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Die MIXOLOGY-Verkostungsrunde Februar 2016

Don Ruffin Rum aus Deutschland, herausragende Zitrusweine von Tarongino und vor allem: kein neuer Gin! Daneben lotet die Verkostungsrunde aus, was mit den Evergreens Kakaolikör, Mexikaner und Apfelschnaps geht. Ein spannendes Ensemble zum Ende des Winters. 

Es gibt eine Neuheit: die erste MIXOLOGY-Verkostungsrunde ganz ohne Gin! Stattdessen stürzen wir uns heute neben Don Ruffin Rum und einem exquisiten Bierbrand auf einige potentielle Mixzutaten, die alle eine Gemeinsamkeit haben: Natürlichkeit ist Trumpf. Vorhang auf für eine aromatische Verkostungsrunde!

Nikl-Bräu Old Django Bierbrand

Mit der Craft Beer-Bewegung geht auch ein erhöhtes Aufkommen bzw. eine erhöhte Aufmerksamkeit auf Spirituosen mit Bierbasis einher, obschon dieses Segment an sich seinen traditionellen Platz besonders im deutschsprachigen Raum hat. Mit Nikl legt eine Brauerei einen eigenen Brand vor, die auch mit ihren Bieren bei zahlreichen Kennern einen guten Stand hat. Der Old Django basiert auf einem kräftigen Bockbier und wird nach der Destillation in Holzfässern gereift. Die Flasche hat eine klassisch-elegante, massive Form mit dickem Bodeneis und vermittelt einen wertigen Eindruck, das Etikett fügt sich in die zurückhaltende, geschmackvolle Formsprache der Nikl-Bier-Range ein.

In der Nase sind, man kann es nicht anders sagen, der Bock und das Holzfass mit erstaunlicher Kraft und Präzision präsent: Neben vanilligem Fassaroma bestimmen deutliche Töne von Schokolade und Minze den Duft, hier machen sich dunkle Malze und ein beherzter Einsatz von Hopfen am Grundprodukt bemerkbar – fast mag die Assoziation in Richtung After Eight gehen, was hier durchweg positiv gemeint ist. Dazu gesellt sich rasch eine voll-pikante Spur von Lebkuchen, vor allem durch etwas Zimt und Kardamom. Im Mund glänzt der Django durch beeindruckende Milde und ein schönes Volumen, vor allem trägt er die Aromen aus dem Nosing deutlich weiter auf den Gaumen, die Fassreifung transportiert ihn selbstbewusst in Richtung eines leichteren Speyside-Malt. Eine feine Säure bereichert den Brand und beschert ihm zusätzliche Schlankheit sowie ein angenehm cremiges Finish.

0,5 Liter

ca. € 36,-

brauerei-nikl.de

Don Ruffin Rum

Nordöstlich von Hamburg, genauer gesagt auf Gut Basthorst, brennt die “Feingeisterei”. Mit dem Don Ruffin bedient man die starke norddeutsche Rum-Tradition. Wobei man im Gegensatz zum klassischen Flensburger Stil, der in erster Linie durch kräftige jamaikanische Blends geprägt ist, auf Gut Basthorst für den Don Ruffin selbst destilliert. Beeindruckend ist die herrlich bauchig geformte Flasche samt Korkstopfen, Stoffversiegelung und edlem Labeldruck in stilisierter Wellenoptik.

Zunächst überrascht der Don Ruffin durch ausgeprägte Holztöne, die wahrlich nicht den derzeitigen Trends im Sipping-Rum-Segment entsprechen. Statt den vor allem durch die zentralamerikanischen Blends feilgebotenen Karamell- und Toffee-Noten geht der Rum mit starken Tönen von Leder, Stroh, Tabak und einer Spur Rauch fast ein wenig in die Richtung eines Rhum Agricole oder eines eleganten Armagnac. Danach beeindruckt der Triple-Wood-Rum durch seine trockene Schlankheit, auch hier ein Gegensatz zum süßeren Geschmack der großen Premium-Abfüller. Dabei entwickelt vor allem der dezente Zedernrauch ein feines Volumen, das sich harmonisch mit leichten Nuancen von Dörrobst und Waldhonig verbindet. Ein spannender Rum für den Purgenuss oder einen Old Fashioned, der preislich zwar nicht im unteren Segment angesiedelt ist, aber sich neben vielen etablierten Produkten auch nicht zu verstecken braucht.

