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Die Reine Wahrheit? 500 Jahre Reinheitsgebot

Heute ist der Tag des Bieres. Doch nicht irgendeiner, sondern der 500. Denn das „Reinheitsgebot“ feiert Geburtstag. Inbegriff deutscher Bierqualität oder veraltete Verbrauchertäuschung? Das Jahr 2016 steht in Deutschland so sehr wie nie zuvor im Zeichen des Bieres, denn mit dem runden Wiegenfest geht ein inszenierter Jubel einher. Doch auch im angeblich reinen deutschen Gerstensaft ist lange nicht alles Gold, was glänzt. Peter Eichhorn mit einem Plädoyer für neue Offenheit und mehr Natürlichkeit im deutschen Bier.

Stellt die Flaschen kalt, zieht die Girlanden auf und bügelt die Sonntags-Garderobe: Wir feiern das Jahr 1516. Heinrich der VIII., damals noch mit seiner ersten Frau Katharina von Aragon verheiratet, gründete den britischen Postdienst. Thomas Morus veröffentlichte mit „Utopia“ seine Vision einer idealen Gesellschaft. Und Götz von Berlichingen pfefferte in Krautheim dem verhassten erzbischöflichem Amtmann aus Mainz, Marx Stumpf von Schweinberg, den „Schwäbischen Gruß“ entgegen, er möge ihn doch am verlängerten Rückgrat konsultieren.

Aber das bis zum heutigen Tage aktuellste Geschehnis jenes Jahres 1516 war die berühmte Verordnung vom 23. April, welche die bayerischen Herzöge Wilhelm IV. und Ludwig X. in Ingolstadt verkündeten und die bis heute als Geburtsstunde des Reinheitsgebots herhält: „Ganz besonders wollen wir, dass forthin allenthalben in unseren Städten, Märkten und auf dem Lande zu keinem Bier mehr Stücke als allein Gersten, Hopfen und Wasser verwendet und gebraucht werden sollen.“

Für alle gilt: Der 23. April 2016 steht dick unterstrichen und rot umrandet im Kalender jedes Bierenthusiasten, ob Brauer und Trinker. Den 500. Jahrestag der herzöglichen Verkündung von 1516 gilt es zu zelebrieren, die gerne als älteste geltende Lebensmittelverordnung der Welt hervorgehoben und als Inbegriff und Grundlage deutschen Brauhandwerks betont wird.

Wächter des Reinheitsgebots

Die Brauer, die mit echtem Handwerk und erlesenen Zutaten geschmackvolle Bierspezialitäten fertigen, dürfen zu Recht mit Stolz auf ihre Tradition und ihr Handwerk blicken. So wie Maximilian Sailer, Bräu und Braumeister im Hofbräuhaus Traunstein, 1612 vom Kurfürsten Maximilian I. gegründet. Sailer erklärt: „Es macht mich und unsere Brauermannschaft stolz, dass wir seit über 400 Jahren streng nach dem Bayerischen Reinheitsgebot brauen. Und es macht uns auch stolz, dass nach wie vor die Rohstoffe, das Handwerk, die Zeit und die Leidenschaft zu unserem Bier entscheidend für den Geschmack sind.“ Diese Haltung teilen zahlreiche bayerische Brauer und zeigen dies in einer Wanderausstellung mit dem etwas martialischen Namen „Die Wächter des Reinheitsgebotes“ (initiiert vom Traunsteiner Senior Bernhard Sailer), in der 100 Brauwerker ihr Bekenntnis zum Reinheitsgebot auf Fotos zum Ausdruck bringen.

„Der ‚Boom‘ nicht-gebotskonformer Biere wird bislang mehr herbeigeschrieben als tatsächlich herbeigetrunken.“ – Friedrich Düll

