TOP

BIER, BARS & BRAUER #24

Auf in die letzte Runde Bier, Bars & Brauer im Jahr 2016! Heute im Gepäck: Pilsner Urquell wird japanisch und eine geschichtsschwangere Biermarke kehrt zurück nach München. Außerdem verdichten sich Gerüchte um eine Mikkeller Bar in Berlin, und in Hannover kämpft die Partei gegen das Alkoholverbot im öffentlichen Nahverkehr.

Das sich seinem Ende zuneigende Jahr 2016 wird ja vielerorts schon als eine der miesesten Entschuldigungen für eine Sonnenumrundung in diesem noch jungen Jahrtausend verschrien. Zumindest aus Biersicht kann man sich aber nicht beschweren. Der aktive Einstieg sowohl international erfolgreicher Craft-Brauereien in den deutschen Markt als auch das verstärkte Augenmerk der deutschen Mittelständler auf das Bierspezialitätensegment haben für eine rasch steigende Verfügbarkeit gesorgt und ziehen eine Professionalisierung der kleineren Brauereien nach sich. Dass dadurch der Wind ein wenig rauer weht, versteht sich von selbst.

Arigatō, AB-InBev! Japanischer Bierkonzern kauft Pilsner Urquell

Bereits im Mai hatten wir die Asahi Group als wahrscheinlichsten Käufer jener Osteuropa-Besitztümer angekündigt, die SAB Miller im Zuge der Fusion mit Weltmarktführer Anheuser Busch-InBev abtreten muss, um den Bestimmungen der Kartellrechtsbehörden Genüge zu tun. Dies wurde nun bestätigt. Laut dem Handelsblatt setzten sich die Japaner gegen Mitbewerber wie Jakobs Holding und China Resources dank ihres besseren Vertriebsnetzes durch. Durch den Deal übernimmt Asahi auch weitere starke Marken wie Tyskie, Lech, Dreher und Ursus. Grolsch und Peroni hatte man bereits im Frühjahr erworben. Dadurch wird Asahi quasi über Nacht zum Weltkonzern.

Die Anleger schien das allerdings nicht sonderlich zu freuen, fiel der Aktienkurs des Unternehmens doch um satte sechs Prozent. Grund ist die Besorgnis der Anleger darüber, wie Asahi die umgerechnet 7,3 Milliarden Euro finanzieren will. Mit den bereits getätigten Käufen beläuft sich die Investitionssumme auf fast 10 Milliarden Euro, der Abschluss der Übernahme wird für das Frühjahr 2017 erwartet. Nebenbei ächzt auch AB-InBev unter der Übernahme und musste im dritten Quartal deutliche Umsatzeinbußen hinnehmen, für die der Konzern neben den gestiegenen Finanzierungskosten auch ungünstige Währungskurse, z.B. einen starken Dollar, anführt.

Mathäser kehrt zurück

Als Kurt Eisner am 8. November 1918 den Freistaat Bayern ausrief, geschah dies, wie es sich für eine bayerische Revolution gehört, in einem Bierausschank. Der Mathäser in München ist ein Gebäudekomplex zwischen Hauptbahnhof und Stachus, der vor dem ersten Weltkrieg den zeitweise größten Bierausschank der Welt beherbergte. Aufgrund seiner zentralen Lage (und des bequem zugänglichen Gerstensaftes, sollte man meinen) diente er den Akteuren der Novemberrevolution als Hauptquartier.

Inzwischen steht an der Stelle des nach dem 2. Weltkrieg zerbombten Mathäsers ein Multiplex-Kino. Die Biermarke hingegen wanderte 2014 in den Besitz der SüdBier UG, unter deren Banner die Jungbrauer Gregor Schlederer, Justin Kögel und Maximilian Wagner die Mathäser-Marke nun wiederbeleben wollen. Ihr Erstling ist ein typisches, offen vergorenes Weißbier mit Weihenstephaner Hefe, welches bei Wildbräu in Grafing gebraut wird und seit Anfang Dezember im lokalen Getränkehandel für ca. 1,10 Euro für den halben Liter verfügbar ist. Zur Einführung gab’s eine Sonderedition mit Siebdruck statt Etikett.

Mikkeller Bar in Berlin?

Nachdem die mehrere Jahre andauernde Odyssee der BrewDog-Pubsuche inzwischen in der Ackerstraße ihr Ithaka und ihr Ende gefunden hat, ist die Berliner Bierszene bereit für den nächsten Craft Beerbar-Hype! Da hilft natürlich der kleine Cartoon-Kopf mit Hut, den es in der Torstraße 102, einen kurzen Spaziergang entfernt von BrewDog, neuerdings zu bewundern gibt. Fans ordnen jenen Kopf natürlich sofort dem wohl weltweit bekanntesten Kuckucksbrauer zu: Mikkel Borg Bjergsø, der unter der Marke Mikkeller überwiegend bei De Proef Brouwerij in Belgien seine Biere herstellt und in seiner Heimat Dänemark sowie in urbanen Zentren von Bangkok bis Barcelona Bierbars betreibt.

Nachdem Mikkeller bereits 2013 im Hotel Michelberger an der Warschauer Brücke die Berliner Bierwelt angetestet hatte, zeugt die Location an der Party- und Touristenmeile Torstraße nun davon, dass es ernst wird. Eine offizielle Ankündigung steht freilich noch aus, und vielleicht ist das auch besser so. Erstens heizt man so den Hype viel besser an, zweitens vermeidet man einen Eröffnungsmarathon wie bei BrewDog.

“Bier ist Menschenrecht” sagt die PARTEI – Aktion gegen Alkoholverbot in Hannover

Nach der bescheidenen Meinung des Autors hat der Begriff “Satirepolitiker” ja durchaus Chancen auf das Unwort des Jahres. Ein offenbar unter diesen Begriff fallender rief nun zur Aktion “Astra statt Üstra” (Hannoversche Verkehrsbetriebe) auf: Julian Klippert verteilte mit PARTEIgenossen am 18.12. ein paar Kästen Freibier in den Bahnen der Verkehrsbetriebe. Die berauschende Protestaktion richtete sich gegen das Alkoholverbot in den Verkehrsmitteln der Üstra, welche ab dem 1. Januar 2017 in Kraft tritt.

Auf allzu viel Rückhalt in der Bevölkerung dürfen Klippert und Kollegen allerdings nicht hoffen, hatte sich doch eine Mehrheit der Fahrgäste in einer Umfrage für das Verbot ausgesprochen. Dennoch gab es eine flammende Rede zu belauschen, in der Bier als Menschenrecht ausgelobt wurde. Die Nation hält nun bang den Atem an, ob der sich verschärfende Konflikt zwischen leicht berauschten Menschenrechtlern und jenen, die auf deren durch die Bahn kullernden, inhaltsbefreiten Behältern ausrutschen, auf ganz Deutschland übergreifen wird.

Credits

Foto: Foto via Shutterstock.

Kommentieren