanden verwundern.

Vom Sazerac aus Cognac, Bitters, Zucker und Absinth ist es keine weiter Schritt zum Vieux Carré, der noch etwas Wermut beisteuert und den Absinth durch Bénédictine ersetzt. In jedem Fall zwei klassische, herbsüße Short Drinks, die dem Brandy zur absoluten Ehre gereichen.

Sazerac

6 cl Cognac
1 BL Zuckersirup
2 Dash Peychaud Bitters
Absinth

Glas: Tumbler oder Coupette

Garnitur: Zitronenzeste

Zubereitung: Das Glas mit Crushed Ice füllen und ca. 2 cl Absinth hineinfüllen. Umrühren und beiseite stellen. Restliche Zutaten im Rührglas auf viel Eis gründlich kaltrühren. Das Crushed Ice mit dem Absinth aus dem Gästeglas entfernen und den Drink aus dem Rührglas ins Glas abseihen.

Vieux Carré

3 cl Cognac
3 cl Bourbon oder Rye Whiskey
3 cl roter Wermut
1 BL Bénédictine
je 2 Dash Angostura & Peychaud Bitters

Glas: Coupette

Garnitur: Zitronenzeste

Zubereitung: Alls Zutaten im Rührglas auf viel Eis gründlich kaltrühren und ins vorgekühlte Glas abseihen.

2) Paris, je t’aime: der Side Car

Zugegeben: es ist wohl nicht eindeutig zu klären, ob der Drink nun seinen Ursprung in Paris oder London hat. Die Cocktailsgeschichte wusste vor knapp 100 Jahren eben noch nicht, dass wir uns heute derart brennend für sie interessieren würde, sonst hätte sie sich vielleicht stärker und glaubwürdiger verschriftlicht.

Doch auch, wenn die Herkunft nicht gänzlich zu klären ist, so bleibt der Side Car einer der unumstößlichen Pfeiler der klassischen Barkultur, ein Bilderbuch-Sour, der — richtig zubereitet — an Komplexität kaum zu übertreffen ist. Völlig zu Recht von David A. Embury in seinem wegweisenden Buch The Fine Art of Mixing Drinks von 1948 zu einem der Basis-Cocktails erkoren. Trotz der Einfachheit lässt der Side Car durch die Wahl von Likör- und Brandymarke zahllose Varianten zu — mit dem Cognac wird er eleganter, trockener und herber, während ein spanischer Brandy zu einer fruchtbetonteren und karamelligen Angelegenheit führt. Und auch beim Verhältnis der Zutaten mag man die eigenen Präferenzen durchaus berücksichtigen. Ein Genus bleibt er immer!

6 cl spanischer Brandy oder Cognac
2 cl frischer Zitronensaft
2 cl Curaçao Triple Sec

Glas: Coupette

Garnitur: Zitronenzeste

Zubereitung: Alle Zutaten in den Shaker geben und mit viel Eis kräftig schütteln. Doppelt ins vorgekühlte Glas abseihen.

3) Ist das schon Tiki? Der East India Cocktail

Der Begriff „Tiki“ dürfte 1882 noch keine wirkliche Bedeutung an den Bars gehabt haben. Dennoch liest sich das Rezept für den East India Cocktail aus Harry Johnsons Bartenders Manual fast wie einer jener rund 60 Jahre später in Mode gekommenen Spielart potenter Drinks: Ordentlich Schnaps, Likör, Sirup und Bitters. Einzig frischer Zitrussaft fehlt hier.

Und genau dort liegt die Raffinesse, denn bei genauerer Betrachtung ist der East India Cocktail tatsächlich nichts anderes als ein Brandy Old Fashioned, der durch seine Süßungsmittel in exotische Gefilde verlagert wird. Man mag das als wenig aufregend abtun. Oder einen Schluck nehmen und erstaunt sein ob der Reichhaltigkeit und Vielschichtigkeit des Drinks. Und Obacht: der ist süffig.

7 cl Cognac
1 BL Ananas-Sirup
1 BL Curaçao Triple Sec
2 Dash Maraschino
4 Dash Angostura Bitters

Glas: Coupette

Garnitur: Zitronenzeste

Zubereitung: Alls Zutaten im Rührglas auf viel Eis gründlich kaltrühren und ins vorgekühlte Glas abseihen.

4) His Royal Highness: Prince of Wales

Mittlerweile gibt es übrigens auch ein Bier, das dem britischen Ewigprinzen Charles gewidmet worden ist: im walisischen Städtchen Llanarmon hat man dem ehemaligen Thronfolger zur Ehr und Dankbarkeit einen Sud namens Prince of Pales geschaffen, der im örtlichen Pub ausgeschenkt wird.

Tatsächlich muss es aber immer noch der eben nach dem Titel des Prinzen benannte Champagner-Cocktail sein, wenn wirklich etwas gefeiert werden soll. Rezepturen gibt es endlos viele, ebenso wie die Empfehlung, körbeweise Obst und Eis gemeinsam mit dem Drink im Silberbecher zu versenken. Von alldem möchten wir aber abraten, denn der Prince of Wales mag es dezent und zurückhaltend. Also eine klassische Champagnerflöte, die allerdings freilich gerne aus Silber sein darf. Und nur zurückhaltend mit Schaumwein auffüllen, sonst wird der filigrane Unterbau gefährdet. Wir halten es mit dieser simplen Rezeptur von Frank Meier, Barchef der Pariser Ritz-Bar in ihren größten Glanzzeiten.