Was ist es eigentlich genau, was dort mit Krügen, Trachten und finsteren Minen bewacht werden muss? Gibt es einen Feind? Friedrich Düll, Inhaber der gleichnamigen Privatbrauerei im unterfränkischen Krautheim bei Volkach und Präsident des Bayerischen Brauerbundes e.V. sieht dunkle Wolken am Horizont: „Unser Bekenntnis zum Reinheitsgebot ist das Fundament, auf dem die Erfolgsgeschichte des bayerischen Bieres fußt. Das gekonnte Spiel mit Hopfen, mit verschiedenen Malzen und den zahlreichen verfügbaren Hefestämmen lässt einen noch lange nicht ausgereizten Variantenreichtum reinheitsgebotskonformer Biere zu. Gesetzgebung und Vollzug vor Ort müssen aber auch eine Antwort geben auf das Angebot ausländischer und mehr und mehr auch außerbayerischer deutscher Brauereien insbesondere der ‚Craft-Szene‘, die Nicht-Reinheitsgebots-Biere unter Verwendung anderer, natürlicher Zutaten herstellen und die mit diesen Produkten auch im bayerischen Markt Fuß zu fassen versuchen – auch wenn der ‚Boom‘ dieser Biere bislang mehr herbeigeschrieben als tatsächlich herbeigetrunken wird.“ Klare Worte.

Wahrscheinlich kommt kein Camba Bavaria Milk Stout in die Krüge der Festveranstaltungen, schon eher ein Köstritzer Witbier. In einem einstimmigen Beschluss vom September 2014 besteht der Beirat des Bayerischen Brauerbundes auf der Unzulässigkeit von „Besonderen Bieren“ und giftet dabei nach Thüringen, wo für die Köstritzer Brauerei gerade ein Witbier genehmigt worden war. Erst 2015 wurde die Camba Bavaria Brauerei im oberbayerischen Truchtlaching dazu gezwungen, ihre Bestände an Milk Stout komplett zu vernichten. Milk Stout ist ein traditioneller Bierstil, bei dem Milchzucker im Brauvorgang zum Einsatz kommt. Ein Sakrileg – zumindest wenn es nach den strengen Hütern des bayerischen Reinheitsgebotes geht.

Mythos Reinheitsgebot?

Für moderne Craft-Brauer wirkt das Reinheitsgebot in seiner aktuellen Form und Auslegung eher wie ein Korsett, beinahe ein Gefängnis mit entsprechenden Wächtern. Wie bemerkte doch der Aphoristiker Bernhard Braun trefflich: „Wer im Gefängnis geboren ist, vermisst die Freiheit nicht, da er sie ja nie kennengelernt hat.“

Einer der renommiertesten Kreativbrauer Deutschlands ist Sebastian Sauer mit seinen historischen und innovativen Bieren der Marken Freigeist Bierkultur und The Monarchy. Seine Haltung zu der Verordnung ist deutlich: „Der Mythos Reinheitsgebot ist ein von vielen Seiten idealisierter Anachronismus, dem enorm viel Heuchelei und Unwahrheit innewohnt. Er ist einer der Hauptgründe weswegen die ehemals komplexe Bierlandschaft Deutschlands heutzutage so schmal ist, das Wissen um Bierstile bei der Bevölkerung so gering ist und deren chauvinistische Haltung gegenüber ausländischen Bieren so groß ist. Das größte Problem für mich ist aber die kreative Beschränkung, die uns mehr und mehr im internationalen Vergleich zurückfallen lässt. Es ist eben nicht so, dass die ganze Welt uns wegen des Reinheitsgebots beneidet. Wer das glaubt, sollte mal andere Länder besuchen und mit kundigen Menschen reden. Es ist für mich daher unumgänglich, die deutschen Brauer zu befreien und ihnen die gleichen Rechte zu geben wie allen anderen Brauern und Lebensmittelhandwerkern auf der Welt. Wir benötigen keine künstliche Restriktion!“

Ein Mythos? Ein vages Gefühl? Eine ideale Qualitätssicherung? Eine Verbrauchertäuschung? Was steckt hinter dem Reinheitsgebot? Ein Blick auf die Anfänge scheint angebracht.

