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Verkostungsrunde

Die Mixology-Verkostungsrunde Dezember 2018

Zur letzten Verkostungsrunde vor den Feiertagen haben wir uns den Weihnachts-Aquavit Aalborg Jule Akvavit gegönnt, sowie den Hamburger Neuzugang Ryekorn. Darüber hinaus probieren wir ein neues Familienmitglied des Likör- und Sirupgiganten Giffard und einen Wermut aus der Bodega Lustau.
Starten werden wir aber – wie in letzter Zeit nicht unüblich – mit einem Kaffeegetränk, in diesem Fall aus dem Hause Good Spirits. Und diese wünschen wir auch für die kommenden Feiertage und den bevorstehenden Jahresausklang. Wir hoffen, mit unserer Verkostungsrunde ein paar Anregungen gegeben zu haben, und freuen uns auf bestimmt zahlreiche Neuerscheinungen im nächsten Jahr. Und schon geht’s los:

Good Spirits Cold Brew

Cold Brew Coffee boomt – zumindest, wenn man die Zahl der fertig abgefüllten Marken betrachtet, die in jüngerer Vergangenheit auf den Markt gekommen sind. Mit Good Spirits bringt nun einer der bereits länger aktiven Akteure auf dem Cold-Brew-Parkett eine neue Qualität ins Spiel: Auf den Black Moon folgt nun der simpel als „Cold Brew“ gelabelte, kalt extrahierte Kaffee aus sortenreinem Ethiopia Natural. Das Packaging, insbesondere das grafische, in Pastell gehaltene Label, ist dabei über jeden Zweifel erhaben: irgendwie zeitgeistig, aber gleichsam zeitlos.
Ein beerig-fruchtiger Duft entströmt dem Glas mit dem Cold Brew von Good Spirits, dazu kommen ganz dezente Röstnoten sowie Spuren von Vanille und Kakaobohne. Auf der Zunge dann (auch für einen Cold Brew) sehr leicht, mild und schlank, aber mit einer gut strukturierten Säure. Insgesamt vermisst die Runde jedoch etwas mehr Intensität am Gaumen, woran auch ein feiner Anklang karamelliger Süße im Finish nur wenig ändern kann. Dennoch eine interessante Qualität für Bars, die Cold Brew als Mixzutat wünschen, aber keinen eigenen Kaffee ansetzen möchten. Im Verhältnis 1:1 mit klassischem Tonic übrigens werden die erwähnten Aromen des Good Spirits Cold Brew durchaus schön hervorgehoben.
Good Spirits Cold Brew
250 ml, 0% Vol.
€ 5,90 à 2 Flaschen im eigenen Webshop
goodspirits.co

Lustau Vermut Rosé

Die Bodega aus Jerez de la Frontera hat sich im letzten Jahrzehnt zu einem echten Bartender-Steckenpferd entwickelt. Besonders die süßeren Abfüllungen, wie PX Sherry oder Cream, sind Stammgäste in guten Bars und dort beliebte Mixzutaten. Bei Lustau pflegt man jedoch die ebenfalls vorhandene iberische Wermut-Tradition, die nun mit dem Lustau Vermut Rosé Zuwachs bekommt. Gefüllt in die klassische, taillierte Lustau-Flasche, erhält der Rosé durch die pinke Titelschrift einen gleichsam elegant-klassischen und knalligen Auftritt.
Drei Weine wandern in den Rosé: Fino Sherry, süß ausgebauter Moscatel sowie Tintilla de Rota. Von jenen dreien macht sich im Nosing eindeutig der Moscatel am deutlichsten bemerkbar – in Form klarer Töne von Weingummi, gelbem Kernobst, Litschi und Kirschblüte. Vermisst wird die trockene Eleganz des Fino. Leider geht dem Lustau Vermut Rosé im Mund die bei vielen derzeitigen neuen Wermuts so präsente, „weinige“ Note ab: Es dominieren konfierte Früchte und abermals Litschi, für einen Wermut mit allenfalls mäßiger Bittere. Für ein wenig Komplexität im Finish sorgen Nuancen von Kamille und getrockneten Kräutern. Generell aber ein sehr leichter und etwas dünner Wermut, der sich zumindest für klassische Shortdrinks nicht anbieten dürfte. In Deutschland wird der Wermut wie alle Lustau-Produkte exklusiv von Schlumberger vertrieben.
Lustau Vermut Rosé
750 ml, 15% Vol.
€ 19,90
lustau.es
schlumberger.de