2 cl Madeira
2 cl Cognac
2 Dashes Aromativ Bitters
1 BL Curaçao Triple Sec

Glas: Champagner

Garnitur: Orangenzeste

Zubereitung: Alle Zutaten außer dem Champagner in den Shaker geben und mit viel Eis kräftig schütteln. Ins vorgekühlte Glas abseihen und mit etwas Champagner auffüllen.

5) Wenn der Kutter in den Hafen einläuft: Philadelphia Fish House Punch

Ein ganz schöner Kracher, den man sich dort an der US-Ostküste gerne kredenzte. Ein klassischer Punch, wie er im Buche steht: Säure, Spirituose, Wasser, Zucker und Gewürze. Wobei sich „Gewürze“ hier beschränkt auf den Eau de Vie de Pêche, einen aromatischen Pfirsichschnaps, sowie auf würzigen Demerara-Zuckersirup.

Ansonsten ist das, was in der Punch Bowl oder im Glas landet, eine geradlinige, aber vielseitige Mischung, die in drei Akkorden durch den Mund zieht: beim Antrunk fruchtig-säuerlich, dann bricht sich die Würzigkeit von Rum und Cognac ihren Weg, bis schließlich ein warmes, langes und volles Finish zurückbleibt. Sollten Sie keinen Eau de Vie de Pêche bekommen können, versuchen sie es stattdessen mit einem anderen hochwertigen Steinobst-Brand.

3 cl Cognac
1,5 cl Jamaica Rum
1,5 cl Eau de Vie de Pêche
3 cl frischer Zitronensaft
2 cl Demerara-Zuckersirup

Glas: Tumbler

Garnitur: Zitronenzeste

Zubereitung: Alle Zutaten in den Shaker geben und mit viel Eis kräftig schütteln. Auf Eiswürfel ins vorgekühlte Glas abseihen.

6) Gegen den Wind: Fog Cutter

Wenn der East India noch so etwas wie Proto-Tiki war, dann ist der Fog Cutter, gerne auch unter dem längeren Namen Navy Fog Cutter bekannt, wirklich Tiki seiner Blütezeit in Reinkultur. Die Mischung aus drei Spirituosen, Sherry, Mandel und Säften sieht zuallererst nach einer gemeinen Alkohokeule aus. Tatsächlich ist der Fog Cutter ein wahrlich hinterhältiger Kollege, aber das liegt daran, dass er – mit den richtigen Zutaten geschüttelt — eine echte Delikatesse ist.

Besonders die Trias aus Cognac, Sherry und Mandel führt zu einem herrlich nussig-marzipanigen Geschmack, der wunderbar durch die Säure der Zitrussäfte und die floralen und spitzen Noten des Gins konterkariert wird. Ein hochkomplexer Drink, der durch die Verwendung von einem Dash Bitters sowie braunem statt weißem Rum noch mehr Tiefer erhält.

4 cl leichter, weißer Puerto Ricanischer Rum
2 cl Brandy
1 cl Dry Gin
1,5 cl Cream Sherry
1,5 cl Orgeat
2 cl frischer Zitronensaft
4 cl frischer Orangensaft

Glas: Tiki-Mug/Highball

Garnitur: Minzzweig

Zubereitung: Alle Zutaten außer dem Sherry in den Shaker geben und mit viel Eis kräftig schütteln. Auf Eiswürfel ins Glas abseihen und den Sherry floaten.

7) Das Gastspiel: Jack Rose

Immer wieder stößt man in Barbüchern auf den Jack Rose, wenn von Brandy oder Brandy-Drinks die Rede ist. Dabei ist doch Calvados überhaupt kein Brandy. Stimmt. Und stimmt auch nicht. Und dann wieder doch. Moment, was denn nun?

Der Jack Rose, ein simpler Sour aus Grenadine, Zitrone und Apple Brandy, wird heute in vielen Rezeptbüchern mit Calvados gelistet. Dies ist jedoch nur dem Umstand geschuldet, dass der früher in den USA sehr gebräuchliche Apple Jack, ein aromatischer, bourbon-ähnlich gereifter Apfelbrand, heutzutage kaum noch — in den meisten Teilen der Welt eher: gar nicht — erhältlich ist. Denn unter dem Begriff „Brandy“ wurde früher im Land der unbegrenzten Möglichkeiten vieles destilliert, nur dass die Traube es eben schon im alten Europa zur Königin der Kulturfrüchte geschafft hatte.

Tatsächlich sagen eine ganze Menge von Experten die alte US-Fruit-Brandy-Kategorie als kommenden Boom der nächsten Jahre voraus. Immerhin ein Feld, auf dem sich so mancher Craft-Brenner ordentlich profilieren kann. Vielleicht haben wir dann wieder die Möglichkeit, einen echten Jack Rose zu schütteln und zu genießen? Nimmt man dazu noch eine hausgemachte Grenadine, kann nichts schief gehen: ein sagenhafter, beerig-fruchtiger Drink mit einem tollen Fundament aus Holz und Karamell. Ein bisschen wie Bratapfel. Und das kann ja zu dieser Jahreszeit nie schaden.

Credits

Foto: Brandy via Shutterstock

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