Malz, Hopfen, Wasser und später auch Hefe und mehr

Der Mensch des Mittelalters trank eifrig sein Bier. Und das zu jeder Tages- und Nachtzeit, da es sauberer als Wasser war und somit weniger Risiko für Erkrankungen bot. Hier trägt Bier den Begriff „Grundnahrungsmittel“ mit absoluter Berechtigung. Marktprotektion und Qualitätssicherung spielen demnach bereits damals eine gewichtige Rolle, und daher gab es reichlich Biergesetze, um Zutaten, Qualität, Preise und Steuern zu regeln. Sie sind ab 1156 überliefert, als das Augsburger Stadtrecht vorsah: „Wenn ein Bierschenker schlechtes Bier macht oder ungerechtes Maß gibt, soll er gestraft werden…”. In Nürnberg ordnet der Stadtrat 1393 an, ausschließlich Gerste zum Brauen zu verwenden. München befiehlt seit 1363 eine Bieraufsicht und 1447 schreibt diese den Brauern vor, nur Gersten, Hopfen und Wasser zu verwenden „(…) und sonst nichts darein oder darunter tun oder man straffe es fuer valsch”. Wenig gesundheitsförderliche Zutaten wie Tollkirschen, Bilsenkraut, Baumrinde oder Rinderdarm sollten gebannt werden. Der Befehl, mit Gerste zu brauen, sollte dafür sorgen, dass der wertvolle Weizen und Roggen dem Brotbacken vorbehalten werden sollte.

Die Verordnung von 1516 ragt heraus, weil sie erstmals ein größeres Gebiet reglementierte, nämlich ganz Bayern. Bereist drei Jahrzehnte später gestatteten weitere Gesetze dann aber wieder die Verwendung von Lorbeer oder Koriander, seit 1616 darf mit Kümmel, Salz und Wacholder gebraut werden. Der Begriff „Reinheitsgebot“ selbst ist erstmals am 4. März 1918 verbrieft, als der bayerische Landtagsabgeordnete Hans Rauch in einer Rede die Formulierung wählte: „Wir halten fest am Reinheitsgebote, weil wir der Tradition treu bleiben.“ Bayern machte die flächendeckende Übernahme der Zutatenreglementierung für Bier zur Bedingung des Beitritts zur Weimarer Republik, ähnlich, wie sie es bereits 1871 taten, als es um den Anschluss ans Kaiserreich ging. Unsere heutige offizielle Gesetzgebung ist eine Fortführung des kaiserlichen Brausteuergesetzes vom Juni 1906, aktuell richten sich Braubetriebe nach dem „Vorläufigen Biergesetz der Bundesrepublik Deutschland“ aus dem Jahr 1993.

„Was wir brauchen, ist ein ‚Natürlichkeitsgebot‘. Künstliche Hilfsmittel oder Extrakte sollten zur Bierherstellung nicht mehr erlaubt sein.” – Oliver Wesseloh

Auf der Grundlage dieser Gesetzgebung dürfen Brauer erstaunlich viele weitere Zusatzstoffe bei der Bierherstellung verwenden, und zwar reinheitsgebotskonform und auf Etiketten meist nicht deklarationspflichtig. Beispielsweise Röstmalzbier, einem Bierkonzentrat zum Einfärben von Bieren, außerdem diverse Zuckerzusätze. Viele der modernen Craft-Brauer stören sich an chemischen Zusatzstoffen während der Produktion. Oliver Wesseloh, Betreiber der Kreativbrauerei Kehrwieder in Hamburg und ehemaliger Bier-Sommelier-Weltmeister vertritt einen deutlichen Standpunkt: „Unter dem Deckmantel des sogenannten Reinheitsgebots sind Methoden, Extrakte und nicht deklarierungspflichtige künstliche Hilfsstoffe erlaubt, die ich meinem Bier niemals antun würde. Mit der ‚Reinheit‘, die dem Verbraucher fälschlicherweise vorgegaukelt wird, hat das nicht mehr viel zu tun. Was wir brauchen, ist ein ‚Natürlichkeitsgebot‘. Künstliche Hilfsmittel oder Extrakte sollten zur Bierherstellung nicht mehr erlaubt sein. Dafür aber alle natürlichen und für den menschlichen Genuss geeigneten Rohstoffe. Dann hätten wir ein echtes Reinheitsgebot, das den Verbraucher schützt und auf das wir zu Recht stolz sein können.“

