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The good, the bad and the snugly: Western in Oslo

Die Finnen tanzen gern Tango, die Norweger lieben mexikanische Snacks. Also brachte Monica Berg im Himkok die beiden Welten zusammen: The good, the bad and the snugly. Mit einer Verbeugung an Sergio Leone serviert sie in Oslo ihr Mezcal-Aquavit-Duell.

Die Osloer Storgata 27 stellt eine Adresse dar, die in eine Bar-Wunderwelt führt. Denn hier wird selbst destilliert – und das im großen Maßstab. Vom Haus-Gin angefangen, experimentiert Monica Berg im Himkok mit Spirituosen, wie es dem Namen der Bar entspricht. „Heimgekocht“ stellt schließlich die euphemistische Bezeichnung dessen dar, was anderswo Moonshine heißt, es entspricht also dem deutschen „Selbstgebrannten“. Mit dem Franzosen Max Verrier als Unterstützung schenkt die bekannte Bartenderin die Abfüllungen mit dem markanten H und dem Schlangenkopf, der auch die Coaster ziert, aber nicht nur pur aus.

Flüssiger Italowestern

Die Cocktail-Kreationen beeindrucken dabei durch eine vermeintliche Einfachheit, hinter denen aber aromakräftige Eigenbau-Zutaten (wieder Himkok also) stehen. Ein Beispiel dafür ist der Sirup aus Rotem Paprika, der sich in Verbindung mit einem altbekannten mexikanischen Partner, dem Mezcal, gleich weit über den Pazifik aufmacht und eine tropische Richtung in den Cocktail bringt. Die Kreation Bergs mit dem langen Namen The good, the bad and the snugly zeigt aber auch einen über die Bar-Philosophie der Osloer Betreiber hinausweisenden Weg auf.

Denn der wichtigste Teil in der Rezeptur des flüssigen Italowesterns in Himkokoscope ist Aquavit. Eben jener skandinavische Player, der wahlweise als Gin- oder Whiskyersatz in klassischen Rezepten seinen Einsatz hat, meist aber mit seiner aromatischen Eigenart (egal ob Kümmel- oder Dill-lastig, man muss den Eigengeschmack mögen) scheitert. Eine vielfach praktizierte Variante, die sich etwa auch im Lidkoeb in Kopenhagen wiederfindet, stellt daher das Mischen von Aquavit mit anderen Spirituosen dar. Sie übernehmen die aromatische Führung, soften den Kümmel-Ton ab und erhalten durch die übrigen Botanicals etwas mehr Tiefgang.

Diesen Kniff wendet auch Monica Berg an und sorgt für eine doppelte Hommage an Norwegen – mit dem selbstgebrannten klaren Aquavit (in Norwegen, dem Land der sechs Monate Sherryfass-Reifung, eher selten), aber auch mit dem Titel. „Der Drink spielt auf die norwegische Tradition an, Freitag nachts Tacos zu essen“, erklärt sie die Inspiration für den Drink. Er sollte „die gleichen Aromen mitbringen, dieses Essen widerspiegeln“, so Berg, „daher verwendete ich norwegische und mexikanische Spirituosen“.

Behaglich statt hässlich

Das Ergebnis wirkt optisch harmlos in der Coupette, bekommt aber eine beinahe an Ananas erinnernde Frische, die man bei „blindem“ Verkosten auf geklärten Tomatensaft und Zucker zurückführt. Erst mit dem Hinweis auf den Paprikasirup merkt man, aus welcher Richtung die Inspiration stammt. Zumal der Aquavit, dessen Biochemie in einem Punkt auch der Zitrone ähnelt (es sind die Monoterpene, die beide verbinden), die Frische des Gemüses betont. Der Mezcal wiederum sorgt eher für die rauchige und scharfe Akzentuierung des Paprikas. Wer beim The good, the bad and the snugly der Gute und der Böse aus dem Schnaps-Regal ist, darf man sich aussuchen.

Die Abwandlung des legendären englischen Filmtitels von Sergio Leones „Il Buono, il brutto e il cattivo“ (1966) spielt allerdings auch auf die liebste Servierform des freitäglichen Texmex-Snacks an. Denn statt dem „Hässlichen“, den im Italowestern Eli Wallach verkörpert, regiert die Gemütlichkeit. Snugly steht für „behaglich“ oder „gemütlich“ und evoziert die Stimmungslage eines auf der Couch Liegenden, der weiß, dass er heute nichts mehr tun muss.

 

Credits

Foto: Foto via Tim Klöcker.

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