0,7 liter

ca. € 59,90

rum-donruffin.de

Tarongino Zitrusweine

Fruchtwein ist nicht unbedingt die Kategorie, die an hohe Trinkkultur denken lässt. Zu negativ behaftet ist die Rubrik durch überzuckerte Billig-Abfüllungen, denen jegliche natürlichen Aromen abzugehen scheinen. Gleichzeitig suchen auch ambitionierte Bartender stets nach Produkten, die sich als alternative und neuartige Zuckerquelle in neuen Drink-Kreationen einbinden lassen. Neben einem kleinen Trend zum Einsatz typischer Süßweine mögen daher auch Fruchtweine als Möglichkeit gelten.

Die spanischen Tarongino-Produkte, man kann es gleich sagen, bespielen dieses Segment mit Bravour. Der Redaktion lagen zur Verkostung die drei Sorten auf Basis von Orange, Pomelo und Clementine vor (es existieren noch weitere Sorten). Die anfängliche Skepsis in Bezug auf die oben geäußerten Bedenken werden von den Produkten, allen voran dem Clementinenwein, selbstbewusst beiseite gekehrt. Alle Weine beeindrucken durch fantastisch-natürlich anmutende Fruchtnoten, eine fein eingebundene Säure und elegante Süße. Dabei scheint jeweils die Reinsortigkeit im Vordergrund zu stehen: Cremig-voll die Orange, herbfruchtig die Pomelo und überbordend frisch-orangig die Clementine. Besonders überraschend ist der kraftvolle Aromentransport trotz des extrem niedrigen Alkoholgehalts von jeweils nur 7% Vol. Neben einem Einsatz als purer Aperitif dürften sich die Tarongino-Weine nicht nur als Basis für leichte Soda-Drinks, sondern mit der Clementinen-Variante gar als interessante Alternative zum klassischen Triple Sec in Cocktails eignen. Eine absolute Probierempfehlung der Redaktion!

0,5 Liter

ca. € 15,-

tarongino.com

Pantero Chocolate

Kaffee- und Kakao-Aromen gepaart mit Tequila erfahren derzeit eine Belebung: Angeführt durch die Liköre großer Häuser wie Patrón oder Sierra, wird die Luft für die gewohnten Big Player in der Kategorie allmählich dünner. Wobei man dem Pantero aus Tequila und Kakaobohnen in Bezug auf das Erscheinungsbild einen gewissen Nachholbedarf attestieren muss: Die einfache Blockflasche mit dem simplen Schraubverschluss und dem einfarbigen Labeldruck vermittelt zusammen mit dem Slogan der „New Era of Clubbing“ einen leichten Eindruck von Dorfdiscothek.

Zum Glück kontert der Likör mit 20% Vol. diese Assoziation dort, wo es ankommt, nämlich beim Aroma. Der Pantero riecht nämlich zuallererst genauso, wie soll – voll-schokoladig, mit deutlichen Tendenzen in Richtung Praline. Ein feiner Anklang charakteristischer Zutaten der Confiserie, etwa Nougat, Vanille und Mandel, bereichert das Bukett. Allein: Der Tequila ist nicht wirklich präsent, was auf den Einsatz eines kostengünstigen Mixto schließen lässt. Dieser Einsatz setzt sich am Gaumen fort, denn bei aller Milde, Cremigkeit und zurückhaltender Süße fehlt ein wenig jener Komplexität, die höherwertige Entsprechungen auf dem Markt zu bieten haben. Das soll jedoch nichts daran ändern, dass der Pantero im mittleren Preissegment durchaus auch im Mixbereich eine Alternative zu den gewohnten Standardlikören bieten könnte.

