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Friedrichs Fasskorn

Die MIXOLOGY-Verkostungsrunde November 2017/I

Es gibt Korn, Baby! Der Friedrichs Fasskorn aus dem Hause Schwarze & Schlichte erfreut die Gaumen ebenso wie der Amaro vom Freimeisterkollektiv.  Dazu kommt der „Neue“ von Belsazar, Brighton Gin und einen Rum von den Schwesterinseln St. Kitts & Nevis. 

Willkommen zur vorletzten Verkostungsrunde des Jahres. Es muss ja auch mal einen Korn geben dürfen. So wie etwa den tollen Friedrichs Fasskorn aus Westfalen. Oder deutschen Amaro? Auch da hätten wir was Feines gefunden. Doch zunächst schauen wir in weinige Gefilde…

Belsazar Vermouth Edition Riesling Dr. Loosen

Definitiv ein Hingucker ist die Flasche des neuen, limitierten Belsazar Edition Riesling Dr. Loosen, der mit Rieslingen vom Weingut Dr. Loosen hergestellt wurde. Farbenfroh in tropisch-grafischem Layout präsentiert sich das üblich rhombenförmige Label, was besonders zum Herbstanfang freilich Lust macht.

Olfaktorisch hält der Wermut jedenfalls, was er verspricht: Er duftet voll und kräftig nach kandierter Ananas, dazu kommen leichte Spuren von Zitrus, Melisse und vielleicht geschwefelter Ingwer. Die Ananas dominiert jedoch, auf Dauer entsteht ein flüchtiger Anklang englischer Weingummis. Das gleicht er glücklicherweise durch einen deutlichen, „weinigen“ Auftritt im Mund aus, eine gut strukturierte Säure konterkariert die sensorische Süße der Nase. Angesichts der Bezeichnung „Vermouth“ vermisst die Runde allerdings eine etwas klarer herausgearbeitete Bitterkeit, die im vorliegenden Sample höchstens sehr hintergründig schmeckbar wird. Denkbar jedoch gut als purer Drink oder auch als pfiffigen „Modifier“ in einem Gin & Tonic oder klassischen Sours. Preislich absolut angemessen, aber mit Blick auf die Wermutcharakteristik noch verbesserungsfähig.

0,75 Liter, 16% Vol., € 24,90

belsazar.com

Freimeisterkollektiv Amaro 212 (Thomas Neubert)

Sagen muss man weder zur Flasche noch zur Idee des Freimeisterkollektivs an sich nichts mehr. Der Verbund deutschsprachiger Qualitätsbrenner unter der Ägide des Berliner Unternehmers Theo Ligthart füllt konsequent in minimalistisch etikettierte Halbliternormflaschen mit schwarz-weißem Etikett – vom Inhalt soll hier niemals abgelenkt werden.

Und das ist auch gut so! Denn der Amaro von Destillateur Thomas Neubert von der Brennerei Gut Zinzow ist – sagen wir es gleich –  über jeden Zweifel erhaben. Der rostrote Amaro (allein die Farbe lässt auf wirkliche Natürlichkeit schließen!) betritt die Nase mit klaren Würznoten, die durchaus einen Verweis auf eine gute Cola zulassen: viel Nelke, viel Zimt, ein wenig Piment und Iris. Doch damit nicht genug. Die warmen Töne werden rasch aufgewogen durch Frische von Eukalyptus, man meint eine Spur Thymian auszumachen. Dazu gesellt sich bereits ein karamelliger Duft. Dieser klar gestafflete Eindruck setzt sich am Gaumen fort, wo eine dezente Süße sich besonders im Rachen mit einer saftigen Bitterkeit die Waage hält. Dazu bleibt die ätherische, fast ein wenig sahnige Frische von Minze, Enzian und Eukalyptus bestehen, diesmal ergänzt um Süßholznoten. Ein eleganter, einzigartiger Amaro, der extrem gut pur trinkbar ist und seinen gar nicht so geringen Alkoholgehalt überaus gut versteckt.

0,5 Liter, 28% Vol., € 18,-

freimeisterkollektiv.de

Brighton Gin Pavillon Strength

Was der Zusatz „Pavillon Strength“ zu einem Gin mit 40% Vol. genau zu bedeuten hat, fragt sich die Runde angesichts des wirklich überaus schön verpackten Brighton Gin, der in zartem, pastellenem Türkis gelabelt und von Hand mit Wachs versiegelt auf den Tisch kommt. Jüngst in Deutschland auf dem Bar Convent Berlin vorgestellt, suchen die Macher aus der englischen Kur- und Badestadt aktuell aktiv nach einem regulären Vertrieb für Deutschland.

