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werner wermut

Die MIXOLOGY-Verkostungsrunde September 2017/I

Der Werner Wermut aus der Pfalz kann begeistern, ebenso der noch nicht verfügbare, österreichisch-chinesische Fernet Hunter. Dazu gesellen außerdem: „Weißer“ Calvados und ein mehr als solider neuer Gin aus heimischen Gefilden.

Noch ist es warm – also freut sich die Verkostungsrunde über leichte, frische Produkte im Test: Es gibt Gin, Kräuterlikör, frischen Apfelbrand – und als allererstes einen hervorragenden Wermut.

Werner Wermut RG White

Der Wermut-Reigen hört nicht auf. Ganz neu am Start ist Werner Wermut aus Kleinfischlingen in der Pfalz, nahe Neustadt in der Weinstraße. Wermut mit klarem Wein-Profil – so versprechen die Macher – soll in den schlicht-vornehmen weißen Flaschen mit farblich passendem Schraubverschluss stecken. Den Anfang macht der RG White auf reinsortiger Riesling-Basis (aktuell ein 2016er vom Weingut Ellermann-Spiegel), bereits angekündigt sind zudem ein „Red“ und ein „Rosé“ auf Grundlage von Pinot Noir.

Dem Anspruch wird der RG White vollkommen gerecht: Dominiert wird der golden schimmernde Wermut durch frische, lebendige und rebsortentypische Noten von Aprikose, Pfirsich und Birnen, außerdem Orangenzeste, dazu feine Gewürztöne von Nelke und einer Spur Zimt. Das Wermutkraut, in der Nase noch sehr zurückhaltend eingebunden, macht sich auf der Zunge mit satter, durch die feine Süße aufgefangener Bitterkeit deutlich bemerkbar, es treten zudem blumige Nuancen ins Geschehen. Insgesamt ist auch hier die klare Säurestruktur des zugrundeliegenden Weines das eindeutige Rückgrat dieses sehr schlanken und eleganten Wermuts. Das spritzige Finish dieses überaus empfehlenswerten Produktes beendet dann den weinigen Dreiklang mit Birne und Apfel.

Holzer Holzer Fernet Hunter

Raphael Holzer kommt zwar aus Österreich lebt zwar schon lange in Hongkong, irgendwann überkam ihn aber die Sehnsucht nach dem alten Brennereibetrieb seines Vaters. Gesagt, getan: Das Ergebnis ist der Fernet Hunter, der bereits seit einiger Zeit in Holzers Wahlheimat verkauft wird. Ein Bitterlikör, der die österreichischen Wälder bis in die asiatische Finanzmetropole transportiert hat.

Vom toten Reh auf dem sonst schlichten Label wollen wir uns nicht abschrecken lassen – das Aroma des Fernet Hunter ist grandios und komplex: Eröffnet wird es durch tief-erdige Töne, hervorgerufen durch die verarbeiteten Botanicals Arnika und Iriswurzel, aber auch klare Verweise auf Cassiarinde sind präsent. Dazu gesellt sich getrockneter Lavendel mit einer Idee von Zitrus. Am Gaumen entsteht eine kraftvolle Spannung aus deutlicher Honigsüße, fester Bindung und starker Bitterkeit, ergänzt durch pikante und ganz leicht prickelnde Tönungen von Kardamom und Korandersaat. Der Fernet Hunter mündet in ein adstringentes Finish, die Bitterkeit ist lang und stabil, ohne ins Seifige abzugleiten. Ein starker, erwachsener Likör mit echtem Profil. Was für ein Glück, das Holzer sein Produkt demnächst auch hierzulande an den Mann bringen möchte.

Drouin La Blanche Eau de Vie de Cidre

Seit mehreren Generationen schon produziert das Maison Christian Drouin aus dem Pays d’Auge in der Normandie klassischen Calvados aus heimischen Äpfeln. Eine echte Spezialität der Region hingegen ist der ungelagerte Apfelbrand, der unter den Locals als Delikatesse gilt. Schließlich verspricht das frische Destillat, den reinen, konzentrierten Apfelgeschmack. Gebrannt wird zweifach in einer traditionellen Pot Still, bevor mit runden 40% Vol. abgefüllt wird.

Das fertige Ergebnis in der charakteristischen Flasche ist ein leicht viskoser Brand mit estrig-würzigen Fruchtnoten – natürlich vor allem Apfel, aber auch ein wenig Birne, Quitte und kandierter Aprikose. Später überzeugt der Drouin Eau de Vie de Cidre mit einem leicht flüchtigen, prickelnden Mundgefühl, toller sommerlicher Frische und einem unaufdringlichen Apfelgeschmack. Überraschend leicht zu trinken, dabei sehr direkt und unkompliziert. Ein zugänglicher, sehr interessanter Fruchtbrand für erfrischende Highballs zu einem überaus fairen Preis, seit Neuestem über die Importspezialisten vom Bremer Spirituosen Contor erhältlich.

Woodland Sauerland Dry Gin

Die heimischen Aromen der Wälder aus dem Sauerland in die Flasche zu bringen, war die Prämisse der Macher von Woodland Dry Gin. Dazu kommen neben Wacholder vorwiegend heimische Aromate wie Löwenzahnwurzel, Sauerampfer, Fichtensprossen und Brennnesseln ins Destillat, das zu 100% auf Getreidebasis entsteht.

Der Anfang ist fruchtig-zitronig, flankiert von öligen Kräutertönen, die an Melisse und Minze gemahnen. Die zitralen Noten fächern sich vor allem Richtung Pomelo und Bergamotte auf, beim zweiten Nosing offenbaren sich dunklere Aspekte von feuchtem Stein, Moos, außerdem wacholdertypische, spitze Pinienaromen. Am Gaumen offeriert der Woodland ein sehr kräftiges, aber balanciertes Wechselspiel auf leicht spitzen, alkoholischen Tönen und enormer Frische einerseits sowie cremiger Bindung und sehr zurückhaltender Süße andererseits. Das Ganze mündet in eien erwachsenen, kontrahierenden Abgang. Ein neuer Gin, der sich nicht zu verstecken braucht.

500 ml   45,3% Vol.   € 37,90

woodland-gin.com

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Credits

Foto: Foto via Sarah Liewehr.

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