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Alison Dedianko: auf die Barrikaden für Vodka!

„Viele behaupten, sie wollen keinen Vodka, mögen ihn aber doch“: Die New Yorkerin Ali Dedianko kämpft als Belvedere-Botschafterin gegen Vorurteile.  Mit MIXOLOGY ONLINE sprach die 31-Jährige über das böse Image, Gemüse-Drinks und Spritz-Varianten 

Alison Dedianko redet nicht lange drum herum: „Vodka ist kontrovers“, weiß die globale Markenbotschafterin der polnischen Edelmarke Belvedere. Bartender rümpften die Nase, denn Vodka sei für viele ein Massenprodukt, während man in der Szene „immer nach dem Besonderen und dem Unentdeckten sucht“. Die populäre Spirituose hätte es da schwer bei den Mixologen, „beim Publikum aber war sie nie weg“. Doch selbst die Anstrengungen in Richtung Qualität, wie sie etwa die Republik Polen mit ihrer dreiteiligen Vorschrift 2013 eingeführt hat, gingen leider etwas unter. Vodka muss zwingend aus Kartoffeln oder Brotgetreide gebrannt werden, alle Produktionsschritte in Polen erfolgen (inklusive der Flaschenproduktion) und es sind keine Zusätze erlaubt, zählt die 31-Jährige die Regeln auf.

KP-Geschichten aus NYC

Wir treffen „Ali“ Dedianko in Wien, an der D-Bar von Lukas Hochmuth im Ritz-Carlton (soeben vom Falstaff Spirits Guide zu Österreichs „Rookie Bartender of the year” gewählt) – natürlich bei einem Martini. Wie eine alte Kolchosen-Kommunardin erzählt die Amerikanerin von den zwei getrennten Produktionsschritten „ihres“ Vodkas, für den nach wie vor Destillate direkt von den Getreideproduzenten geliefert würden. Zwei der früheren Vertragsbetriebe hätten die Qualitätsnormen nicht erfüllt, aber zehn weitere seien für die Basisdestillate verantwortlich. „Im Kommunismus warst Du entweder landwirtschaftlicher Destillateur oder Rektifizierer“, plaudert Dedianko aus dem KP-Nähkästchen. Daher entstehe auch heute noch der finale Belvedere-Blend für die Rektifizierung in der Kolonnen-Brennerei aus den einzelnen Kornbränden der Bauern. Lediglich für die aromatisierten Varianten, hierzulande etwa mit natürlicher Zitrone oder Pink Grapefruit, wird am Ende eine Alambic-Blase wie im Cognac verwendet.

Doch genug der technischen Details, wie steht es um das Image des Endprodukts in der Bar-Welt? Das alte Argument „Vodka pays the Bill“ führt die gebürtige New Yorkerin gar nicht ins Treffen. Dafür meint sie: „es macht wenig Sinn, eine ganze Spirituosen-Kategorie zu verdammen“. Zumal es gar nicht einfach sei, „einen richtig guten Vodka-Cocktail zu mixen, in dem die Spirituose auch noch durchscheint“. Voraussetzung dafür sei allerdings eine nicht völlig neutrale Spirituose („Was für einen Sinn hat es denn, etwas gänzlich Geschmackloses zu trinken“?). Das Profil des polnischen Vodkas im Portfolio von Moët-Hennessy, von Dedianko als „cremig, mit Vanille und schwarzem Pfeffer“ beschrieben, sollte jedenfalls auch im Cocktail erhalten bleiben.

Weniger, leichter und besser

Zu den Trends ihrer Geburtsstadt wagt sich die ehemalige Madame Geneva-Bartenderin, die 2011 nach einem Wettbewerb Global Ambassador wurde, nicht äußern. Sie sei zwar vier Mal im Jahr in New York City, um Freunde zu besuchen oder Business-Termine abzuhalten, das wäre aber zu wenig für fundierte Aussage: „Dort ändert sich alles viel zu rasch“. Ihre aktuelle Heimat London hingegen zeige eine klare „Tendenz zu weniger alkoholischen Cocktails“, wie sie etwa Ryan Chetiyawardanas Dandelyan anbietet. Mitunter bliebe der Alkohol sogar ganz draußen. „In der Artesian Bar etwa erkennst Du auf der Barkarte nur noch an den Zutaten, ob ein Drink alkoholfrei ist“. Womit sich auch kein Gast ausgeschlossen fühle, wenn er einmal ohne Alkohol feiern will. Das sieht sieht sogar die Vodka-Botschafterin Dedianko als sympathischen Zug. „Zumal es ja auch uns nicht darum geht, jemanden permanent betrunken zu machen“.

Süße Zutaten und Energydrinks wären daher nicht unbedingt ihre Favoriten. Ein Vodka-Drink wie der „Piña Kale-ada“ mit Grünkohl (engl.: kale) entspricht da schon eher der „leichten“ Linie, die ab 2016 seitens Belvedere weltweit forciert wird: Alkoholarme Drinks und Spritzer mit den aromatisierten Varianten stellen dann einen Schwerpunkt dar, verriet Dedianko.

Serviert bitte Vodka wie Whisky!

Wie aber reiht sich in diese globale Perspektive die deutsche Szene ein? Alison Dedianko kennt zwar wenige Bars, von der Performance der deutschen Kollegen am Bar Convent Berlin – „eine der besten Bar-Shows, die ich weltweit kenne“ – zeigt sie sich aber begeistert: „Bei uns am Stand hatten alle immer ein sehr gutes technisches Niveau“. Doch die New Yorkerin kann auch ungehalten werden, wenn man ihr etwa bei Verkostungen gefrosteten Vodka vorsetzt. „Whisky oder Rum serviert jeder mit Raumtemperatur, das sollte auch bei Vodka so sein“. Gekühlt sei „schon okay, aber das heißt Kühlschrank – nicht Tiefkühler“.

Eine auch hierzulande zu beobachtende Tendenz bestätigt auch die Vielfliegerin in Sachen Bar: Sherry und Wermut kommen wieder vermehrt auf die Cocktail-Menüs, und nach wie vor sei auch die Verwendung von Craft Beer ein Thema in Londons Bars: „Im Underdog in Shoreditch etwa gibt es 12 Cocktails mit den diversen BrewDog-Bieren“.

Tropenfrucht statt Energydrinks

Spannende Inspirationen hat sie von ihren Reisen aber auch aus Südostasien mitgebracht. „In Vietnams Night Clubs steht etwa immer Kokosnuss-Wasser am Tisch“, eine Variante, die ebenso gut funktioniere wie Lycheesaft und Vodka. Diese Form der „Glocalisation“, also die Kombination globaler Spirits und lokaler Ingredienzien, schätzt Dedianko überaus. „Das kann ein Drink mit der Durian-Frucht sein oder auch mit Rooibos wie letztens in Südafrika“.

Überhaupt seien tropische Früchte ein guter Ersatz für Energydrinks: „in Indien hatten wir 50 Teilnehmer bei ‚Belvedere goes Mangos’“. Die entsprechend aromatisierte Variante – Mango Passion – vertreibt Louis Vuitton-Moët Hennessy derzeit allerdings nur in Brasilien und den USA. Mal sehen, ob die „Spritz“-Initiative 2016 hier neue „flavoured“ Varianten nach Europa bringt. Denn Vodka, da ist „Ali“ sicher, wird uns erhalten bleiben: „Das ist so uncool, dass es bei manchen Bartendern schon wieder cool ist“.

Credits

Foto: via Blevedere

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