0,7 Liter

ca. € 24,-

pantero.club

Watschn Apfel-Zimt-Likör 

„Fang Dir eine!“ kokettiert das Etikett auf der simplen, eher an Limonade oder Bier gemahnenden Halbliterflasche des „Watschn“ als Anspielung auf seinen Namen, und wir fragen uns, was wohl zuerst da war – der Name, der Witz oder doch die Wirkung des Produktes, die hier humoristisch übertragen werden soll. Hinzu kommt eine gewisse Furcht, denn mit den Themen Apfel und Zimt betritt man ein Terrain, das in Spirituosenform zumeist eher negative Gedanken hervorruft: Apfelkorn ist bis heute ein unangefochtener Dauerbrenner bei Schützenfesten, und mit „Fireball“ steht die Gattung Zimtlikör synonym für die US-Spring-Break-Exzesse der letzten Jahre. Zumal Zimt als Aroma in Cocktails nach wie vor beinahe ausschließlich in winterlichen Rezepturen gefragt zu sein scheint.

Glücklicherweise grenzt sich der Watschn von obigen Grässlichkeiten ab und überzeugt mit einem satten Aroma von Bratäpfeln und Marzipan, dem jegliche Synthetik abgeht. Das lenkt jedoch nicht von der starken Süße ab, die sich anfänglich im Mund verbreitet und erst im Abgang durch eine leicht holzige Apfelsäure gekontert wird. Generell dominiert der Zimt etwas zu sehr und überlagert die Frucht. Für den Purgenuss definitiv zu zuckrig, könnte der Watschn dennoch im Mixbereich für den einen oder anderen spannenden Twist auch jenseits vom Appletini sorgen. Auch hier ist Natürlichkeit Trumpf, der Preis angemessen.

0,5 Liter

ca. € 11,90

wgw.de

El Delincuente Mexikaner

Edel aufgemacht präsentiert sich der Delincuente in einer matten, schmal-zylindrischen Flasche samt Holzstopfen mit Logoprägung. Hut und Schnurrbart im Logo lassen auf den stilbewussten Herren von Welt als Zielgruppe schließen. Und in der Tat: Die Mini-Gattung Mexikaner entwickelt sich derzeit ihre eigene Nische. Lange Zeit als klarer Spaß-Shot für die Freude an der Mischung aus Ekel und Schärfe markiert, machen sich aktuell einige kleine Hersteller daran, den Stil durch bessere Rezepte zu erneuern, immer mehr Bars setzen zudem direkt auf eigene Haus-Zubereitungen. Zumindest von der Aufmachung ordnet sich der Delincuente hier eindeutig mit ein. Einzig die Etikettierung als „Tomatenspirituose“ mag ein wenig irreführend sein – ist es doch eher unwahrscheinlich, dass hier Tomaten gebrannt wurden.

Zunächst erfreut der Delincuente durch seinen deftig-naturbelassenen Duft von Tomate, Pfeffer, Lorbeer, kräftigem Sellerie und leichtem Paprika-Anklang. Zumindest aromatisch sucht man hier also eher die Nähe der charakteristischen Bloody-Mary-Würze. Danach überrascht und begeistert der Mexikaner in erster Linie durch eine deutliche, klar definierte Säurestruktur aus dem Tomatensaft, wohingegen man die sonst in der Kategorie so häufig anzutreffende Salz-und-Zucker-Keule glücklicherweise vergeblich sucht. Sehr naturbelassen im Geschmack, verbindet sich die Frucht im Abgang mit einem freudigen Hinweis auf Chili-Einsatz nach Herzenslust. Allein die Verkostungs-Dosis lässt einen stabilen Capsaicin-Eindruck bestehen, dessen Schärfe bei einer vollen Shot-Portion von 2-3 cl dem einen oder anderen eventuell etwas zu stark sein dürfte. Mit Blick auf die Gesamtkomposition des Delincuente jedoch vollkommen stimmig und harmonisch.

0,7 Liter

ca. € 17,90

wgw.de

Credits

Foto: Nils Wrage

Comments (3)

  • Moritz Wiest

    Website Update für El Delicuente Mexikaner und Watschn. Alle Infos unter wgw-spirits.de

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