5 Alternativen zum Gin & Tonic
Sicher braucht man Ihnen nicht erklären, wer Ed Sheeran ist. Dieser kleine, leicht gnomenhafte oder gar pumuckeleske britische Songwriter mit dem schelmischen Lächeln, das so etwas besagt wie: „Ich habe mir gerade heimlich noch einen zweiten Keks genommen“. Ed Sheeran, diese 25-jährige Wunderwaffe der Musikindustrie, ist ein Phänomen: Obwohl er wie nur wenige fest im absoluten musikalischen Mainstream verankert ist, gelingt es seinem Management nach wie vor, ihn als edgy, cool und tonangebend zu verkaufen. Ob das an den tätowierten Armen liegt? Oder an den stolz zur Schau getragenen roten Haaren? Oder daran, dass er unverhohlen die Vokabeln „Sex“ und „Fuck“ in seine Lyrics integriert, obwohl er weder Gangsta Rapper noch Protestsänger ist? Plötzlich jedenfalls steht dieser Ed Sheeran dann auf der Bühne bei der Victoria’s Secret-Show. Oder im Werbespot für Dr. Dres (mittlerweile Apples) Beats-Kopfhörer. Ganz oben.
Ein bisschen lässt sich der Gin & Tonic dieser Tage mit Ed Sheeran vergleichen. Er ist aktuell mehr Victoria’s Secret, als es Champagner von sich behaupten kann. Und dennoch seit Jahrzehnten so was von Mainstream, dass es wehtun könnte. Trotzdem jagt derzeit eine neue Prestige-Abfüllung die nächste, zusammen mit Premium-Tonic liegt der Literpreis deutlich über dem einer guten Flasche Schaumwein. Und was würde ein Werbeträger arschcooler Kopfhörer zu Sneakers und weißer Bomberjacke wohl derzeit eher trinken als Gin & Tonic? Eben. Ganz oben. Aber irgendwie auch ein bisschen „over the top“.
Dabei ist ein Gin & Tonic, dieser göttliche Zweiteiler, etwas Wunderbares. Einzig die Monomanie, mit der die gefühlten hunderttausend deutschen Gin-Kenner über ihn sprechen und in immer neue Höhen vorstoßen („ … habt ihr von Monkey 47 auch den Distiller’s Cut oder nur den Billigen?“) stört ein wenig und lässt den wirklich geneigten Genießer, der mitunter auch nach einem gesunden Maß an Abgrenzung sucht, nach Alternativen Ausschau halten. Und davon gibt es reichlich. Schauen wir uns fünf davon genauer an.
1) Der Fruchtige Klassiker: Portwein & Tonic
Einen simplen Portwein & Tonic – auch Porto-Tonic oder schlicht Portonic – bekommt man im westlichsten Land Europas an jeder Ecke und besonders gerne an warmen Nachmittagen auf den Tisch gestellt. Genauer gesagt: Einen möglichst trockenen White Port mit viel Eis und in etwa der doppelten Menge Tonic Water im Weinglas.
Wer das erste Mal einen Porto-Tonic kostet, wird vor allem überrascht sein von der Dichte der Aromen, die sich trotz des niedrigen Alkoholgehalts des Ports (ca. 20% Vol.) im Glas einen Wettkampf um den besten Platz liefern. Je nach Sorte dominieren Töne von reifem Kernobst, Zitrus, Pfirsich, Mandel, Stachelbeere oder auch Blüten. Da letztlich auch trockener White Port im Gegensatz zu Gin ein wenig Zucker enthält, sollten Freunde der ganz trockenen Gangart darauf achten, eines der mittlerweile gut verfügbaren Light- oder Dry-Tonics zu verwenden, um den Drink zu balancieren (z.B. von Fentimans, Schweppes, Aqua Monaco oder Fever Tree).
In jedem Fall verbindet sich die feine Säure des Weins harmonisch mit der Bitteren aus dem Tonic und macht vor allem Lust auf folgendes: ein zweites Glas. Und das ist aufgrund der legeren Ladung an Alkohol auch ohne Weiteres möglich. Als Garnitur empfiehlt sich gerne ein Minzzweig oder eine Grapefruitzeste.
2) Trockener wird’s nicht: Gin & Soda
Ungelagerte Spirituosen mit Soda genießen oft einen zweifelhaften Ruf als Drinks für den ungenierten, auf sein Gewicht bedachten Süffel: Ein diskreter Drink mit ein klein wenig Geschmack, wenig Kalorien und letztlich trotzdem durchschlagender Wirkung. Das mag vielleicht für Vodka & Soda gelten, aber keinesfalls für das Äquivalent mit Gin.
Tatsächlich ist ein Gin & Soda an sich nichts anderes als ein „erwachsenerer“ G&T für Menschen, die keine Über- und Untermalung, sei sie süß oder bitter, zu ihrem Gin brauchen. Denn Aromen, die bringt ein guter Gin wahrlich auch von alleine in ausreichender Menge mit. Aufgefüllt mit Soda in gleichen Teilen oder im Verhältnis 1:2, ergibt sich das, was mit Tonic niemals möglich wäre, nämlich eine exakte Aufschlüsselung des Gins und seiner geschmacklichen Komponenten. Und nur des Gins. Verdünnung mit ein wenig Kohlensäure, die für die nötige Leichtigkeit und zusätzliche Freisetzung der Aromen sorgt. Mehr braucht es nicht, um einen erfrischenden, dabei dennoch intensiven Highball auf den Tresen zu zaubern. So manchem mögen beim ersten Versuch vielleicht noch die Süße und die übrigen Seitenaromen des Tonic Waters fehlen. Aber wenn man diese Gewohnheit erst einmal hinter sich gelassen hat, bringt der Gin & Soda mindestens ebenso viel Freude wie der chininhaltige Dauerbrenner.
