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Der einzig wahre Glühwein. Ein Plädoyer gegen die Plörre.

Mir wird übel von Glühwein. Und zwar nicht erst nach dem fünften Becher sondern bereits vom Geruch. Darum meide ich auch Weihnachtsmärkte, die magische Anziehungskraft der dampfenden Plörrekessel am Wegesrand, die mit billigem Rotwein, Zucker und Lieblosigkeit gefüllt sind, erschließt sich mir nicht.

Neulich war ich dann doch mal auf einem Weihnachtsmarkt. In Straßburg. Die Liebste hatte mich dahin verschleppt und mich mit einem Besuch in der Traditions-Winstub „Chez Yvonne“ geködert. Zuvor gings auf Europas ältesten Weihnachtsmarkt und dort roch, sah, bestellte und trank ich meinen ersten weißen Glühwein. Eine Offenbarung, viel frischer und würziger als die bekannten Rotwein-Heizbomber. Der vin chaud blanc, der hier ausgeschenkt wird, ist eine Köstlichkeit! Ein einfacher, elsässischer Riesling, nur leicht gesüßt und mit duftender Muskatblüte und Zimt gewürzt.

Pimp my Glühwein

Zuhause habe ich mir dann erlaubt, die Angelegenheit noch etwas aufzupimpen und zwar mit frischem Ingwer, der eine feine, frische Schärfe mitbringt, dazu würziger Lorbeer, Anissterne, Nelke, Orangenschale und Vanille. Mit Zucker und Honig zu einem würzenden Sirup eingekocht, dann mit einem trockenen Riesling aufgefüllt und umsichtig erhitzt (nicht mehr kochen!). Das ist pur schon ein großes Vergnügen, mit etwas Apfelsaft verlängert ist dann noch Spielraum für ein elegantes Flavouring nach Wahl: Der Glühwein schmeckt sensationell mit einem Schuss Applejack Brandy oder Calvados, mit Orangenlikör, Rum oder einem wacholderstarken Gin.

Der weiße Glühwein mit Flavouring nach Wahl lässt sich leicht in großen Mengen herstellen, dürfte der Renner auf Weihnachtsmärkten sein, und ist dazu noch geeignet, das vorweihnachtliche Bar-Geschäft anzukurbeln: öffnen Sie Ihre Bar doch in der Vorweihnachtszeit mal ein paar Stunden früher und locken Sie frierende Laufkundschaft mit vin chaud zur Dämmerstunde. Das generiert bestenfalls sogar Neukunden – vor allem aber erlöst es die Welt von der Diktatur der Rotwein-Plörre zum Advent. Ich danke Ihnen jedenfalls schon mal recht herzlich und wünsche eine beschwingte Vorweihnachtszeit!

Weißer Glühwein mit Schuss

Für ca. 1 Liter

80 g Zucker

1 Fla­sche Ries­ling

4 El flüssiger Honig

1 Zimtstange

½ Vanilleschote

1 Lorbeerblatt

1 Sternanis

4 Nelken

1 breiter Streifen Bio-Orangenschale

3–4 Schei­ben von einer Ingwerknolle

300 ml klarer Apfelsaft

 

1. Den Zucker mit 100 ml Wein, Honig, Zimt, Vanil­le­schote, Lor­beer, Anis und Nelken, Orangenschale und Ingwerscheiben auf­set­zen, aufkochen und 5 Minu­ten siru­par­tig ein­ko­chen lassen.

2. Mit dem übrigen Wein und dem Apfelsaft auffüllen und langsam auf Trink­tem­pe­ra­tur erhitzen (nicht mehr kochen!).

3. Mindestens 10 Minuten ziehen lassen, dann mit „Schuss“ nach Wahl ausschenken.

Comments (7)

  • Thea

    Wohlsein, Herr Paul! Das hört sich richtig gut an und wird bald nachgemacht. Wie war’s bei “Chez Yvonne”? Ich war ewig nicht mehr dort, und seit Madame das Zepter aus der Hand gegeben hat, war auch die Lust nicht mehr da. Gibt’s einen Bericht? Wenn ja: Wo?

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  • Danke Thea,

    und ja, war ganz gut mein Pot au feu, ansonsten hemdärmelig wie eh und je, einen Bericht gibts nicht, da war der weiße Glühwein die größere Entdeckung:-)

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  • Pascal Dumont

    Sensationell gut, hab eine 0,75l Flasche Bötzinger Kabinett benutzt, was fast schon zu süß war. Ruhig mit 1l Wein rechnen (oder weniger Zucker nehmen). Sonst aber sehr sehr lecker.

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  • Sehr schön aromatisch! Aber deutlich zu süß (und ich mag süß). Ich werde Zucker- und Honigmenge beim nächsten Mal halbieren.

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  • anja

    und wo bleibt die macis der yvonne? menge würde mich da interessieren. hab auch schon weisser glühwein gemacht, ist aber schon lange her und hatte da noch kardamon dabei, ansonsten etwa die gleichen zutaten aber eben muskatblüte ist mir neu bzw. weiss gar nicht wie die schmeckt und wie man die verwendet. gruss anja

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