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Teutonische Karibik für heiße Tage?

Der Williams Christ Superstarstürzt sich unverhohlen auf einen modernen Klassiker: ein Old Cuban mit Birnenbrand und Jägermeister? Was manchem Puristen die Zornesröte ins Gesicht treibt, entpuppt sich jedoch als kleiner Geniestreich aus dem beschaulichen Münster. Und was hat das alles mit Jesus zu tun? 

 

Es wird immer heißer und heißer in Deutschland. Neben mehr Freibädern gibt es nur eine weitere sinnvollere Form der Erfrischung: Tropische Cocktails. Die altbekannten Drinks aus der Tiki-Kultur haben sich allerdings über die Jahre ein wenig abgenutzt und so muss etwas Neues her.

Ob dies nun wirklich der Hintergedanke war, der die Arbeitsgruppe des Hubertus Rats dazu bewog einen Tiki-Workshop abzuhalten, ist reine Spekulation. Das Ergebnis dieses Workshops allerdings ist sehr trinkbar, ganz ohne jegliche Spekulation. Der Hubertus Rat ist ein loser Zusammenschluss von Bartendern unter der Feder von Jägermeister. Björn Bochinski ist einer dieser Bartender und hat in jenem Workshop den Williams Christ Superstar entwickelt.

Cocktailkultur in studentischer Umgebung

Der in Münster lebende Bochinski arbeitet in Münster im Lux, einem Grillrestaurant mit angeschlossener Bar. Das Restaurant befindet sich im Landesmuseum für Kunst und Kultur und ist dem Barmann eine Herzensangelegenheit. Eigentlich arbeitet er mittlerweile hauptsächlich als Programmierer, mag aber auf die gelegentlichen Einsätze hinter der Bar nicht verzichten. Maßgeblich am Barkonzept des Lux beteiligt ist er — vollkommen zu Recht — sehr stolz darauf, dass auf der neuen Terrasse mittlerweile erfrischende Mint Juleps oder fassgereifte Negronis serviert werden und die Bewohner und Besucher der Studentenstadt begeistern.

Zum Williams Christ Superstar hat er sich durch einen seiner Lieblingsdrinks, den Old Cuban von Audrey Saunders, inspirieren lassen. Seine Interpretation ist eine fruchtige „Made in GSA“-Variante des Klassikers. Rum wird durch einen Obstbrand ersetzt und anstelle eines Bitters mit ein wenig Kräuterlikör verfeinert. Anstatt des Champagners wiederum bedient man sich eines deutschen Schaumweins, einem Rieslingsekt.

Bochinski erklärt seinen Ansatz: „Die Fruchtigkeit von Williamsbirnenbränden gefiel mir in Sours schon immer ausgesprochen gut, mir fehlte nur meist die nötige Tiefe im Drink. Daher die Idee, dem Riesling und dem Obstbrand durch ein wenig Jägermeister mehr Komplexität zu verleihen. Die Kombination aller Zutaten harmonierte ausgesprochen gut miteinander und nach hinten hinaus hat die Zugabe des Kräuterlikörs enorm geholfen.“

Das Musical und der Drink

Ob nun der Old Cuban wirklich in die Gemeinde der Tiki-Drinks eingeordnet gehört, darf gern bestritten werden. Ebenso wie die Annahme, mit einem deutschen Kräuterlikör karibisch inspirierte Drinks mixen zu können. Nicht zu bestreiten ist allerdings, dass der vorliegende Drink geschmacklich auf ganzer Linie überzeugt. Wäre nur noch die Geschichte zum Namen zu erzählen: Williams Christ erklärt sich von selbst wenn, man die Hauptzutat betrachtet. Superstar? Wie Bochinski zu berichten weiß, fand in den 1970er Jahren die Uraufführung des Musicals Jesus Christ Superstar in einer kleinen Stadt in Westfalen statt: in Münster. Hier schließt sich also der Kreis.

Und so ist es nicht der Klimawandel, der Tiki in deutsche Bars bringt, sondern die Kreativität der Bartender hierzulande, die die Karibik und Obstbrände näher zusammenbringt.

Credits

Foto: Birne & Kreuz& Hirschopf via Shutterstock. Potsproduktion: Tim Klöcker.

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