3) Die andere Hälfte vom Martini: Trockener Wermut & Tonic
Im Prinzip ein enger Artverwandter des Portonic, allerdings mit einer anderen aromatischen Ausrichtung. Denn während der White Port zumeist vor allem Fruchtaromen in den Drink zaubert, geht der trockene Wermut bekanntlich eher in Richtung blumiger und herbaler Noten. Hinzu kommt aber ein anderer wichtiger Umstand: Der Wermut bringt zusätzlich zur Säure auch noch seine eigene Bittere mit. Ein Wermut & Tonic ist also zwar gleichzeitig wesentlich süffiger als ein Gin & Tonic, da der Alkoholgehalt weitaus niedriger ist, hat jedoch gerade im Bereich der Bitterkeit ordentlich was zu melden.
Hinzu kommt – eine weitere Parallele zum Portonic – ein unglaublicher Variantenreichtum. Denn die Auswahl an Botanicals, die den Weg in den Wein finden, dürfte sogar noch heutzutage die meisten Gin-Hersteller grün vor Neid werden lassen. Da liegt es nahe, dass kein Wermut & Tonic dem anderen komplett ähnelt, sondern dass man es stets wieder mit einem neuen Aromenbild zu tun bekommt – mal dominiert Melisse, mal Lavendel, dann wieder Verbena oder ganz klassisch eben Wermutkraut. Ein Drink wie ein Chamäleon. Aber immer herrlich!
4) Botanicals mal anders: Aquavit & Tonic
Warum erfährt Aquavit in diesen Tagen nicht dieselbe Aufmerksamkeit wie Gin? Denn, salopp betrachtet, haben wir es im Prinzip fast mit derselben Kategorie zu tun: Ein Destillat auf Getreidebasis, das mit Botanicals aromatisiert wird. Und seien wir mal ehrlich: Viele der neuen Gins schmecken so wenig nach Wacholder, dass man durchaus auch mal einen Aquavit in einer Blindverkostung platzieren könnte.
Aber Spaß beiseite. Freilich geht Aquavit mit seinen typischen Tönen von Dill, Kümmel, Anis oder Fenchel in eine etwas maskulinere, kantigere Richtung als Gin. Das liegt nicht nur allein an diesen tendenziell als deftiger wahrgenommenen Noten, sondern vor allem daran, dass die für Gin so wichtigen, Frische gebenden Zitrusaromen dem Aquavit mehr oder weniger vollkommen fehlen (allerdings hat guter Aquavit auch fast immer eine fruchtig-florale Seite). Gerade mit einem herben, nicht zu süßen Tonic Water lässt sich genau jene fehlende Frische mit den herzhaften, tiefen und mitunter sehr komplexen Aromen eines Aquavit vereinen. Die Wirkung ist grandios: Ein Aquavit & Tonic, möglicherweise noch mit einem Dash Bitters der Wahl verfeinert und mit Kräutern der Wahl garniert, bringt eine aromatische Bandbreite mit, die so tatsächlich kaum ein Gin liefern kann.
Gin & Juice
Zutaten
4 cl Gin
10-12 cl Traubensaft nach Wahl
2 cl Soda Water (nach Geschmack)
1 cl frischer Zitrussaft (Limette oder Zitrone)
5) Sei traubig: Gin & Juice
Snoop Dogg hat ihn besungen, Katy Perry auch. Die Rede ist vom Gin & Juice, der kalifornischen Antwort auf das Schlagwort „Daydrinking“. Denn wir ahnen: Jene hunderttausende Tonnen großteils ziemlich guter Weintrauben, die dort an der US-Pazifikküste wachsen, werden nicht ausschließlich zu Wein verarbeitet. Sondern auch zu schlichtem Traubensaft. Da freut sich der Gin.
Man muss aber gar nicht in die Ferne schweifen, um einen grandiosen Gin & Juice zuzubereiten. Schließlich hat auch der heimische Saft-Markt sich gewandelt und sogar in halbwegs guten Supermärkten erhält man mittlerweile häufig erstklassige, teils gar rebsortenreine Traubensäfte. Paart man so einen Direktsaft im richtigen Verhältnis mit einem guten Gin, hat der Inhalt des Glases nix, aber auch gar nix zu tun mit der süßlichen, vormittäglichen Alkoholikerschorle, die der Gin & Juice in Kalifornien angeblich gerne darstellt. Probieren Sie es bitte wirklich unbedingt mal aus: Ein knackiger London Dry Gin mit einem säurebetonten, naturbelassenen roten Traubensaft: Das passt, und zwar wie die Faust aufs Auge. Und Katy Perry zieht schonmal die Rollschuhe an.
Credits
Foto: @Caroline Adam
Bluto Blutarski
Bei der Gelegenheit möchte ich meinen Lieblingssommerdrink in Erinnerung bringen: Den Beton.
Becherovka und Tonic mit einem Hauch Zitrone… Ein Hammer!
Andre
Was für Longdrinkgläser benutzt Ihr? Bei mir passen bei genug Eis und 4-6cl Alkohol immer noch 10cl Filler ins Glas vielleicht auch 12. 20cl zu schreiben weil halt die meisten Filler in ebenso großen Fläschchen verkauft werden finde ich jetzt nicht unbedingt Zielführend.
Mixology
Lieber Andre,
danke für die Anmerkung, Du liegst damit völlig richtig. Da hatte sich beim Anlegen der Rezepte der abendliche Zahlenteufel eingeschlichen. Wir haben die Rezepturen, die wir genauso sehen wie Du, nun angepasst und aktualisiert.
Cheers & viele Grüße
// Nils