TOP

Osterspecial: Ei im Cocktail. Die ewige Debatte.

Rohes Ei im Cocktail ist keine Seltenheit. Es gibt Unmengen verschiedener Rezepte, die Eigelb oder Eiweiß beinhalten. Und noch häufiger sind diese elendigen Ei-Skeptiker. Mit angewiderten Gesichtern sitzen sie an den Theken und fragen verächtlich nach dem Risikofaktor des Drinks. Und der Bartender? Der erzählt hochtrabenden Mist.

Erst letzte Woche lief ein Livestream eines angesagten Cocktail-Wettbewerbs im Netz. Die zweiköpfige, hochdekorierte und international bekannte Jury entfacht eine kurze Debatte. Der Auslöser: Der werkelnde Bartender nutzt für seinen mit Eiweiß versetzen Drink einen Dry-Shake. Dry-Shake bedeutet einen Cocktail ohne Eis im Shaker zu bearbeiten, damit sich die Flüssigkeiten besser verbinden und unterm Strich eine schönere Schaumkrone entsteht. Da wirft das eine Jurymitglied ein, dass ein weiterer großer Bartender ihm gesagt habe, dass das Shaken im warmen Zustand die eventuell vorhandenen Bakterien verbreite. „Bullshit!“ winkt das zweite Jurymitglied ab. Leider gibt es keine weiteren Erörterungen oder Erklärungen. Eine Steilvorlage für ein MIXOLOGY ONLINE Osterei-Special.

Wer Eier in Drinks verarbeitet, sollte auch wissen, warum und wie er sie benutzt. Dass Eiweiß einem Drink eine andere Struktur verleiht, dürfte den meisten klar sein. Eine Schaumkrone und eine höhere Viskosität des Drinks sind hierbei die offensichtlichsten Veränderungen. Gesetzlich ist es kein Problem, rohe Eier zu verarbeiten. Die relevante Verordnung verweist lediglich darauf, dass Eier nach dem Öffnen baldigst auf 7° Celsius oder weniger gekühlt werden müssen und dann innerhalb von 24 Stunden zu verbrauchen sind. Schlicht und ergreifend deswegen, da sich Salmonellen unter 7° kaum vermehren. Ja, und genau diese bösen Mikroorganismen schreckten schon viele vom Konsum roher Eier ab. Eine nachvollziehbare Angst?

Ein Regelwerk

Wenn ein paar Grundregeln eingehalten werden, eine ziemlich überzogene Phobie. Die primäre Kontamination durch Salmonellen im geschlossenen Ei ist kaum mehr möglich, da Hühner seit Jahren erfolgreich geimpft werden. Salmonellen auf der Eischale sind dagegen keine Seltenheit. Eine trockene, im besten Falle kalte Lagerung des unbedingt unbeschädigten Produktes, ein vertrauensvoller Händler, eine gewissenhafte Desinfektion vor dem Gebrauch und immer ein Auge auf die Frische lassen die Wahrscheinlichkeit einer Infektion sehr gering werden. Die Herkunft des Eies kann mittels der ersten Zahl auf dem Stempel geprüft werden. Die Zahl “0” verweist auf Bio-Haltung der Hennen und eine “1” entspricht der Freilandhaltung-Norm. Die “2” steht für Bodenhaltung und ist damit grenzwertig. Und wer eine “3” findet, sollte mit seinem Vorgesetzten über Qualitätsbewusstsein debattieren. Denn Eier aus Käfighaltung entsprechen sicher nicht den Wünschen der Kunden.

In keiner verantwortungsvollen Bar sollten Eier mehr als 10 Tage auf die Verarbeitung warten und sicherheitshalber erst zur Nutzung geöffnet werden. Von einer Lagerung des getrennten Eigelbes ist zudem explizit abzuraten. Im Drink kümmern sich Hochprozentiges und Zitronensaft um eventuelle Erreger. Beides für Salmonellen ernst zu nehmende Gegner. Wer Zeit hat, kann Ei, Alkohol und Zitronensaft ohne Beigabe anderer Zutaten kurz im Shaker beisammenstehen lassen. Das forciert das Massaker an den unerwünschten Mikroorganismen. Im Kunden erklärt dann die Magensäure jeglichen übrig gebliebenen Erregern den Krieg. Dort herrscht der PH Wert 1. Kleine Mengen an Salmonellen, mehr dürfte nach Einhaltung obiger Regeln nicht so weit gekommen sein, werden dies nicht überleben. Außer bei Risikopatienten, alten und stark immungeschwächten Menschen sowie kleinen Kindern dürften keine unerwünschten Effekte auftreten. Aber wann treiben diese sich schon in einer Bar rum?

Wer gegebene Richtlinien einhält, kann Dry-Shaken so viel er möchte. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit einer Infektion mit Sicherheit nicht. Wer alles verhunzt, den rettet auch kein nicht durchgeführter Dry-Shake. Nun gibt es aber auch Unterschiede beim eislosen Shaken. Hat man mehr davon, wenn man den Dry-Shake nach dem Shaken mit den Eiswürfeln macht? Oder ist der Dry-Shake immer als Erstes zu vollziehen? Kann man Eiweiß auch in einen Drink „unterheben“? Welche mechanischen Mittel zum Aufschäumen sind besonders etabliert? Darum kümmern wir uns nächste Woche.

Eine kleine Zusammenstellung an Ostereier-Cocktails haben schon die Kollegen vom Imbibe Magazin vorgenommen. Wohl bekomm’s zum frohen Fest: imbibemagazine.com

Comments (5)

Kommentieren