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Die Brewers Association in den USA initiiert ein neues Craft Beer-Siegel

Die Debatte ist nicht neu und sie bleibt uns wohl auch noch eine Weile erhalten: Was ist eine Craft Beer-Brauerei? Wie definieren wir ein Craft Beer? Die Brewers Association (BA) in den USA bietet den Brauern ein neues Siegel an, mit dem sie ihr Bier als „Independent Craft“ ausweisen können.

Die Überlegungen, die zu dem neuen Craft Beer-Siegel führten, sind geprägt von den rapiden Umwälzungen innerhalb der Brauwirtschaft. Insbesondere das Aufkaufen von Craft Beer-Brauereien durch die Giganten der Brauindustrie, allen voran Anheuser-Busch InBev. Die vergangenen Monate waren mit reichlich Meldungen versehen, die eine Übernahme nach der anderen verkündeten. Es begann 2011 mit Goose Island. Dann folgten bekannte Craft Beer-Marken wie Blue Point, Elysian, Barrel Brewing, Golden Road, Devils Backbone und weitere. In Europa zählten Camden Brewery aus London und der italienische Craft-Pionier Birra del Borgo dazu.

AB InBev auf Shopping-Tour in der Craft Beer-Welt

Zuletzt schlugen die Wellen hoch, als AB InBev auch Wicked Weed Brewing übernahm und aus der gesamten Craft-Welt Stellungnahmen und Betroffenheits-Bekundungen eingingen. Dazu kamen Berichte, der Konzern kaufe und horte Hopfen, um den kleinen Konkurrenten den Zugriff darauf zu erschweren. Ein weiteres Raunen erfüllte die Bierwelt, als jüngst bekannt wurde, dass der Braugigant im vergangenen Herbst Anteile an der Bewertungsplattform RateBeer erworben hat.

Ach so, beinahe vergisst man zu erwähnen, dass sich AB InBev ja auch noch den zweitgrößten Brauerei-Konzern der Welt einverleibte, SAB Miller. Das Craft Beer-Segment bei AB InBev firmiert innerhalb des Unternehmens als „The High End“.

Die Davids und der Goliaths

Dass bei Craft Beer bei Kommunikation und Kaufverhalten stets auch Faktoren eine Rolle spielen, wie „das Bier von hier“, „die freundliche Nachbarschaftsbrauerei“ oder „kleiner Handwerksbetrieb ist sympathischer und unterstützenswerter als der große Industriegigant“, erlebt die Bierbranche im täglichen Betrieb auch in Deutschland. Das ‘Klein gegen Groß’-Thema kommt auch hierzulande immer wieder zum Tragen, nur dass wir meilenweit von den Größenordnungen und Produktionsmengen der USA entfernt sind und somit die Kriterien der BA nicht Eins-zu-eins übernehmen können.

Aber jeder, der eine Bierreise in die USA unternimmt, weiß, dass es wie ein Guckloch in die Zukunft ist, wenn man Trends, Entwicklungen und Erfolge von Craft Brauereien erlebt, nicht zuletzt die oftmals ausgereiften Biere, insbesondere IPAs oder fassgereiften Spezialitäten. Demnach lohnt es sich, auch hierzulande, wo Craft Beer gemessen an den Verkaufszahlen auf dem Markt noch ein kleines Nischendasein führt, Entwicklungen und Debatten zu verfolgen.

Das neue Craft Beer-Siegel ist geboren…

Im Juni erfuhr die Brauwelt von dem neuen Konzept der Brewers Association. Das neue Logo zeigt eine auf dem Kopf stehende Flasche und die Aufschrift: „Brewers Association Certified Independent Craft“. Das Siegel darf von Brauereien beantragt werden, die die Definition von Craft-Brauereien der Brewers Association erfüllen. Also das wären: 1.: Weniger als 6 Millionen Barrels Jahresproduktion (entspricht etwas mehr als 7 Millionen Hektolitern). 2.: Weniger als 25% des Unternehmens darf einem Teilhaber der Alkoholindustrie gehören (oder von diesem kontrolliert werden), der nicht selbst ein Craft Beer-Brauer ist. 3.: Der Brauvorgang ist geprägt von traditionellen und/oder innovativen Herstellungsweisen und Rohstoffen. Aromatisierte Malzgetränke werden nicht als Bier anerkannt.