Fritz Wülfing, Braumeister von Ale Mania, ergänzt: „Unbedenklich ist dabei eine Pasteurisierung oder Kurzerhitzung, die das Bier allerdings zu einer toten Konserve macht. Bedenklich, da nicht einmal deklarationspflichtig, ist die Stabilisierung durch Polyvinylpolypyrrolidon (PVPP), einem weißen Pülverchen aus der Chemiefabrik, das dem Bier beigemischt wird, um ihm unerwünschte Substanzen zu entziehen. Trotz einer Behandlung im Kieselgurfilter bleiben davon immer noch Reste im reinen Bier.“

Die Tradition gerät ins Wanken

Erst in den 1950er Jahren erscheint übrigens der Begriff „Reinheitsgebot“ auf Flaschenetiketten, um die Qualität und Tradition deutscher Braukunst marketingtechnisch zu betonen. Diese Tradition begründet noch heute das sehr hohe Niveau deutscher Biere und sorgt auch dafür, dass bestimmte Inhaltsstoffe, die nach der europaweit geltenden Brüsseler Verordnung 1129/2011 erlaubt sind, für deutsche Brauer weitestgehend tabu sind. Allen voran günstige Malzersatzstoffe wie Reis, Mais oder ungemälzte Getreide, aber auch Benzoesäure, Emulgatoren, Aspartam, Enzyme, Ascorbinsäure und weitere 30 E-Stoffe mehr. Dieses europäische Zusatzstoffrecht ist in Deutschland eingeschränkt. Deutsches Bier nach Reinheitsgebot darf das von der EU genehmigte besondere Siegel eines „Traditionellen Lebensmittels“ führen. Für den Export wiederum dürfen auch deutsche Brauereien Biere nach EU-Norm brauen und das Reinheitsgebot ignorieren.

Lange gelingt es der deutschen Brauindustrie, sich gegenüber ausländischen Bieren abzuschotten. Der Verkauf von Bieren, die nicht nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraut sind, ist untersagt. Bis zum „Bierurteil“ des Europäischen Gerichtshofs vom 12. März 1987. Die Richter entschieden, diesem als wettbewerbsrechtlich fragwürdig gewerteten Sonderweg Einhalt zu gebieten. Deutschland darf nicht länger den freien Handel innerhalb der Gemeinschaft behindern. Erstmals sind Witbier, Oyster Stouts, Faro oder belgisches Fruchtbier in deutschen Regalen zu finden.

Ende des 20. Jahrhunderts gestaltet sich der deutsche Biermarkt immer langweiliger. Brauereien konzentrieren sich oft auf ein zentrales Kernprodukt. Unternehmerische Zwänge lassen etliche Sorten verschwinden und viele mittelständische Brauereien verschwinden ganz. Die industriellen Massenbiere weisen meist nur ein sehr dünnes geschmackliches Profil auf. International hingegen, insbesondere in den USA, ist zur gleichen Zeit die Craft-Beer-Bewegung in vollem Gange.

Es werde Craft – Natürlichkeitsgebot!

Um 2010 erfolgt auch in Deutschland endlich ein Weckruf. Eine neue Generation von Kreativbrauern bricht verkrustete Strukturen auf und weht frischen Wind an die Zapfhähne. Sie begehren zunehmend gegen die Gesetzeslage auf und fordern weniger Zutatenbeschränkungen im Bierrecht, dafür mehr Natürlichkeit im Brauprozess. Warum nicht traditionelle Naturprodukte wie Orangenschalen, Pfeffer, Kaffee oder Koriander in historischen Bierstilen verbrauen?

Oliver Wesseloh fordert Veränderung: „Das sogenannte Reinheitsgebot ist nicht mehr als ein Marketing-Gag. Im vorläufigen Biergesetz von 1993 finden sich kuriose Zutatenregelungen. Allein die Unterscheidung für untergärige und obergärige Biere entbehrt jeder logischen Grundlage. Warum darf ich Zutaten in ein obergäriges Bier hinzugeben, die in einem untergärigen Bier nicht erlaubt sind? Das soll mir erst einmal jemand plausibel erklären.“

„Das Reinheitsgebot ist ein hohes und wertvolles Gut, aber Craft Beer hilft dem ganzen Biermarkt und allen Brauern. Der Blick geht endlich wieder auf mehr Vielfalt.“ – Holger Eichele

Innerhalb der aktuellen Rechtslage dürfen die Behörden der Bundesländer auf Antrag die Bezeichnung „Besonderes Bier“ vergeben. 1993 braute die Klosterbrauerei Neuzelle ein historisches Schwarzbier, dem Zucker beigefügt wird, namens „Schwarzer Abt“. Wächter des Reinheitsgebots wollten das verhindern. 2005 sprachen die Richter am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig das Urteil in letzter Instanz: Es handelt sich sehr wohl um ein Bier, ein besonderes Bier eben.