Britisch duftet er dann auch, der Brighton Gin: Recht viel Wacholder drängt sich auf, ein wenig Blattkoriander, dazu kommt ein wenig Oragenzeste mit leicht mineralischen, aber durchaus ins Staubige tendierenden Tönen. Leider wird die deutliche, Kraft verheißende Wacholder-Duftigkeit im Mund nicht beibehalten. Der Brighton Gin wirkt auf der Zunge dünn, flüchtig und wenig austariert. Insgesamt mit wenig Extrakt oder Konzentrtion – beides braucht ein Gin jedoch so dringend. Wenn „Pavillon“ so etwas wie „leicht“ meinen soll, ist die Mission geglückt. Soll der Gin sich hingegen in seinem typischen Umfeld – mit Tonic, im Martini, Negroni oder Gimlet – dürfte ihm allerdings die notwendige Stärke fehlen. Da kann dann auch die zauberhafte Flasche nichts dran ändern.

0,7 Liter, 30% Vol., im UK für ca. £ 39,-

brightongin.com

Sister Isles Reserva Rhum

Einige der ersten Inseln, die Kolumbus entdeckte, waren die beiden Schwesterinseln St. Kitts & Nevis. Von dort stammt das Zuckerrohr für den Sister Isles Reserva Rhum, zudem ganz besonders reines Quellwasser. Fermentation, Destillation und erste Reifung finden noch in der Karibik statt, bevor die Cuvées zur eigentlichen Reifung nach Spanien verschifft werden, wo sie eine rund achtjährige Reifung in Reserva-Weinfässern aus dem Duero-Tal (also jenem Fluss, der auf der portugiesischen Seite die Portweinregion durchfließt) erfahren.

Der Inhalt der zeitgemäßen, zylindrischen und in Gold gelabelten Flasche duftet voll und satt nach gerösteter Haselnuss, getrockneter Dattel und Kakao, dazu kommt eine Spur Vanille, vielleicht ein wenig Tabak. Geschmacklich fällt zuerst die schöne Trockenheit auf, die Süße ist gut balanciert und erzeugt eine Cremigkeit, die angesichts von „nur“ 40% Vol. durchaus überraschend kommt. Der nussige Eindruck dominiert weiterhin, der Rum wird getragen von zugänglichen Aromen. Einzig ein wenig mehr Tiefe – etwas mehr Holz, Leder oder eine Idee Bitterkeit – würde dem Sister Isles definitiv noch gut tun. Dennoch gerade für Einsteiger ins Rum-Segment, die sich nicht mit den teils arg übersüßten Abfüllungen der großen Marken anfreunden mögen, dürfte der Sister Isles eine exzellente Option sein. Erhältlich ist der Rum über den Wiesbadener Weinhandel Heinz Hein.

0,7 Liter, 40% Vol., € 49,99

— heinz-hein.de

Friedrichs Fasskorn

Die Kornbrennerei aus dem Hause Schwarze & Schlichte im westfälischen Oelde gehört zu den wichtigsten Gestaltern, wenn es darum geht, die Traditionskategorie Korn aus der Schmuddelecke herauszuholen. Mit diesem Anspruch geht auch der zwei Jahre in Cognac-, Sherry- und Weinbrandfässern gereifte Friedrichs Fasskorn an den Start, der in der gleichen, hohen und schlanken Flasche daherkommt wie sein gleichnamiger Gin-Bruder.

Die Nase macht Spaß, es gelingt ihr, die Mischung aus Basis und Lagerung in eine schöne Ausgewogenheit zu bringen: Brotig und malzig mit deutlichem Verweis auf die verwendeten Edelkornsorten, flankieren leiche Röstnoten, viel Nussigkeit und eine dezente Schwefeltönung diese typische Korn-Charakteristik. Später dann setzt der Friedrichs Fasskorn dieses Zusammenspiel mit geschmacklichen Aspekten von Honig und Butterbrioche um, er ist rund, mit guter Adstringenz und sattem Volumen versehen. Ein toller, bereichernder Korn, dem absolut der Brückenschlag zwischen Klassik und Weiterentwicklung der Kategorie gelingt.

0,7 Liter, 40% Vol., € 19,95

schwarze-schlichte.de

Credits

Foto: Nils Wrage

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