Der Direktor der Brewers Association, Paul Gatza, betont: „Vielen Bier-Liebhabern liegt es sehr am Herzen, wer ihr Bier herstellt, und sie wollen sicherstellen, dass es von einer kleinen und unabhängigen Brauerei stammt. Das Logo kommuniziert die klare Botschaft als Antwort für den Biertrinker.“

..und „Big Beer“ findet es doof

Erste Reaktionen auf das Siegel, das kostenlos bereitgestellt wird, zeigten, wie intensiv die Debatte um Big Beer gegen Small Beer geführt wird und weiter geführt werden wird. Vielfach wurde die Maßnahme begrüßt, da sie der Grundhaltung und dem Kaufverhalten der Craft Beer-Trinker entspricht. Aber auch Kritik am Siegel wurde laut und bemängelte, es wäre nur ein weiteres Bild auf einer Flasche oder Dose, das wenig Aussagekraft über ein gutes oder schlechtes Bier hat, also was nütze es dem Verbraucher? Auch stieß die Gestaltung des Logos an sich auf Kritik. Die Frage, inwieweit ein solches Logo auch als internationale Initiative umgesetzt werden könne, blieb bislang unbeantwortet.

Auch aus dem „High End“-Segment von AB InBev meldeten sich einige Brauer zu Wort. Andy Ingram von Four Peaks Brewing meint: „Wir sollten uns auf Qualität besinnen, statt uns gegenseitig aufzureiben. Es ist ungesund, wenn die Aussage lautet: Trinke Müll, nur damit du nicht die Großen unterstützt.“ Walt Dickinson von Wicked Weed meint: „Die Wein- und Spirituosen-Konkurrenz blickt auf uns und lacht uns aus, weil wir Bierleute uns einen Bürgerkrieg liefern. Wir müssen gemeinsam diesen Markt entwickeln und wachsen lassen.“

Brewers Association: Transparenz für mündige Verbraucher

Siegel kennen wir viele. Wer kann die zahllosen Bio-Siegel noch auseinander halten? Welche machen Sinn, welche nicht? Welchen Nutzen bringt dem Verbraucher eine DLG-Medaille für ein Bier oder eine Prämierung bei einem Wettbewerb?

In Deutschland ist das Craft Beer-Pflänzchen noch sehr zart und klein. Und vor allem der Verbraucher muss es erst noch besser kennen lernen, um es einordnen und wertschätzen zu können. Daher ist zunächst auf den Etiketten mehr Transparenz gefordert, bevor das nächste Siegel draufgeklebt wird. Aufrechte Marken und ihre Brauer sollten dem Verbraucher mehr ehrliche Informationen bereitstellen. Was sind die genauen Rohstoffe? Wo lässt der Gypsy-Brewer sein Produkt herstellen? Wir wollen ja den echten Craft-Brauer unterscheiden können ­– einerseits von den Industriebieren, andererseits aber auch von den anonymen Design-Bieren von Trittbrettfahrern einer potenziellen Wachstumsbranche.

Transparenz kann in einer Marktwirtschaft ein hervorragendes Instrument sein. Insbesondere gegen den Mitbewerber, der etwas verheimlichen möchte. Dann können die Brauer womöglich ihre Energie in gutes Bier investieren, bevor es in Siegel, Kriterien und Vereinsmeierei verpufft.

Aber klein-groß, Craft-Uncraft – die Debatten um Craft Beer werden uns sisyphosgleich begleiten. Aber wie meinte schon der Schriftsteller Albert Camus: „Der Kampf gegen Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen. Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.“

Credits

Foto: Foto via Pixabay.

Comments (1)

  • Michael Lutz

    Hier ist das letzte Wort, besonders in Deutschland, noch nicht gesprochen. Es wird wohl spannend, ob sich alle Craft Brauer wirklich unter einem einzigen Siegel vereinen lassen. Interessant ist hier wohl auch der neue Verein der dt. Kreativbrauer -> http://deutschekreativbrauer.de/

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