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Colegio del Brandy: Der Sieger-Drink am Unterschenkel

Florian Saxinger aus dem Herzog holte sich mit einer Tiki-Interpretation des Brandys den Sieg beim Cocktail-Wettbewerb von Carlos I in Puerto de Santa Maria. Selbst Charles Schumann konnte sich für den „Schirmchendrink“ erwärmen.

 

Am Anfang waren es 90 Einreichungen, doch die drei Workshops des „Carlos I Colegio del Brandy“ reduzierten die Flugpassagiere Richtung Spanien auf 21. Der im Vorjahr begonnenen Tradition folgend, endete der Empfang in der Bar El Buzo mit einem kurzen Bad. Denn erst Tags darauf wurde es ernst im Ferienort Puerto de Santa Maria im Sherry-Dreieck, wohin Osborne und Importeur Reidemeister & Ulrichs zum Wettbewerb geladen hatten.

Die 21 Teilnehmer, darunter vier Barwomen, erlebten während der zwei intensiven Tage nicht nur die Brandy-Bodega hautnah, sondern erhielten auch eine Führung durch die neue Toro-Galerie, die dem ikonischen schwarzen Stier des 1772 gegründeten Unternehmens gewidmet ist.

Originalflaschen von Salvador Dalí, eine Gibson-Gitarre aus Fassholz und die Werbesujets, die Helmut Newton oder Herb Ritts inszenierten, stellten nur einige der Exponate dar. Wichtiger war eine weiterer Neubau rund um die Sherry-Bodega La Mora, denn in der noch nicht einmal einen Monat geöffneten Tapas-Bar Toro mixten die Teilnehmer um den Titel des „Primero“ 2016.

Der Nachmittag des Rosmarins

In Dreier-Gruppen wurden die Drinks parallel der Jury mit Uwe Christiansen und Charles Schumann vorgestellt. Im Vergleich zum Vorjahr zeigte sich eine deutlich mutigere Palette der Cocktails. Klassische Paarungen mit Schokolade-, Kaffee- und Kirscharomen waren 2016 selten. Wobei auch die Klassik gefiel. „Weniger ist mehr“, zitierte etwa Dirk Willmer Jury-Mitglied Charles Schumann und verband in seinem „Spanish Cupper“ einfach Sherry und Brandy aus dem Hause Osborne. Kamillen-Bitter und ein Rim aus Salzmandeln und Honig ließ nach den ersten Schlucken der Kreation des Barchefs im Maritim Seehotel Timmendorfer Strand wie in einem Pawlowschen Reflex nach Iberico-Schinken rufen.

Ganz anders legte es ein weiterer Mann aus dem Norden, Thomas Edward Gutowksi (Lemon Lounge), an. Der Bremer kombinierte in seinem „Hanse Punsch“ u. a. Pflaumenbitter und Ahorn-Sirup zu einer tropischen Mischung von gefährlicher Süffigkeit. Ähnliche Leichtigkeit hatten schon die ersten Einreichungen mitgebracht. Julian Enzo Frank aus dem Frankfurter Chinaski brachte seinen Twist auf den Airmail auch ohne Champagner auf den Punkt. Cabernet Sauvignon und Kirsche sorgten für einen rotfruchtig-saftigen Sommerdrink auf Brandy-Basis. Wo wir schon bei den Jahreszeiten sind: Tobias Ge (Williams Bar & Kitchen, Düsseldorf) brachte im „Primavera“ mit Apfel und Minze die frühlingshafte Seite des Brandy zum Vorschein.

Gleich in einem Siebentel der Drinks spielte der Rosmarin eine Rolle: Simon Mehr (Ducktail’s, München), Sandy Holtfreter (Brenner Grill & Bar, München) und der schon im Vorjahr angetretene Carsten „das Lachen“ Möller (Capella Bar & Cigar Lounge, Düsseldorf) muddleten, karamellisierten und dekorierten die aromatischen Zweige. „Das ist zuviel“, stöhnte Schumann angesichts der grünen Aromenflut. Ihm, so ließ er durchblicken, ist der Rosmarin zu Schweinsbraten und seinen legendären Bratkartoffeln eindeutig lieber.

Feigen, Kirschen und natürlich Sherry

Doch Profis wie Christiansen und Schumann stehen über persönlichen Vorlieben. So holte sich Joshua Loose mit einem Cherry Heering- und Espresso-Drink Platz drei. Hendrik Backers (Lux, Münster) wiederum verpasste dem spanischen Weinbrand eine deutsche Ehepartnerin – Birnenbrand kam mit Feigensirup und PX Sherry für den „Rey de Jerez“ in den Shaker. Der aromatisch komplexe Drink schaffte es auf Platz zwei – „ein Punkt Unterschied gab den Ausschlag“, verriet der Hamburger Zeremonienmeister Uwe Christiansen.

Während im Vorjahr Markus Weller aus Leipzig zum „Primero“ gekürt wurde, ließ der Osten der Republik heuer aus. Dafür gab es im dritten Jahre erstmals eine österreichische Beteiligung – und die war gleich gewinnträchtig. Der „Jesterhead“, den Florian Saxinger servierte, sorgte anfangs für Verwirrung. Doch als gestandener Metal-Fan hatte „Flo“ das Logo seiner Lieblingsband „In Flames“ natürlich zum Vorzeigen parat – der Cocktailname ziert seinen Unterschenkel als farbiges Tattoo.

Ein Pfirsich, als Ananas verkleidet

Dass der Oberösterreicher in Diensten der Münchener Herzog-Bar statt Crushed Ice mit dem Shaved Ice der Toro Tapas-Bar Vorlieb nehmen musste, gab dem Drink noch einen spektakuläreren Touch. Die scharfzackigen kleinen Kühlbrocken, umspült von der gelblichen Wolke des Drink, ließen das Glas förmlich von innen strahlen. Die geplante Beleuchtung von unten, auf die Saxinger verzichtete, war nicht nötig.

„Der Österreicher kennt halt seine Weine“, lobte Schumann anerkennend, als Saxinger beim Swizzeln die raren Rebsorten (u. a. Goldburger) der Beerenauslese-Cuvée des Joiser Winzers Martin Pasler erläuterte. Selbst beim Verjus wies er auf die St. Laurent-Trauben aus dem Nachbarort hin. Dass die Winzer einmal ein Paar waren, verschwieg der Herzog-Bartender zwar, im Cocktailglas vertrugen sich ihre Produkte jedenfalls sichtlich.

Aromatischer Kern aber war der Weingarten-Pfirsich, der in Kombination mit dem Honigsirup eine fast tropenfruchtige Mischung ergab. Die als Ananas verkleidete Mischung aus den Weingärten kam jedenfalls an. „Dass wir einmal einen Drink mit Schirmchen vorne haben, ist eine Premiere“, lachte Uwe Christiansen bei der Bekanntgabe der Gewinner mit Rocio Osborne, der Markenbotschafterin der Brandy- und Sherry-Dynastie. Das Privat-Konzert im Irish Pub erlebte sie allerdings nicht mehr mit, auch die nächtliche Kreisverkehr-Besetzung und das „Durchmachen“ blieb den gelösten Teilnehmern vorbehalten. Und am Flughafen Sevilla sah so mancher aus wie die Fratze auf Saxingers Unterschenkel. Wahnsinn, wie weit Bartender-Solidarität gehen kann…

 

Offenlegung: Medienpartnerschaft

Credits

Foto: Carlos I / Miguel Ángel Páez

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