Bigallet Bellambre

Brandneu ins Negroni-Game eingestiegen ist Bigallet, das Tochterunternehmen des französischen Likör- und Sirupgiganten Giffard. Mit dem Bigallet Bellambre hat das Haus nun einen Bitterlikör lanciert, der sich dezidiert als Mixzutat für klassische Bitter-Aperitifs wie Negroni, Americano und Spritz präsentiert und dort somit den italienischen Platzhirschen Paroli bieten möchte. Passend daher auch die Form- und Farbsprache des Markenauftritts in der schlanken, transparenten Flasche samt Etikett in gedecktem Crème und Bronze als Gegengewicht zum leuchtenden Orange-Rot des Likörs.
Auch wenn man es eigentlich vermeiden möchte, denkt man natürlich beim Verkosten die Benchmark – Campari – zumindest teilweise als Vergleichsgröße mit, gerade mit Blick auf die Mixability. Generell zeigt sich der Bigallet Bellambre aromatisch recht zart und dezent: Grapefruitzeste paart sich mit Enzian und Honig, dazu treten hintergründig eine Spur von geschnittenem Gras und leicht medizinale Kräuter. Die Bittere ist von mittlerer Stärke, wie der gesamte Likör mit einem sehr schlanken Körper über die Zunge rollt, bevor er am Gaumen leicht adstringiert. Die Frucht verschwindet großteils, dafür nun mehr Eukalyptus-Bonbon und wieder Enzian. Der Abgang ist leicht erdig. Insgesamt ein etwas kraftloser Bitterlikör, dem es für den Einsatz in typischen Aperitivi eventuell an der charakteristischen Durchsetzungsfähigkeit mangeln dürfte. Mit Soda allerdings sehr zu empfehlen!
Bigallet Bellambre
700 ml, 18% Vol.
€ 16,50
giffard.com/de

Ryekorn

Hinter der brandneuen Marke Ryekorn steckt Benjamin Krapp aus Hamburg, seines Zeichens leidenschaftlicher, langjähriger Korn-Liebhaber. Aus der Leidenschaft wurde irgendwann Enttäuschung ob der erhältlichen Qualitäten, daraus wiederum wurde die Suche nach einem wirklich erstklassigen Korn. Die Konsequenz für Krapp: selber machen, und zwar in Kooperation mit der „ältesten Spirituosenmanufaktur Hamburgs“ (welche genau, wird leider nicht verraten). Gefertigt wird von Hand aus 100% Roggen – also als Gegenpol zu dem in den meisten Industrie-Korns verarbeiteten Weizen –, woher der Ryekorn seinen Namen bezieht.
Zumindest in der Nase ist jener Roggen mit seinen sonst so charakteristischen Noten von dunklem Malz sowie oft auch Apfel und Birne aber nicht wirklich präsent, das Bouquet wirkt eher flüchtig, etwas blumig mit spärlicher Getreidewürze und alkoholischem Einschlag. Erst im Mund verbindet sich die cremige, „runde“ Konsistenz des Ryekorn mit einem merklichen Malzaroma, dessen hintergründige Süße gut integriert ist. Dazu kommen Anklänge von etwa Anis, weißem Pfeffer und Quitte. Abschließend ist die Runde der Meinung, dass dem Ryekorn womöglich eine Einstellung auf Doppelkornstärke gut tun würde. Die aktuellen 32% Vol. zumindest scheinen ihn – zumindest als Mixspirituose – mit nicht ausreichend Kraft auftreten zu lassen.
Ryekorn
500 ml, 32% Vol.
€ 27,90 (z.B. via oschaetzchen.com)
ryekorn.com

Aalborg Jule Akvavit 2018
Der Weihnachts-Aquavit aus dem dänischen Haus ist eine feste Tradition, jedes Jahr übernimmt zudem ein anderer Kreativer die Gestaltung der Flasche. 2018 – mittlerweile der 36. Jahrgang des Jule Akvavit – zeichnete die dänische Designerin Jette Frölich verantwortlich für die wuchtige, bauchig-elegante Flasche aus dunkelgrünem Glas, die mit stimmigem Pflanzendekor verziert ist. Darin schlummert der Aalborg Jule Akvavit mit kraftvollen 47% Vol. und einem erweiterten Botanical-Korb.
Dabei lässt sich das Nosing zunächst sehr klassisch an, und zwar mit selbstbewussten Noten aus Anis, Kümmel, Dillsaat und Koriander. Dazu treten nach einem Augenblick wärmere Nuancen von Süßholz, Kassiazimt und eine ganz klein Spur Nuss. Diese schöne Komplexität kann der Aalborg Jule Akvavit 2018 im Mund weiter ausbreiten. Mit voluminöser, öliger Sahnigkeit wechseln sich die erwähnten würzigen Aromen spannend ab, nun aber ergänzt durch feine Orangenzeste und einen Anklang frischer Melisse. Ein unheimlich raffinierter Aquavit, der mit einem warmen, langen Finish abklingt. Erhältlich wie alle Produkte der norwegischen Arcus-Gruppen über Eggers & Franke.
Aalborg Jule Akvavit 2018
700 ml, 47% Vol.
€ 26,-
egfra.de

Credits

Foto: Nils Wrage

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