Seither entsprechen die Länderbehörden im Norden der Republik derartigen Anträgen imm er häufiger, selbst der Deutsche Brauerbund begrüßt diese Entwicklung und wirft einen zunehmend wohlwollenden Blick auf die Craft-Brauer und ihren frischen Schwung. Hauptgeschäftsführer Holger Eichele bekennt: „Das Reinheitsgebot ist ein hohes und wertvolles Gut, aber Craft Beer hilft dem ganzen Biermarkt und allen Brauern. Der Blick geht endlich wieder auf mehr Vielfalt.“

Reformen nach dem Jubiläum?

Selbst in Reihen des Bayerischen Brauerbundes regt sich Widerstand. Im Januar erklärte Jeff Maisel von der Weissbierbrauerei Maisel: „Wir halten das Reinheitsgebot für unbedingt schützenswert! Gleichzeitig möchten wir einen verbindlichen Rahmen für die Bierstile schaffen, zu deren Herstellung vom bayerischen Reinheitsgebot nicht zugelassene, natürliche Zutaten, wie Koriander und Orangenschalen, unerlässlich sind.“ Mit einer Arbeitsgruppe fordert er eine Weiterentwicklung des RHG zusammen mit einem „Natürlichkeitskodex“.

Das Reinheitsgebot, so die einhellige Meinung moderner Brauer, könnte ein hervorragendes Qualitätssiegel sein, wenn es weniger als Korsett instrumentalisiert würde. Der Verbraucher ist bei Fleisch, Käse oder Kaffee anspruchsvoll, mündig und bereit, für ein gutes Produkt einen angemessenen Preis zu entrichten. Nun darf diese Haltung auch gerne für Bier gelten.

Die Begriffe „Bier“ und „Reinheitsgebot“ müssen wieder stärker mit Geschmack, Wertigkeit und Vielfalt in Verbindung gebracht werden. Transparenz bei den Zutaten und der Herstellung, dazu ein Gesicht, eine Persönlichkeit, ein Brauer. Echtes Handwerk. Dann hat der Antrag, das RHG in die Liste des immateriellen Kulturguts aufzunehmen, beim nächsten Mal vielleicht auch eine Chance, von der UNESCO angenommen zu werden. Die lehnte das im Dezember 2014 mit folgender Begründung ab: „Hier stand die Lebensmittelvorschrift zu sehr im Vordergrund. Wir hatten auch den Eindruck, dass die Bierproduktion inzwischen sehr industriell geprägt ist. Der Mensch als Wissensträger der Brautradition scheint zunehmend eine nachrangige Rolle zu spielen.“ Generationsübergreifende Weitergabe von identitätsstiftender Tradition und zugleich deren kreative Weiterentwicklung sieht die UNESCO aber als Grundvoraussetzung vor. Die Nachbesserung der Bewerbung ist in vollem Gange.

Nun gibt es 2016 zunächst die Feierlichkeiten zum 500. Jubiläum, dazu eine Sonderbriefmarke. Danach endet womöglich der RHG-Sonderweg mit seiner rechtlichen Sonderstellung des „Traditionellen Lebensmittels“ und die EU schickt mit der britischen Post einen Schwäbischen Gruß nach Deutschland. Vielleicht ist 2017 dann ein gutes Jahr für deutsches Bier und eine einheimische und konstruktive Reform des Reinheitsgebotes, bevor erste Brauer sich durch alle europäischen Instanzen klagen und die EU das Reinheitsgebot in Gänze kippt – die größte Sorge vieler Brauer.

Der vorliegende Text erschien erstmals am 7. April 2016 in der Ausgabe 2/2016 des MIXOLOGY MAGAZIN.

Credits

Foto: Deutscher Brauer-Bund

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